Kommentar

"Tretet aus der Kirche aus. Tretet aus der Kirche aus. Tretet aus der Kirche aus."

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Die katholische Kirche sorgt momentan wieder für Schlagzeilen: So zum Beispiel Papst Franziskus, der mit irren Nazivergleichen um sich wirft und ein französischer Prügel-Pfarrer, der vor laufender Kamera ein Kleinkind ohrfeigt. Wie kann man da noch Kirchenmitglied sein?

Dass die katholische Kirche noch nie zu den fortschrittlichsten Institutionen dieser Welt gehört hat, ist kein Geheimnis. Doch hin und wieder kommt es vor, dass sie einen trotz dieses Wissens erneut in ungläubiges Staunen versetzt. Ja, manchmal kann selbst der hartgesottenste Kirchenkritiker nur mit verstörter Fassungslosigkeit auf die selbsternannte "moralische Instanz" blicken.

So wurde erst vor wenigen Tagen eine Welle der Empörung ausgelöst, als der französische Pfarrer Jacques Lacroix einem kleinen Kind eine Ohrfeige verpasste, weil es während der laufenden Tauf-Zeremonie nicht aufhörte zu weinen. Der sichtlich schockierte Vater des Kindes griff schließlich ein und entriss den kleinen Täufling aus den Händen des Geistlichen. 

In einem Interview mit dem Radiosender France Info versuchte Lacroix sich zu erklären. Angeblich habe er das Kind beruhigen wollen und wusste nicht, was er tun sollte. "Es war irgendwas zwischen einer Liebkosung und einem kleinen Klaps", so der Pfarrer, der sich im Nachhinein bei den Eltern entschuldigte. Die zuständige Diözese erklärte, dass es sich bei dem Schlag ins Gesicht um einen "Verlust der Beherrschung" gehandelt habe, die durch "Erschöpfung des betagten Priesters" bedingt gewesen sei. Die Handlung des mittlerweile suspendierten Pfarrers sei dadurch aber nicht zu entschuldigen.

Gewalt gehört zum System der katholischen Kirche

Dabei ist Gewalt gegen Kinder – wie man spätestens seit der Aufdeckung des Missbrauchsskandals weiß – keineswegs eine Ausnahme, sondern gehört zum System der katholischen Kirche. Selbst unter Franziskus hat sich daran nichts Grundsätzliches geändert. So erklärte der Papst vor etwa drei Jahren, dass er es in Ordnung findet, wenn Eltern ihre Kinder schlagen. Eine ernstzunehmende Distanzierung von dieser Gewaltverherrlichung gibt es bis heute nicht. Stattdessen verteidigte Pfarrer Thomas Rosica, ein Mitarbeiter der Pressestelle des Vatikan, die päpstliche Haltung zu Erziehungsfragen folgendermaßen: "Wer hat nicht schon einmal sein Kind gezüchtigt oder ist in seiner Kindheit von den Eltern gezüchtigt wurden?"

In der Welt des Katholizismus ist das kindliche Leben und dessen körperliche Unversehrtheit offenbar nur dann wirklich schützenswert, wenn es noch nicht geboren ist. Um dies zu verdeutlichen, zog Franziskus vor Kurzem einen drastischen Vergleich: Abtreibungen aus medizinischer Indikation, so der vermeintliche Modernisierer, seien identisch mit dem Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten. Was damals geschah, geschehe heute angeblich auch, bloß mit "weißen Handschuhen". Wer einen Schwangerschaftsabbruch vornimmt, beteiligt sich demnach also an einem Massenmord, wie er einst von Faschisten begangen wurde. 

Die Kirche ist kein Ort für anständige Menschen

Angesichts solch skandalösen Irrsinns in der katholischen Kirche fragt man sich zuweilen, wieso die ohnehin schon hohen Kirchenaustrittszahlen nicht noch höher sind. Denn nur die allerwenigsten (Schein-)Mitglieder dürften ähnlich reaktionäre Vorstellungen an den Tag legen, wie sie von der katholischen Kirche vorgelebt werden. Die meisten dagegen dürften der ewiggestrigen Ideologie zumindest skeptisch gegenüberstehen. 

Für all diese Personen wäre es endlich Zeit, die Tatsachen nicht zu verdrängen, sondern Konsequenzen zu ziehen und einer Institution den Rücken zu kehren, die kein Ort für Menschen ist, deren moralischer Kompass noch halbwegs funktionstüchtig ist. Kurz: Es wäre an der Zeit dem klugen Ratschlag von Kurt Tucholsky zu folgen: "Tretet aus der Kirche aus. Tretet aus der Kirche aus. Tretet aus der Kirche aus."