Bereits Ende 2018 spaltete sich die ukrainische orthodoxe Kirche von der russischen ab. Anfang 2019 wurde die ukrainische Kirche von Patriarch Bartholomäus I. in Istanbul anerkannt. Eine Entscheidung, die nicht nur die russische orthodoxe Kirche erzürnte, sondern sich sogar auf die Präsidentschaftswahl auswirkte.
Im Rahmen des orthodoxen Weihnachtsfestes am sechsten und siebten Januar dieses Jahres erkannte der griechisch-orthodoxe ökumenische Patriarch von Konstantinopel Bartholomäus I. die ukrainisch-orthodoxe Kirche als eigenständig an. Diese war aus zwei Kirchen entstanden, die sich bereits 1921 und 1991 vom orthodoxen Patriarchat abgespalten hatten. Mit bei der Festlichkeit war der nun abgewählte ukrainische Präsident Petro Poroschenko, der dieses Schisma in einer Rede mit dem zur Unabhängigkeit des Landes verglich.
Erzürnt zeigte sich im Gegensatz dazu der Moskauer Patriarch Kyrill I. Er sprach Patriarch Bartholomäus I. ab, über die Unabhängigkeit der der ukrainischen Kirche entscheiden zu können. Auch verbot er orthodoxen Christen den Besuch von Gottesdiensten der neuen Kirche unter derem Oberhaupt Epiphanius.
In der Ukraine fühlen sich nur wenige Menschen dem Islam, den römisch-katholischen oder den evangelischen Christen oder dem Judentum zugehörig. Die meisten Religiösen, etwa 70 Prozent, geben an, sich dem orthodoxen Christentum zugehörig zu fühlen. Ebenso wie die dazugehörigen Geistlichen, müssen sie sich nun entscheiden, zu welcher der orthodoxen Kirchen sie in Zukunft gehören möchten.
Dabei geht es auch nicht nur um Gläubige, sondern auch um Gotteshäuser und weitere Immobilien, die womöglich aus den Händen der russischen Kirche abwandern.
Für viele Menschen in der Ukraine ist die Loslösung der ukrainischen orthodoxen Kirche von der russischen orthodoxen Kirche ein weiterer Schritt zur Unabhängigkeit. Vor der Präsidentschaftswahl wurde dem Kandidaten Poroschenko seine Rolle bei der Kirchentrennung zugutegehalten. Auch wenn es ihm nicht die Mehrheit der Stimmen eingebracht hat, zeigt es auf, dass die Trennung der Kirchen keine Frage von Glaube oder administrativer Effektivität war.
Wie der Deutschlandfunk berichtete, verurteilten die Abgeordneten des russischen föderalen Parlaments die Autokephalie der ukrainischen orthodoxen Kirche. Sie sehen die Spaltung als Angriff auf Russland.
Seitdem hat die Ukraine mit Wolodymyr Selenskyj nicht nur einen neuen Präsidenten, dem die WählerInnen einen erfolgreichen Kampf gegen die Korruption und die Schaffung von mehr Wohlstand für alle zutrauen, sondern auch weitere Züge im Tauziehen zwischen Unabhängigkeit und Zugehörigkeit zu Russland erlebt.
Während Russland in der Ostukraine nach Informationen der Zeit den Einwohnern den Erhalt eines russischen Passes vereinfacht, tritt nach Auskunft des Spiegels ein Gesetz in Kraft, welches die ukrainische Sprache in öffentlichen Einrichtungen vorschreibt. Im privaten und religiösen Bereich gilt das Gesetz nicht, so dass die Gemeinden und ihre Geistlichen ihre Sprache selbst wählen können.
2 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Auch verbot er orthodoxen Christen den Besuch von Gottesdiensten der neuen Kirche" - was für ein peinliches Gezänk, das anmutet wie ein Streit um des Patriarchs Bart oder Hut. Eigtl.
A.S. am Permanenter Link
Ex-Präsident Poroschenko hat den manipulativen Einfluss der russisch-orthodoxen Kirche erkannt, ebenso ihre Rolle als Herrschaftsinstrument.
Uns sollte der Vorgang die Augen öffnen, worum es bei Religion wirklich geht: Um Herrschaft in dieser Welt.
Der ganze sprituelle und soziale Kram dient doch nur der Tarnung.