Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. unterstützt Wladimir Putins Aggressionskrieg gegen die Ukraine. Deshalb fordern nun ukrainische Priester einen Kirchenprozess gegen das Oberhaupt der Kirche, zu der auch sie gehören. Andere, nicht-russische orthodoxe Gemeinden trennen sich ebenfalls vom Moskauer Partriarchat.
Die rund 260 ukrainisch-orthodoxen Geistlichen unterstehen dem Patriarchen Kyrill I. Sie fordern, dass ein Konzil das Moskauer Kirchenoberhaupt absetzen und Russlands Krieg gegen die Ukraine verurteilen soll. Ihrer Ansicht nach habe Kyrill I. mit seiner Unterstützung für den Krieg ein "moralisches Verbrechen" begangen und eine "Doktrin der russischen Welt" gepredigt, "die nicht der orthodoxen Lehre entspricht".
Nach einer aktuellen Umfrage befürwortet eine Mehrheit von 51 Prozent der Ukrainer sogar ein Verbot der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats. 21 Prozent sprachen sich zwar nicht für ein Kirchenverbot, aber für die Streichung von Zuschüssen an die Kirche und die Kündigung von Mietverträgen für Gotteshäuser aus. Eine Minderheit von 20 Prozent lehnt hingegen jegliche staatliche Einmischung in die Angelegenheiten der Kirche ab.
Allerdings hat sich bereits vor einigen Jahren ein Teil der orthodoxen Kirche in der Ukraine von Moskau losgesagt. Im Jahr 2018 wurde eine eigenständige (autokephale) orthodoxe Kirche der Ukraine gegründet. In den Augen Kyrills (und Putins) legitimiert allein das schon ein militärisches Eingreifen Russlands in der Ukraine.
Laut einem Artikel des Bayerischen Rundfunks unterscheiden sich die beiden orthodoxen Kirchen in der Ukraine nur minimal. "Die jüngere der beiden, die Orthodoxe Kirche der Ukraine, sei sehr weltoffen", heißt es in dem Artikel, der sich dabei auf eine wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien beruft. "Sie habe 'sehr progressive Ansichten zum Umweltschutz, zum Umgang mit Menschenrechten'. Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche, die zum Moskauer Patriarchat gehört, sei in dieser Hinsicht eher konservativ, eher traditionalistisch."
Nach Angaben von Vatican News hat sich darüber hinaus die russisch-orthodoxe Gemeinde im norditalienischen Udine vom Moskauer Patriarchat getrennt. Sie "wolle sich nun dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel unterstellen." Damit schließt sich die Gemeinde einer Reihe anderer russisch-orthodoxer Auslandskirchen an (der hpd berichtete). Der orthodoxe Erzbischof von Finnland, Leo Makkonen, empört sich zum Beispiel darüber, dass die Führung der russisch-orthodoxen Kirche an der Seite der russischen Staatsführung stehe und den Krieg als legitimen und "heiligen Krieg" darstelle.
Auch unter katholischen Theologen gibt es Kritik an Kyrill. So hat unter anderem der Wiener Theologe Paul Zulehner darauf hingewiesen, dass es insbesondere bei den jungen Menschen zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust in die (russische) Kirche kommen werde. Er schreibt: "Tragisch ist, dass auch die Führung der Russisch-Orthodoxen Kirche den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg im Namen Gottes rechtfertigt, besonders grausame Einheiten mit Ikonen segnet und im Krieg eine Art Kreuzzug gegen den dekadenten Westen deutet, der sich nicht scheut, Homosexualität im Namen der Würde jedes Menschen anzuerkennen."
Das jedoch ist ein Vorwurf, den sich die katholische und die evangelische Kirche ebenfalls gefallen lassen müssen. Haben sie doch in ihrer Geschichte auch viel zu oft auf Seiten der Aggressoren gestanden und Kanonen gesegnet. Kyrill ist nicht der erste Kirchenfürst, der sinnloses und brutales Blutvergießen befürwortet, damit "sich die Menschen wieder strenger an die 'göttlichen Gesetze' halten".