Klage von Correctiv verdeutlicht Absurditäten des deutschen Staatskirchenrechts

Weder Fisch noch Fleisch

Was ist sie denn nun, die katholische Kirche in Deutschland – eine staatliche Behörde oder eine private Vereinigung (mit besonderem Rechtsstatus)? Diese Frage mag absurd erscheinen, sie ist es aber nur auf den ersten Blick. Denn wenn ein Verwaltungsgericht eine entsprechende Klage zur Klärung annimmt und entscheidet, muss es sich wohl um eine ernstzunehmende Frage handeln. Zugleich ist damit wieder ein Beispiel für die sogenannte "hinkende Trennung" von Staat und Kirche in Deutschland gegeben.

Die Correctiv-Journalistin Annika Joeres hatte das Erzbistum Köln verklagt, nachdem es sich geweigert hatte, über die Verwendung von Kirchensteuermitteln Auskunft zu geben. Joeres sah daraufhin die staatliche Auskunftspflicht und damit auch ihren presserechtlichen Auskunftsanspruch verletzt. Die Klägerin argumentierte, dass Kirchensteuern staatlich eingezogene Steuern seien, weshalb ihre Verwendung genauso transparent sein sollte wie staatliche Steuern. Das beklagte Erzbistum hingegen sah sich gegenüber Journalisten nicht auskunftspflichtig, da ein Bistum keine Behörde sei.

Das Gericht folgte in seinem Urteilsspruch von Anfang Juni der Argumentation des Erzbistums Köln und entschied, dass der presserechtliche Auskunftsanspruch nicht gegeben sei, da es sich bei der Kirche nicht um eine Behörde handle. Soweit nachvollziehbar. Der eigentliche Knackpunkt wird jedoch in der weiteren Urteilsbegründung deutlich, die aufzeigt, wie einzelnen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften Privilegien gewährt werden, die ihnen den Anschein staatlicher Autorität verleihen. Dadurch wird eine Parallelität suggeriert, die der Eingangsfrage ihre Legitimation verschafft. Denn während das Erheben der Kirchensteuer, so das Urteil weiter, eine hoheitliche Aufgabe sei, gehöre die Verwendung der Mittel jedoch in den kirchlichen Bereich. Dementsprechend sei auch die Anlage des Geldes eine innerkirchliche Angelegenheit und entsprechende Finanzentscheidungen fielen unter die verfassungsrechtlich gesicherte religiöse Selbstbestimmung.

Welche Probleme diese Gleichzeitigkeit von Staatsnähe und Autonomie nach sich zieht, zeigt sich auch darin, dass selbst das Verwaltungsgericht unsicher über die Belastbarkeit des eigenen Urteils blieb. Da man bei dieser Frage Neuland betreten habe, sei eine obergerichtliche Klärung wünschenswert. Das Gericht ließ daher auch die Revision gegen das Urteil zu. Die Journalistin Annika Joeres hat sich bereits entschieden in Berufung zu gehen.

In der Tat muss sich die katholische Kirche die Frage gefallen lassen, wie sie es rechtfertigt, sich das Beste aus beiden Welten herauszupicken ohne die entsprechende Verantwortung zu übernehmen. Erst staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen und sich auf diese Weise staatliche Autorität zu verschaffen und sich dann, nachdem die staatlichen Behörden ihren Zweck erfüllt haben, auf die Privilegien ihrer speziellen Rechtsform zurückzuziehen. Doch auch wenn hier die katholische Kirche verklagt wird, so richtet sich die Klage mittelbar auch an einen zweiten Adressaten, den Staat. Denn das skizzierte Problem ließe sich doch leicht durch eine Gesetzesänderung lösen: mit der Einstellung des Kirchensteuereinzugs durch staatliche Behörden.


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Erstveröffentlicht auf der Webseite des KORSO.