Heute früh verstarb der britische Astrophysiker Stephen Hawking im Alter von 76 Jahren in Cambridge. Der vermutlich bekannteste Wissenschaftler der Welt gehörte unbestritten zu den wenigen zeitgenössischen Genies, die unser Bild von der Welt veränderten.
Hawkings Buch "Eine kurze Geschichte der Zeit" habe ich mehrfach gelesen und ganz sicher nicht einmal zur Hälfte wirklich verstanden. Und doch half es mir, die Dinge anders zu sehen: Es ordnet uns Menschen ein in das unbegreifliche Universum. Das macht uns klein. Und es macht uns groß, weil wir immer mehr verstehen, wie unendlich wertvoll unser kurzes Leben ist.
"Versucht, den Dingen, die ihr seht, einen Sinn zu geben, und hinterfragt, aus was sich das Universum zusammensetzt. So schwer das Leben manchmal auch erscheinen mag, es gibt immer etwas zu tun und darin gut zu sein. Es ist wichtig, dass ihr einfach nie aufgebt. Denkt daran, in die Sterne zu sehen – und nicht auf eure Füße." Hawking zu Studenten während eines Vortrags an der University of Cambridge, 2016
Stephen Hawking gehört unumstritten zu den größten Wissenschaftlern der Welt. Die Fachwelt schätzte Hawking wegen seiner Theorien zum Ursprung des Kosmos und zu Schwarzen Löchern. Die Laien deshalb, weil es ihm gelang, die theoretisch schwierigsten physikalischen Probleme populärwissenschaftlich zu erklären.
"Ich möchte das Universum ganz und gar verstehen", soll er einmal gesagt haben. "Ich möchte wissen, warum es so ist, wie es ist, und warum es überhaupt existiert."
Der Astrophysiker litt an der unheilbaren Muskel- und Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) und war seit Jahrzehnten fast völlig bewegungsunfähig. Er saß im Rollstuhl und konnte sich nur noch mithilfe eines Computers mit seiner Umwelt verständigen. Doch in seinem Gehirn erforschte er das Universum. Insbesondere die Theorien über die Entstehung des Weltalls durch den Urknall und später dann die Theorien der Schwarzen Löcher hat die Menschheit diesem außergewöhnlichen Denker zu verdanken.
"Ich bin der Archetypus eines behinderten Genies", sagte Hawking in einem BBC-Interview. "Die Menschen sind fasziniert von dem Gegensatz zwischen meinen extrem eingeschränkten körperlichen Fähigkeiten und den gewaltigen Ausmaßen des Universums, mit dem ich mich beschäftige."
Hawking musste seit fünf Jahrzehnten mit der Tatsache leben, dass er bald sterben würde. Denn die Ärzte hatten ihm nach Bekanntwerden seiner Erkrankung – noch während seines Studiums – nur eine kurze Lebenszeit prognostiziert. Doch Angst vor den Tod habe er nicht, hat Hawking stets gesagt. Und ein Jenseits hielt er für ausgeschlossen. Dem Guardian sagte er: "Ich sehe das Gehirn als einen Computer an, der aufhört zu arbeiten, wenn seine Einzelteile nicht mehr funktionieren." Für ihn war klar, dass mit dem Tod alles endet: "Es gibt kein Leben nach dem Tod […] ; das ist ein Märchen für Leute, die Angst im Dunkeln haben."
In seinen letzten Lebensjahren wurde Hawking immer häufiger zum Warner der Menschheit: Atomkriege, Klimaerwärmung, intelligente Roboter und durch Gentechnik hergestellte Viren könnten die Erde gefährden, warnte er. Für ihn stand fest, dass die Menschheit sich Ausweichmöglichkeiten im All schaffen müsse, falls es zu einer Katastrophe auf der Erde kommen sollte.
"Die Wahrscheinlichkeit, dass sich auf der Erde in einem bestimmten Jahr eine Katastrophe ereignet, erscheint sehr gering. Allerdings wird sich in den nächsten Tausend oder Zehntausend Jahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Katastrophe ereignen. Bis dahin sollten wir uns ins All ausgebreitet haben und zu anderen Sternen, sodass ein Desaster auf der Erde nicht gleich das Ende der Menschheit bedeuten würde." Hawking im Gespräch mit Radio Times, 2016
Hawking war aber auch Teil der modernen Popkultur: Er hatte Gastauftritte in der US-Fernsehserie "Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert" und der Zeichentrickserie "Die Simpsons"; nicht zu vergessen seine "Gastrollen" in der Serie "The Big Bang Theory".
In loving memory of Stephen Hawking. It was an honor to have him on The #BigBangTheory. Thank you for inspiring us and the world. pic.twitter.com/9rWoYqIToy
— The Big Bang Theory (@bigbangtheory) 14. März 2018
Stephen Hawking wird mir und wohl auch der Menschheit fehlen. Und ich bin mir sicher: Wenn er könnte, wäre er amüsiert darüber, gerade am "Pi-Tag" gestorben zu sein.
13 Kommentare
Kommentare
Heiner E aus K am Permanenter Link
Nicht nur Pi-Tag - auch Albert Einsteins Geburtstag.
Wolfgang am Permanenter Link
Solange es immer wieder Menschen gibt, die bestimmten Menschen auf die Füsse treten oder gleich vor den Kopf stoßen, lässt dich das einmalige Leben auf dieser einmaligen Erde noch einigermaßen ertragen.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Die "Ausweichmöglichkeiten im All" (falls jemals überhaupt möglich!) verlagern m.E.
Aber ansonsten gefällt mir der Nachruf sehr!
awmrkl am Permanenter Link
"verlagern m.E. das Desaster doch lediglich zeitlich und räumlich, sind daher eine ziemliche Illusion und eine der vielen Überheblichkeiten des Menschen"
Das sehe ich komplett und diametral anders.
Das ist die einzige Möglichkeit für die Menschheit, sich früher oder später einen sicher(er)en Platz zum Über- und Weiterleben zu kultivieren. Allerspätestens wenn Sonne unangenehm heiß und groß wird.
Daß dabei eine Art weiterer Kolonialismus stattfände, kann Mensch getrost ausschließen: Die allermeisten in Frage kommenden Planeten dürften entweder unbelebt sein oder höchstenfalls von "grünem Schleim" besiedelt sein. Falls es ausnahmsweise denn doch mehr sein sollte, kann Expedition ja ohne Weiteres weiterreisen!?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Inwiefern ist es denn anderswo sicher - oder auch nur sicherer?
Rene Goeckel am Permanenter Link
Bin schon gespannt wie lange es dauern wird bis das Gerücht auftaucht, Stephen Hawking habe auf dem Sterbebett noch schnell zu Gott gefunden. Ähnlich, wie man es bei Albert Einstein auch versucht hat.
pavlovic am Permanenter Link
Stephen Hawking hat auch viel für das Ansehen von Behinderten in der Gesellschaft bewirkt. Eine Behinderung macht einen Menschen niemals "wertlos".
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Danke für diese gute und wertvolle Beobachtung!
Ottokar am Permanenter Link
es sind doch immer wieder komische Formulierungen in dem oben angesprochenen Buch drinne die mir sagen dass Hawking einer konsequenten Auseinandersetzung mit dem Christentum aus dem Wege ging.
Bruder Spaghettus am Permanenter Link
Vielleicht hast du einfach ein paar Sätze zu früh aufgehört, zu lesen? ;)
Das zweite Zitat von dir kenne ich nicht, aber das erste geht vollständig so:
Wenn das Universum einen Anfang hatte, können wir von der Annahme ausgehen, dass es durch einen Schöpfer geschaffen worden sei. Doch wenn das Universum wirklich völlig in sich selbst abgeschlossen ist, wenn es wirklich keine Grenze und keinen Rand hat, dann hätte es auch weder einen Anfang noch ein Ende; es würde einfach sein. Wo wäre dann noch Raum für einen Schöpfer?
Ottokar am Permanenter Link
danke für deine Zitatenergänzung.
Sicher hatte Hawking nicht das christlich naive Gottesbild von einem alten Mann mit Bart im Kopf aber seine Formulierungen sind in der Gottesfrage äußerst nebulös. Unlogisch ist für mich allemal wenn jemand die Existenz eines wie auch immer gearteten Gottes am Entwicklungszustand des Universums festmacht. Ob dieses offen ist oder geschlossen, ob dieses stagniert oder expandiert das ist doch völlig schnurzpiepegal. Grundsätzlich zu Hawking bin ich jedoch der Meinung, dass er viel dazu beigetragen hat die Geheimnisse unseres Universums aufzudecken.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Ottokar!
Ich nehme stark an, dass Hawking mit "Gott" etwas Ähnliches gemeint hat wie Einstein. Nämlich sicher keine Person (im christlich-monotheistischen Sinn), sondern die Vernunft oder Gesetzmäßigkeit oder Harmonie, die dem Physiker im Kosmos begegnet.
Dass Gott (wahrscheinlich gemeint als Schöpfergott) in seiner Kosmologie nicht vorkommt und auch nicht notwendig sei, hat er ausdrücklich gesagt.
Dass aber Hawking "einer konsequenten Auseinandersetzung mit dem Christentum aus dem Wege ging", das mag stimmen. Warum hätte er das auch tun sollen? Er war schließlich Physiker, kein Philosoph oder Theologe.
Ottokar am Permanenter Link
danke für deinen Hinweis. Das sehe ich genauso. Für Hawking gibt es keinen Gott der aussieht wie ihn sich das Christentum der Renaissance vorgestellt hat.