FRANKFURT. (hpd) Am Sonntag, den 5. Juni stimmt die Schweiz über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ab: erste Abstimmung in einem ganzen Land nach diversen erfolgreichen Pilotprojekten. Auf der Podiumsdiskussion von 42 e.V. im Frankfurter Club Voltaire stellten Susanne Wiest und Enno Schmidt einen Zusammenhang von bedigungslosem Grundeinkommen (bGE) mit direkter Demokratie her, bezeichneten das bGE als deren konsequente Weiterentwicklung.
"Wer kennt das bedingungslose Grundeinkommen nicht?", fragte Susanne Wiest in den vollbesetzten Club Voltaire. Keine Hand hob sich, und Wiest sagte, dass sie lieber darüber rede, wie wir zum bGE hinkommen, als zu erklären, was das sei. 42 e.V., die politische Stiftung der Piratenpartei, hatte die deutsche Aktivistin ebenso eingeladen wie Enno Schmidt, einen der beiden Initiatoren der Schweizer Volksinitiative, am 28.4. über "Bedingungsloses Grundeinkommen: eine Antwort auf die Krise?" zu diskutieren. Schmidt fand die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens so überzeugend, dass er sie gemeinsam mit Daniel Häni verbreitet hat. Anfangs zu zweit – doch die Idee war so überzeugend, dass daraus bald eine Massenbewegung wurde.
Beide Podiumsteilnehmer verknüpften die (ökonomische) Idee des bedingungslosen Grundeinkommens mit der (poitischen) Idee der Direkten Demokratie: in der Schweiz selbstverständlich – aber für die meisten Länder unendlich weit entfernt. Susanne Wiest kam über ihre Petition für das bGE 2009 in Kontakt mit der Politik – und ist enttäuscht über den enormen bürokratischen Aufwand, der hier ergebnislos verpuffe. Vor dem Petitionsausschuß habe sie zehn oder fünfzehn Minuten reden dürfen. Danach kamen ahnungslose Fragen von den Volksvertretern. Ihre Conclusio: "Wir brauchen direkte Demokratie!"
Denn mit der verläuft es ganz anders, wie Enno Schmidt berichtete: als sie die Initiative einreichten, fragte der Bundeskanzler, ob das Unterschriften-Sammeln auch problemlos verlaufen sei? Inhaltlich findet er die bGE-Initiative absurd – doch Demokratie habe in der Schweiz einen so hohen Stellenwert, dass es selbstverständlich ist, dem Andersdenkenden den Kampf für seine Position zu ermöglichen.
Zur Finanzierung eines bedingungslosen Grundeinkommens kursieren viele abenteuerliche Zahlen. Dabei werde oft vergessen, so Enno Schmidt, dass es nicht um zusätzliche Zahlungen gehe, sondern um eine Umwidmung nur der ersten z.B. 1.500 Euro in die Bedingungslosigkeit. Wer über mehr Einkommen verfügen möchte, müsse selbstverständlich weiter arbeiten – doch die Voraussetzungen dafür sind ganz andere, wenn zuvor bedingungslos das Grundeinkommen gesichert ist. Schmidt rechnete vor, dass ein Großteil der Geldströme längst vorhanden ist – nur eben nicht bedingungslos: genau das zementiere Unsicherheiten bzw. Machtverhältnisse.
Dass der Gedanke eines bedingungslosen Grundeinkommens wirtschaftlich gar nicht abwegig ist, demonstrierte nicht zuletzt Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), der über "Helikoptergeld" nachdachte, um die Wirtschaft ins Laufen zu bringen und einer Deflation entgegenzuwirken. Entscheidender Unterschied zum Grundeinkommen: das soll kein Ergebnis zufälligen Mäzenatentums sein, sondern eben "bedingungslos": damit muss jeder Bürger rechnen können.
Für ähnliche Aufmerksamkeit wie das von Draghi nur angedachte "Helikoptergeld" sorgten indes die tatsächlich umgesetzten Aktionen der schweizerischen Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen: als die Unterschriften übergeben wurden, kippte die Initiative zeitgleich 80 Millionen 5-Rappen-Stücke auf dem Bundesplatz aus. Später druckte sie den Slogan "I love Grundeinkommen" auf Zehn-Franken-Scheine - und verteilte 1.000 (echte) Scheine kostenlos mit großem Medienecho. Im Mai folgte dann das größte Plakat der Welt in Genf mit der englischen Inschrift "What would you do if your income were taken care of?" Der Rekord wurde vom Guiness Buch der Rekorde bestätigt...
25 Kommentare
Kommentare
Lea am Permanenter Link
absolut spannende Geschichte, das Grundeinkommen! Schade, dass das meiste bei den Schweizern läuft. Hier, in D, da sollte das viel mehr diskutiert und gefördert werden! Hier ist's nötig!
Lea
eva cze am Permanenter Link
Das ganze gibt's auch als Video. Klickt mal auf
https://www.youtube.com/watch?v=rflitbOEam8
Da könnt Ihr die komplette Diskussion nachverfolgen! Gut, dass das aufgezeichnet wurde.
Silvia Spörk am Permanenter Link
Die Leute von "Wissensmanufaktur.net" haben sich bereits ausführlich Gedanken über das BGE gemacht und sind zum Schluss gekommen, dass es im jetzigen kapitalistischen System leider nicht funktionieren kann.
In Zusammenwirkung mit einer Systemänderung und einem BGE wurde von ihnen daher der sogenannte "Plan B" entwickelt (er ist auf deren Webseite in mehreren Sprachen als PDF erhältlich).
Der "Plan B" setzt unter Abschaffung beinahe sämtlicher Steuern u. a. ein fließendes Geld voraus, sorgt damit für eine gerechte Umverteilung des Geldes (wobei jeder zusätzlich dazuverdienen kann) und sorgt für das Gemeinwohl aller.
David am Permanenter Link
mit dem BGE würde das Geld seinen Schrecken verlieren.
Siegrun am Permanenter Link
Ich bin da sehr skeptisch und befürchte eine große Inflation durch das BGE egal, wie es finanziert wird (was mir auch noch nicht ganz klar ist).
Und zwar würde ich persönlich nicht aufhören zu arbeiten, das hieße ich hätte durch das BGE, daß ich dann zusätzlich hätte, mehr Geld zur Verfügung. d.h. ich könnte z.B. eine wesentlich teurere Wohnung mieten, weil es mir dann eben möglich ist. Wenn das viele tun, wird der Vermietermarkt das mitbekommen, und entsprechend auch die Mieten weiter erhöhen.
Das kann man auch auf andere Bereiche umlegen, z.B. Urlaub, Lebensmittel usw. am Ende sind die, die "nur " das BGE haben wieder "arm" weil alles teurer ist, und die, die arbeiten oder Vermögen haben, sind immer noch im finanziellen Vorteil. Falls ich da einen Denkfehler habe, bitte drauf hinweisen.
Mal abgesehen davon, finde ich es gruselig, zu 100% vom Staat abhängig zu sein, daß der mir das BGE bezahlen kann, bis an das Lebensende. So wie die misswirtschaften...da habe ich nicht wirklich viel Vertrauen.
Außerdem muss irgendwer das Geld trotzdem erwirtschaften, und wenn immer weniger arbeiten und immer mehr nutznießen, stelle ich mir das auch schwierig vor.
Wer wird die unangenehmen Arbeiten machen, wenn er nicht muss? Müllabfuhr zum Beispiel?
Ich freue mich auf die Diskussion.
Peter Menne am Permanenter Link
wichtige Korrektur: das bGE gibt es nicht "zusätzlich". Vielmehr ist das Ziel, den soziokulturellen Grundbedarf (der gesellschaftlich festzulegen ist: deutlich oberhalb Hartz IV!) zu garantieren.
Den ganzen Umverteilungsmechanismus kann und will ich nicht in dieser Kommentarspalte erläutern. Ganz wichtig: über das bGE wird ehrenamtliche Arbeit endlich anerkannt! Gesellschaftlich notwendige Arbeit (für sozialen Zusammenhalt, in Bildung, Kultur, Sport, Erziehung, Pflege etc.) - die einen erheblichen Teil der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden ausmacht. Zugleich nur einen Bruchteil der vergüteten Arbeit. Die Korrektur ist überfällig!
Siegrun am Permanenter Link
Nicht "on top" ist ja noch blöder. Da werden dann die, die arbeiten (irgendwer muss es ja erwirtschaften) genau die mit durchfüttern die nicht arbeitn, bzw. Erwerbsarbeit nachgehen.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich habe mir auch mal ein bewusst bescheuertes "Einkommenssystem" überlegt, sozusagen BGE XXL:
Jeder Bürger bekommt ab seinem 18. Geburtstag 1.000.000 Euro auf ein Sperrkonto. Wenn er stirbt, bekommt das Kapital derjenige, der in der Todesstunde seinen 18. Geburtstag feiert. D.h. es wäre ein revolvierendes Kapital, das für den Staat nie kleiner wird, weil es ja nicht angetastet werden darf.
Durch entsprechende staatlich gesteuerte Zinspolitik erwirtschaftet das Kapital 5% Rendite, d.h. jeder Erwachsene hätte ca. 4.200 Euro/Monat zur freien Verfügung. Da dies jedem Bürger so geht, bräuchte also künftig niemand mehr arbeiten. Man könnte sich locker die Brötchen fürs Frühstück kaufen... die Brötchen... Moment? Wer backt die denn?
Das klingt verrückt, weil es verrückt ist.
Beim BGE würde der Staat jedem Bürger zwischen dem 18. und 83. Lebensjahr ebenfalls ca. 1.000.000 Euro schenken, allerdings mit zwei Negativeffekten gegenüber meinem Konzept: 1. der Bürger hätte nur 1.000 Euro/Monat zu freien Verfügung und 2. wenn er stirbt ist das ganze Geld futsch!
D.h. das aktuell diskutierte BGE-Konzept ist ein Fass ohne Boden, während mein Konzept in diesem Punkt eindeutig besser ist. Trotzdem ist mein Konzept bescheuert, weil es gesellschaftlich keinen Sinn macht. Der einzige Ausweg wäre nämlich, wir lassen Sklaven für uns arbeiten, die zwangsarbeiten müssen. Oder die profitierenden Bürger werden zur Zwangsarbeit verdonnert. Schließlich muss irgendjemand die Brötchen backen, die wir uns ohne Leistung zu erbringen leisten können.
Ich bin ja nicht grundsätzlich gegen eine Reform der Wirtschaft. Nur sollte man dabei weiterdenken, als bis zum nächsten Wahlzettel...
Lea am Permanenter Link
Uuups! So viel Ahnungslosigkeit auf einem Haufen! Das "bescheuert" darfst Du ruhig dick unterstreichen, Bernd. Für den Rest: vor dem Fabulieren bitte Hirn einschalten...
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Für den Rest: vor dem Fabulieren bitte Hirn einschalten..."
Ohne Hirn kann man nicht Fabulieren. Man kann dann sogar sehr schlecht funktionsfähige Wirtschaftsreformen entwickeln...
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Einfach mal lesen: 1000€ für jeden.
Wolfgang am Permanenter Link
Die Zeiten ändern sich, die Berufsbilder auch. Da ist eine Debatte
über ein Grundeinkommen unbedingt nötig. Es wird kommen!
Sven H. Schillings am Permanenter Link
Ich hoffe mal, dass die obigen Kommentatoren (ausgenommen Bernd Kammermeier ) nicht repräsentativ sind für den HPD sind.
Petra Pausch am Permanenter Link
Lieber Sven H. Schillings,
Wenn Sie schreiben: "Wer aber allen ernstes glaubt, das es eine Gesellschaft geben kann, in der keiner arbeiten muss und trotzdem alle ein auskömmliches Leben haben..." - dann zeigt das vor allem Eines: dass Sie sich noch nie mit dem bedingungslosen Grundeinkommen beschäftigt haben.
Denn das bedeutet eben überhaupt nicht, dass niemand mehr arbeiten muss (wie sollte das auch gehen?), sondern, dass eine Umbewertung der Arbeit erfolgen muss und so auch die von uns allen tagtäglich geleistete Arbeit entlohnt wird.
Vielleicht sollte der hpd zu diesem Thema mehr veröffentlichen...
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Liebe Petra Pausch,
"Denn das bedeutet eben überhaupt nicht, dass niemand mehr arbeiten muss (wie sollte das auch gehen?), sondern, dass eine Umbewertung der Arbeit erfolgen muss und so auch die von uns allen tagtäglich geleistete Arbeit entlohnt wird."
Ich bin wahrhaftig auch für Reformen des Wirtschaftssystems. Doch sehen Sie das BGE mal aus einer anderen Warte. Sie schreiben: "... das bedeutet [...] nicht, dass niemand mehr arbeiten muss..." Heißt das im Umkehrschluss, dass die Bürger arbeiten MÜSSEN? Weiter: "..., sondern, dass eine Umbewertung der Arbeit erfolgen muss ..." Ist Arbeit dann weniger, mehr oder etwas anderes wert? Wer bezahle das "Mehr", wer ertrüge klaglos des "Weniger" und wer hätte etwas von dem "Anderen"? Weiter: "... und so auch die von uns allen tagtäglich geleistete Arbeit entlohnt wird." Welche Arbeit? Die, die bisher schon entlohnt wird oder die, die bisher ehrenamtlich erbracht wurde, weil kein Geld da war?
Ich sehe ja sofort ein, dass es Jobs gibt, die unterbezahlt sind. Ich weiß auch, dass es Menschen und Konzerne gibt, die deutlich zu viel verdienen. Hier einen Ausgleich herzustellen wäre ein lohnendes und machbares Ziel. Machbar im Sinne von realistisch.
Doch das BGE ist bereits mit Grundrechenarten zu widerlegen. Denn es würde die Arbeitskosten in Deutschland vergrößern (allein das Ehrenamt wäre plötzlich keines mehr, sondern bezahlte Arbeit). Da zu erwarten wäre, dass die Arbeitsleistung in einem gewissen Maße sinken wird (nicht alle werden weiterhin gesellschaftsproduktiv arbeiten wollen, sondern sich ihre Hobbys finanzieren lassen), entsteht also sogar ein gesellschaftliches Einnahmedefizit bei gesellschaftlichen Mehrausgaben.
10 - 1 = 11? Das ist eine Gleichung, die nicht aufgehen kann. Der Sozialismus war im Gegensatz zum BGE eine gute Idee, der jedoch am realen Menschen scheiterte. Der Mensch ist eben keine programmierbare Maschine, sondern hin und wieder recht eigenwillig.
Man stelle sich vor, was gesellschaftlich geschähe, wenn nur etwa 5% der Bevölkerung mit dem BGE ihren Hobbys frönten oder den lieben langen Tag chillten. Wer mag das ausschließen? Oder die, die nun von der Basis aus super schwarzarbeiten können, weil es ja nicht mal mehr schwarzarbeiten wäre.
Würden diese 5% nicht den Sozialneid der arbeitenden Bevölkerung wecken? Ein Ehrenamtler, der auch das BGE beziehe, würde sich doch verarscht vorkommen, wenn andere mit dem gleichen Einkommen auf der faulen Haut lägen. Und was denkt der, der mit seinem deutlich höheren Einkommen sowohl den Ehrenamtler wie auch den Chiller finanziert?
Sieht denn niemand von den Verfechtern des BGE, dass hier mehrere tiefe Gräben in die Gesellschaft gerissen werden? Und zwar allein deswegen, weil wir Menschen sind. Abgesehen davon, dass eine erhöhte Kaufkraft der Gesellschaft (egal woher die kommt) auch immer zu einer Inflation führt, es sei denn, Preise würde staatlich kontrolliert. Aber wer will das?
Ich finde, dass das Prinzip "Einkommen durch Leistung" unangetastet bleiben sollte. Wer keine Leistung erbringen kann, sollte von der Gesellschaft unterstützt werden, wobei ich hier differenzieren würde: Die, die eine Arbeitsperspektive haben, sollten tendenziell weniger bekommen. Die, die z.B. aus gesundheitlichen Gründen keine Perspektive mehr haben, sollten mehr bekommen.
Der Punkt ist doch ganz einfach: Nicht jeder arbeitet freiwillig und gern. Für viele ist der Grund, warum sie morgens aufstehen und zur Arbeit fahren, reiner Broterwerb. Ich habe genügend Aushilfen beschäftigt, denen es völlig egal war, was sie taten, Hauptsache, sie bekamen Geld dafür. Und wenn die ihr Geld auch ohne "Maloche" bekommen hätten, dann wären sie schlicht zu Hause geblieben. Ob diese Gruppe nun 5% oder mehr oder weniger groß ist, spielt überhaupt keine Rolle. Sie würden die Gesellschaft Geld kosten, dass sie momentan (in dieser Höhe) nicht aufbringen muss.
Und ob allein die Umverteilung der Einnahmen Reicher ausreichen wird, dieses Defizit zu decken, bezweifele ich. Da gibt es zu viele Prozesse innerhalb einer Gesellschaft, die das zumindest sehr riskant erscheinen lassen.
Wobei ich sagen muss, dass mich an dem Konzept des BGE in Wesentlichen der Begriff "Bedingungslos" stört. Ein Grundeinkommen, das an Leistungsbereitschaft gekoppelt ist, kann ja diskutiert werden. Mit anderen Worten: Was immer diskutiert wird (solange es seriös ist), sollte den Menschen im Mittelpunkt haben. Keine Konzerninteressen, aber Wechselwirkungen mit Ländern, die kein BGE haben, berücksichtigend. Der Mensch mit seiner gesamten psychologischen Grundausstattung.
Leistung muss motiviert werden - dies läuft über das Belohnungszentrum unseres Hirns. Das BGE berücksichtigt diesen evolutionär vorgegebenen Aspekt zu wenig. Und damit wäre eine solche Wirtschaftsform im Zweifelsfall sogar unethisch.
Sven H. Schillings am Permanenter Link
Klasse Argumentation: ich kritisiere das Bedingungslose Grundeinkommen, ergo habe ich mich damit nicht beschäftigt, denn ansonsten wäre ich ja dafür. Warum erinnert mich das an die merkelsche Alternativlosigkeit?
andreas scholz am Permanenter Link
Es ist genau wie der Kapitalisus: immer wieder fallen Menschen auf diese Ideologie herein, da sie natürlich auf den ersten Blick richtig und gerecht erscheint.
nur haben wir hier den fall, dass vor den unzulänglichkeiten von homo sapiens die ideologie selbst dafür sorgt, dass sie scheitert. weil sie notwendiger weise immer mit krieg endet um dann wieder eine zeitlang blühende landschaften erstehen zu lassen, nur um wieder im krieg zu enden und anschließen wieder blühende .... ich fange an mich zu wiederholen.
"Auch fiskalisch lässt sich schnell berechnen, daß diese Wünsche nicht annähernd zu finanzieren sind."
die frage nach der finanzierung, ist die erste frage die sich ein Befürworter stellen lassen und eine antwort darauf haben muss.
da die bewegung eine gewisse stärke erreicht zu haben scheint, sind diese antworten wohl eher nicht so schnell vom tisch zu wischen.
aus diesem grund ist ihre aussage, dass sich das scheitern SCHNELL berechnen liesse polemik.
aber......
fühlen sie sich frei zu widerlegen.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Lieber Sven,
Aber Spaß beiseite, die Arbeitswelt müßte sich dramatisch ändern, weil es natürlich keine Drecksarbeit mehr für Hungerlohn gäbe, weil die niemand mehr machen würde. Wenn eine Arbeit gemacht werden muss, dann muss sie so gut bezahlt werden, dass jemand bereit ist, sie zu erledigen, denn jedermann/frau kann auch ohne diese Arbeit leben.
Wir könnten das BGE in Höhe von 1000€ umgehend einführen, denn dieses Geld geben wir schon heute für unseren Sozialstaat (incl. Gehälter und Infrastruktur für die Verteilung) aus. Götz Werner (dm) und andere haben sich darüber interessante Gedanken gemacht.
andreas scholz am Permanenter Link
wenn sie aus dem eigentlichen anliegen des BGE machen, dass es ziel wäre, das niemand mehr arbeiten muss, darf man sich schon mal die frage stellen, dass sie hier eigentlich zu betreiben gedenken.
sachliche diskussion sicher nicht.
Clemens B. am Permanenter Link
Erstaunlich, wie tief sich neoliberales Gedankengut festgefressen hat. "Leistung muß sich wieder lohnen!" predigt Bernd Kummermeier - und empfindet das auch noch als "humanistisch".
Es geht doch nicht um "alles-oder-nichts"-Lösungen der Art, wenn's ein Grundeinkommen gibt, dann arbeitet gar keiner mehr. Tatsächlich wollen die meisten Menschen eine Beschäftigung (die neben Einkommen auch Selbstwertgefühl liefert - vgl. die Gründe, warum Ehefrauen reicher Männer trotzdem arbeiten wollen: nicht mehr aus finanzieller Notwendigkeit).
Tatsächlich läuft die Verteilung im bestehenden System schief, extrem schief. Entgegen den neoliberalen Märchen vom besten aller möglichen Wirtschaftssysteme wird die soziale Spaltung stetig vertieft (vgl. Armuts- und Reichtumsbericht des Bundestages: empirisch abgesicherte Arbeiten).
Tatsächlich braucht es immer weniger Erwerbsarbeit. In Produktion und Distribution liegen noch große weitere Rationalisierungspotentiale.
Gleichzeitig gibt es erheblichen Bedarf an (unbezahlter) Arbeit: ich erinnere nur an die Krankenhaus-Clowns, die ehrenamtlich durch Kinderkliniken ziehen, um die kleinen Patienten dort aufzumuntern. Menschlich ist Kontakt & Kommunikation für den Heilungsprozeß notwendig. Versicherungstechnisch sind solche Zeiten nicht abrechenbar: ausgedünntes Pflegepersonal muß seine Arbeit auf Medikamenten- & Essensausgabe und Bettwäschewechsel reduzieren. Eine eigentlich für alle unbefriedigende Situation - aber völlig konsequent Markt-logisch.
Solche Zustände fordert & fördert, wer wie Kummermeier die "Leistung muß sich wieder lohnen!"-Fahne hochhält.
Für eine humane Gesellschaft sind Veränderungen dringend überfällig. Schade, dass manche es für rational halten, das eben nicht auf gesellschaftlicher Ebene zu diskutieren. Sondern Einzelfälle so generalisieren, dass man ungefähr auf dem Niveau landen, wieviele Engel auf einer Nadelspitze Platz haben. Bernd, das ist doch Dein Kompetenzfeld?
Sven H. Schillings am Permanenter Link
Bewundernswert Hr. B. , wie es Ihnen gelingt, unterschiedlichste Themen in einer kenntnisbefreiten Art zu einem ideologisch verrührten Brei zu mixen.
andreas scholz am Permanenter Link
doch, doch.
"Leistung muss sich lohnen" ist im kern neoliberal, weil nämlich gemeint ist, dass sich die leistung der arbeit für das KAPITAL lohnen muss.
das verhält sich ähnlich wie die worthülse "freiheit", die insbesondere dann, wenn sie von herrn gauck strapaziert wird, die freiheit des kapitals meint, möglichst ungestört ausbeuten zu können. umwelt, rohstoffe, menschen.
zum grundeinkommen:
anfangs für eine gute sache gehalten, bin ich mittlerweile mehr als skeptisch. einfach aus der beobachtung heraus, dass eigentlich nichts wesentliches passiert, dass das leben, der masse der menschen verbessert. dieses sich aber kontinuierlich verschlechtert.
noam chomsky kann man zu dem Thema wie folgt vernehmen:
zitat:
Es ist ein interessantes Konzept. Es kommt ursprünglich aus der rechten Ecke. Milton Friedman hat es beispielsweise vorgeschlagen. Aus seiner Sicht war es Teil des Bemühens, Maßnahmen des Wohlfahrtstaats zu untergraben. Aber es muss keine reaktionäre Komponente beinhalten. Es kann auch als progressive Maßnahme interpretiert werden, denn Menschen haben Rechte.
zitatende.
hier noch einmal ein ausdrückliches dankeschön an rtdeutsch.com
wer mag: https://deutsch.rt.com/gesellschaft/38828-ambivalent-yanis-varoufakis--noam/
Elfriede Harth am Permanenter Link
Na, dieses Thema scheint ja echt packend zu sein. Und es gibt derart konträre Positionen.....
Ich bin für ein BGE. Es würde sehr vieles verändern. Und die Chance bieten, vieles zum Guten zu verändern, wenn es ein emanzipatorisches BGE ist und sich genügend Menschen dafür einsetzen, dass sich diverse andere Veränderungen verwirklichen lassen.
Es müsste der Begriff der Arbeit neu definiert werden. Weg von der Idee, dass nur Arbeit ist, was mit Geld bezahlt wird. Und dass Leute Geld haben, weil sie fleissig sind. Es wird mehr unbezahlte Arbeit in Deutschland geleistet als bezahlte. Es müsste eineehmen. Neuverteilung der unbezahlten Arbeit stattfinden. Warum sollen denn hauptsächlich Frauen diesen Part übernehmen?
Es müssten gewisse Branchen, die heute hauptsächlich unnötiges Zeug produzieren, ihre Produktion verringern. Brauchen wir wirklich jedes Jahr ein neues Handy? An dem Blut klebt? Braucht die Welt wirklich immer mehr Waffen? Um die Fluchtursachen zu verschlimmern? Brauchen wir immer mehr Autos? All diese Branchen, zum Teil hoch subventioniert und kaum Steuern zahlend, könnten Arbeitsplätze abbauen. Das BGE machte es möglich.
Es könnte Verkürzungen in der Erwerbsarbeitszeit geben, bei gleichem Lohn. Dann könnte auch die (sinnvolle) Erwerbsarbeit besser verteilt werden. Wir bekämen vielleicht wieder “Vollbeschäftigung”. Gerade in den “Zukunftsbranchen” der Care Arbeit, Pflege von Alten und Kranken (siehe demographischer Wandel) könnten Arbeitskräfte ihre Arbeit besser verrichten, weil entspannter, nicht unter Zeitdruck. Die wachsende Lebenserwartung wird viele von uns zu “Pflegefällen” machen, die dann auf andere angewiesen sind, um nicht in der eigenen Scheiße zu verrotten. Warum sollen diese Arbeiten schlecht bezahlt werden? Künstler-Innen könnten schaffen ohne Prekarität. Das Ehrenamt wäre auch für Leute offen, die sonst kaum Zeit zum Leben haben, weil sie der Alltag verschlingt, z.B. Alleinerziehende.
Kindertagesstätten könnten mit mehr und besser qualifiziertem Personal besetzt werden, das auch besser bezahlt werden würde. Schließlich sollen doch dort (zusammen mit der Familie) die Menschen großgezogen werden, die dann das System so am Laufen halten, dass auch für die kommenden Jahre ein gutes Leben für Alle möglich wird.
Eine wachsende Nachfrage nach Bio-Produkten könnte die biologische Landwirtschaft zum Boomen bringen, mit den Konsequenzen für Umwelt und Gesundheit......
Hat jemand Lust, dass unsere Initiative Bedingungsloses Grundeinkommen Frankfurt Rhien-Main hier in Frankfurt (oder Darmstadt, oder Offenbach) einen Stammtisch einrichten, um alle diese Themen weiter offline zu vertiefen? Falls ja, bitte melden: bge-rhein-main@posteo.de
Thomas Baader am Permanenter Link
Es ist eine Frage, OB Menschen bei bedingungslosem Grundeinkommen weiterhin arbeiten werden. Es ist eine ganz andere Frage, WAS sie noch bei bedingungslosem Grundeinkommen an Arbeit zu übernehmen bereit sind.
Und nebenbei: Jemandem Totschlagargumente wie "neoliberal" an den Kopf zu knallen, weil er skeptisch bleibt (was ein wissenschaftliches Prinzip ist), wirkt nicht gerade überzeugend.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Völlig richtig,