WILLIAMSTOWN (hpd). In den USA haben Kreationisten eine riesige Arche Noah gebaut – nebst Dinosauriern an Bord. Das gigantische Schiff ist das Herzstück eines Arche Noah Themenparks, dessen Ziel es ist, den Glauben an die Wahrheit der Bibel wiederherzustellen.
Die ländliche Kleinstadt Williamstown in Kentucky, verkehrsgünstig gelegen an der Interstate 75 auf halbem Weg zwischen Cincinnati und Lexington, hat seit vergangener Woche eine Attraktion biblischen Ausmaßes zu bieten: Den Ark Encounter – einen christlichen Themenpark, dessen Prunkstück die vermeintliche Nachbildung der Arche Noah in Lebensgröße bildet. 510 Fuß (155 Meter) lang, 85 Fuß (26 Meter) breit, und 81 Fuß (25 Meter) hoch – getreu der biblischen Konstruktionsanleitung.
Die vollständig begehbare Arche aus Holz ist ausgestattet mit Wohnräumen für Noah und seine Familie, sowie unzähligen kleinen Tiergehegen, in denen sich jedoch nur Tierattrappen befinden. Aber keine Sorge: Echte Tiere gibt es auch, gleich nebenan im Streichelzoo vor dem Bug der Arche. Verbunden sind die sieben Stockwerke der hölzernen Arche durch steinerne Türme, in denen sich Treppen, Aufzüge und Toiletten befinden. Ein nicht ganz bibeltreuer Luxus, der Noah und die Seinen sicherlich gefreut hätte – ebenso wie die Pepsi-Automaten an Bord für jene Touristen, die nicht nur nach dem Wort Gottes dürsten. Auf die Fertigstellung eines Restaurants an Deck der Arche müssen die Touristen derzeit noch warten. Ihre körperlichen und kommerziellen Gelüste können sie jedoch in einem Restaurant und einem Souvenir-Shop auf dem Gelände des Themenparks stillen.
Von Dinosauriern und Menschen
Ins Leben gerufen wurde der Ark Encounter von Ken Ham und der von ihm gegründeten Kreationisten-Organisation Answers in Genesis (Antworten in der Genesis). Ham und seine Organisation machten bereits 2007 von sich hören, als sie im rund 70 Kilometer entfernten Petersburg das Schöpfungsmuseum eröffneten, in dem Kinder und Erwachsene anschaulich erfahren, was es mit der Ur- und Frühgeschichte unseres Planeten tatsächlich auf sich hat. Denn der ist nach Auffassung der Junge-Erde-Kreationisten um Ken Ham lediglich rund 6000 Jahre alt und beherbergte die Dinosaurier zeitgleich mit den Menschen.
Dinosaurier kann man an Bord der neuen Arche deshalb übrigens auch bewundern, denn sie waren nach Meinung der Junge-Erde-Kreationisten ebenso Passagiere an Bord von Noahs frühzeitlichem Schwerlastkahn wie all die anderen Tiere, deren Rettung Noah von Gott befohlen wurde – ehe letzterer in dem apokalyptischen Gemetzel namens Sintflut alles Leben auf der Erde gnadenlos ausrottete.
Den von Skeptikern gern vorgebrachten Einwand, dass es auf Noahs Arche bei all den Tierarten ganz schön eng gewesen sein müsse, kontern Kreationisten mit der überraschenden Integration evolutionstheoretischer Einsprengsel in ihr sonst von Darwins Erkenntnissen völlig unbeeindrucktes Theoriekonstrukt. Selbstverständlich, so die Kreationisten, nahm Noah nicht Vertreter unserer heutigen Tierarten an Bord, sondern deren Vorfahren, aus denen sich die heute vorhandene Artenvielfalt entwickelte. So befanden sich auf der Arche beispielsweise nur zwei hundeähnliche Wesen, deren Nachfahren sich später zu Wölfen, Füchsen, Hunden und anderen Tieren entwickelten.
Bei der Konfrontation mit Theorien wie der letztgenannten mag es manch einen erleichtern zu erfahren, dass der aktuelle Nachbau der Arche eine weitere Sintflut nicht überstehen würde. Zu viel Beton und zu viele Pepsi-Automaten. Bei steigendem Meeresspiegel würde die Arche sinken wie ein Stein. Allerdings machen sich Ken Ham und die Kreationisten von Answers in Genesis diesbezüglich auch keine Sorgen, da für sie der Klimawandel gar nicht existiert.
Kreationisten auf dem Vormarsch
Eine lebensgroße Arche Noah – ein Projekt, wie es nur in den USA entstehen kann, möchte man als aufgeklärter Europäer meinen. Doch kreationistische Denkmuster sind weltweit auf dem Vormarsch – auch in Deutschland und auch in Bereichen, in denen man es nicht für möglich halten würde. Von 2010 bis 2013 zeigte das in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehende Museum für Naturkunde in Münster beispielsweise die Ausstellung "Tiere der Bibel" und erst vor wenigen Tagen bot der Hamburger Tierpark Hagenbeck in Zusammenarbeit mit kirchlichen Würdenträgern einen Aktionstag gleichen Titels an, der sich besonders an Kinder richtete.
Auch der Gründer und Präsident der Kreationisten-Organisation Answers in Genesis ist kein Amerikaner. Der 64-jährige Ken Ham stammt aus Australien, wo er als Sohn eines kreationistischen Lehrers schon früh mit entsprechenden Denkmustern in Berührung kam. Auch sein Studium am Queensland Institute of Technology, das Ham mit einem Bachelor für Angewandte Naturwissenschaften/Schwerpunkt Umwelt-Biologie abschloss, veränderte diese Denkmuster nicht. Im Gegenteil: Ende der 1970er Jahre kündigte er seinen Job als High School-Lehrer für Naturwissenschaften und zog wenig später in das gelobte Land christlicher Fundamentalisten, die Vereinigten Staaten von Amerika. Mit seiner Vortragsreihe "Zurück zur Genesis" wurde er dort einem breiteren Publikum bekannt und konnte Gleichgesinnte um sich scharen, die ebenso wie er die Bibel als Geschichtsbuch betrachten, die Evolutionstheorie für den angeblich grassierenden kulturellen Verfall verantwortlich machen und sich in einem christlichen Kulturkampf gegen den Atheismus wähnen. Ein Kampf, den Ham mit allen Mitteln gewinnen will.
"Wir bauen eine Arche, um den Glauben an die Bibel wieder herzustellen" schreibt Ken Ham in einem Online-Artikel für den konservativen Nachrichtensender Foxnews. "Entdeckungen in der biblischen Archäologie gibt es fast täglich. Viele archäologische Funde im Jahr 2015 bestätigen die Wahrheit der Bibel. Gerade jetzt wurde eine verbrannte alte Schriftrolle entziffert, die man im Toraschrein einer byzantinischen Synagoge in Israel gefunden hat, und sie enthielt Verse aus dem Buch Levitikus – was sie zur ältesten hebräischen Bibel seit den Schriftrollen vom Toten Meer macht. Als Vereinigung, die die Lehren Christi verteidigt, mussten wir leider feststellen, dass obwohl bei archäologischen Ausgrabungen viel mehr Texte aus der Bibel gefunden werden, als aus allen anderen Büchern, die Gesellschaft sich der Historizität der Bibel noch immer verweigert und nicht sehen will, was sie wirklich ist – die umfangreichste historische Urquelle, eine Chronik der alten Welt. Früher das wichtigste Lehrmittel in amerikanischen Klassenzimmern, ist die Bibel heute das am stärksten hinterfragte Buch, das oft erbitterter Prüfung und Widerstand von vielen Eltern, Lehrern und Säkularisten ausgesetzt ist."
Kein Sex vor der Ehe für Mitarbeiter
Diesem erbitterten Widerstand von aufsässigen Verteidigern der Trennung von Staat und Kirche hat Ken Ham bereits einigen Ärger bei seinem Arche Noah Themenpark zu verdanken. Mehr als 100 Millionen US-Dollar privater Spender hat das Projekt bis jetzt verschlungen. Weitere 18 Millionen US-Dollar Steuervergünstigungen hatte ihm der Bundesstaat Kentucky zugesagt. Der zog seine Zusage jedoch wieder zurück, als säkulare Aktivisten öffentlich machten, dass die Einstellungspolitik des Themenparks im höchsten Maße diskriminierend ist. Ham stellt für den Ark Encounter nur Mitarbeiter ein, die schriftlich bestätigen, dass sie seine christlichen Glaubensgrundsätze teilen – inklusive der Auffassung, dass die Erde nur 6000 Jahre alt ist und Homosexualität eine Sünde. Darüber hinaus müssen unverheiratete Mitarbeiter in spe eine Einverständniserklärung unterzeichnen, dass sie keinen Sex vor der Ehe haben und keine gleichgeschlechtliche Partnerschaft eingehen werden. -Answers in Genesis klagte gegen die Entscheidung des Staats Kentucky und gewann.
Aber nicht nur deshalb ist Ken Ham zuversichtlich, dass die Finanzierung des Ark Encounter auch weiterhin kein Problem darstellen wird. In Amerika gibt es viele reiche Spender, die seine Ansichten über den Ursprung der Welt teilen. So bald wie möglich möchte Ham sein Arche Noah-Disneyland um weitere biblische Attraktionen ergänzen. Derzeit ist er auf der Suche nach Sponsoren für den Turmbau zu Babel.
5 Kommentare
Kommentare
INGEBORG am Permanenter Link
Diese sog. Kreatonisten haben verklebte Gehirne, die ihnen Dinge vorgaukeln, die nicht realistisch sind.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Endlich ist geklärt, warum die Dinosaurier die Sintflut überlebt haben und noch heute durch den "Holozän-Park" (eine Jura-Zeit hat es ja nie gegeben) stiefeln.
Ich hoffe, Ken Ham hat als Australier auch die lieben Kängurus nicht an Bord der Arche vergessen, sonst könnte man sich doch nicht deren Überleben erklären - und auch nicht die vielen Känguru-Fossilen entlang ihrer Wanderschaft vom Ararat nach Australien. Der nette Noach hatte ihnen sogar einen Schwimmkurs spendiert.
Ja, wir brauchen noch mehr dieser Themenparks. Der Turmbau zu Babel wäre schön. Aber auch ein naturgetreuer Aufbau der Welt laut Bibel wäre schön anzusehen: Eine kreisrunde Fläche von ca. 2.000 km Durchmesser - völlig eben - mit einer entsprechend großen Betonkuppel darüber (auch gerne mit Pepsi-Automaten), die das biblische Firmament darstellt. Darauf ein Nachbau von Gottes Thron im Zenit, auf dem eine originalgetreue Nachbildung des allmächtigen Schöpfers sitzt auf dessen Hintern man von unten mit Fernrohren blicken kann (10 US-$/Minute).
Aber auch die Teilung des roten Meeres bildet ein gar lustiges Spektakel für die ganze indoktrinierte Familie. Männliche (mit ärztlich attestierter Heterosexualität) Familienväter dürfen dabei sogar Moses Stecken anfassen, damit ihnen angesichts des mächtig geilen Gefühls auch einer anschwillt. Elektrisch angetriebene Pumpen (Strom aus acht extra dafür gebauten Atomkraftwerken) sorgen bei jeder Show für einen realistischen Meeresteilungseffekt, bei dem 9,3 Kubikkilometer Wasser bewegt werden. Atemberaubend!
Oder die Landnahme. Welches erquickliche Spektakel für jung und alt, wenn 20.000 Komparsen vorführen, wie die kanaanitische Urbevölkerung von Gottes auserwähltem Volk brutal hingemetzelt werden. Auch hier dürfen erwachsene männliche Heterobesucher an den halbstündlich gezeigten Massenvergewaltigungen teilnehmen - gegen einen Aufpreis von 250 US-$.
Ach, es gäbe noch so viele Themen aus der wunderbar wahren Bibel zu zeigen. Beten wir alle inbrünstig, dass Ken Ham die Welt mit all diesen Themenparks bereichert...
Andi am Permanenter Link
Ein religiöses Wahnsystem ist in greifbarer Nähe.
Balla-Balla-Weltbilder
nihil jie am Permanenter Link
Ich mag Pharaonengöttern, weil das richtige Spezialisten waren. Fach-Götter so zu sagen. Jeder ein Meister auf seinem Gebiet.
;)
Noncredist am Permanenter Link
Die Arche ist ein wahres Hygienewunder. Schließlich sind neben den "Urarten" der Tiere auch ihre Exkremente und ihre Nahrungsmittel mit an Bord.
Gerade im 21sten Jahrhundert spüren wir die Kräfte Gottes in dieser Welt. Entweder als braungefärbtes Toastbrot, als Hinterteil eines Hundes oder wenn die wahren Diener Gottes die kleinen Sexualgötter der Jungs streicheln oder verstümmeln.
Neben der magischen Hygiene, dürfen die unzähligen Funde nicht fehlen:
>> (...) obwohl bei archäologischen Ausgrabungen viel mehr Texte aus der Bibel gefunden werden, als aus allen anderen Büchern (...) <<
Welchen "allen anderen Büchern" genau, wenn ich mal nachfragen darf?
>> die Gesellschaft sich der Historizität der Bibel noch immer verweigert <<
Es besteht absolut keinen Zusammenhang zwischen einer Historizität - einer historischen Genauigkeit der Inhalte der Bibel - und der Anzahl von gefunden religiösen(!) Texten. Wenn in 40.000 Jahren Historiker bei Ausgrabungen SEHR SEHR VIELE Superman-Comichefte finden, so bestätigt es weder die reale Existenz bunt bekleideter Helden, noch die Geschichte des Volkes. Es sind fiktionale Geschichten von Autoren. Sie haben nicht die Aufgabe, exakte Abbildungen der Gesellschaft zu dokumentieren. Sie dienen alleinig der Unterhaltung. Man könnte dann nur den Schluss ziehen, dass die Gesellschaft entweder diese Geschichten gerne gelesen haben - oder am Fundort viele dieser Geschichten "nur" gelagert wurden. Mehr nicht. Diese unsagbar schlichte logische Konsequent über einen archäologischen Fund dürfte einen studierten Ken Ham nicht fremd sein. Aber seine (finanzstarke) Zielgruppe ist eben ein ganz anderes Völkchen, welches mit Hinterfragungen und kritischem Denken nicht so sehr vertraut ist.
>> und nicht sehen will, was sie wirklich ist – die umfangreichste historische Urquelle, eine Chronik der alten Welt. <<
Die "alte Welt" war nicht sehr anders als die heutige Welt. Die Kontinente waren vor 6000 Jahren nicht besonders anders verteilt. Menschen lebten auf dem gesamten Globus verteilt. Es ist schon interessant zu sehen, wie der gesamte Planet unter Wasser gestanden haben soll - als biblisch begründete "Wahrheit" - aber ausserhalb der hebräisch-religiös geprägten Welt leider kein Volk etwaige Flutoffenbarungen von monotheistischen Gottheiten berichtet haben. Eine "Sintflut" war ein lokal beschränktes Phänomen, was - wahrscheinlicherweise - durch ein gebrochener natürlicher Damm und dessen herabstürzende Wassermassen (ggf. ausgelöst durch Schmelzwasser einr kleinen Eiszeit?) für Menschen an einem Fluss (wo das fruchtbarste Land vorhanden war) wie eine mörderische Flut aussah. Aber ein globales Ereignis? Gar willentlich ausgelöst durch eine Gottheit monotheistischen Ursprungs? Selbst das Aufstellen unzähliger Pepsi-Automaten macht es nicht wahrer. Kein Wunder, dass die bösen Unkreationisten nicht die Hamsche Wahrheit anerkennen können. Die Bibel bietet eben nicht ein Einblick in die "Wahrheit" der Vergangenheit. Höchstens belegt sie die Vorstellungskraft(!) von Menschen zu jener Zeit. Erklärungsmodelle der Welt, die von Menschen ausgedacht wurden, die keinen Zugang zu moderner Forschung hatten. Primitive Vorstellungen. Das diametrale Gegenteil von "göttlichen Wahrheiten".
>> Derzeit ist er auf der Suche nach Sponsoren für den Turmbau zu Babel. <<
SPOILER: Gott findet das nicht toll. Laut Ken Hams Quelle der Wahrheit und Historizität der Weltgeschichte, hat Gott den Versuch eines Turmes nicht besonders geschätzt und stattdessen - wie es sich für einen zornigen und eifersüchtigen Gott gehört - die Menscheit für diesen Versuch bestraft. Bis zum heutigen Tag. Zumindest hat es auch was Gutes gehabt, denn der Beruf des Dolmetschers wäre ohne Gottes großzügiges Eingreifen beim Turmbau womöglich nie möglich gewesen :)