Im Wiener "Spital der Barmherzigen Brüder" wurde einer Patientin das Legen einer verhütenden Spirale verweigert. Zur Begründung wurde der Patienten mitgeteilt, dass aus religiösen Gründen keine Maßnahmen zur Schwangerschaftsverhütung vorgenommen werde.
Die Patientin erhielt im Spital der Barmherzigen Brüder eine Kürettage und erbat zeitgleich das Legen einer Kupfer-Spirale. Zuvor hatte sie bereits vier Schwangerschaftsabbrüche (nach Anwendung unzureichender Verhütungsmethoden) vornehmen lassen.
Mit der hochwirksamen Spirale wollte sie weitere Schwangerschaften verhindern. Im Rahmen einer Kürettage ist das Legen einer Spirale schmerzfrei, unkompliziert und wird deshalb häufig gemacht.
In voller Kenntnis der bisherigen Schwangerschaftsabbrüche verweigerte das Spital den Wunsch der Patientin. Die Begründung des Primars: "Wir dürfen in einem geistlichen Spital keine Spirale legen".
Unfassbar findet das Dr. Christian Fiala vom Gynmed Ambulatorium: "Wie kann es sein, dass Ordensspitäler einer Patientin diese wichtige und sinnvolle medizinische Maßnahme aus religiösen Gründen verweigern? Noch dazu, wo Ordensspitäler in vielen Regionen Österreichs Versorgungsmonopolisten sind und jährlich rd. 1,8 Mrd. Euro von der öffentlichen Hand erhalten. Es ist ein typischer Fall von Doppelmoral, wenn sich die Kirche über Abtreibungen empört und gleichzeitig wirksame Verhütung vorenthält."
Fiala fordert ein Eingreifen des Gesetzgebers bzw. des Sozialversicherungsträgers. "Religiöse Ideologie darf nicht vor medizinischer Therapie stehen, das ist unterlassene Hilfeleistung."
Parallelen mit Kölner Fall – Vergewaltigte Frau wird von Ordensspital abgewiesen
Der Fall weist Parallelen mit dem Skandal von Köln 2013 auf, als eine Frau mit Verdacht auf Vergewaltigung von der Rettung in ein nahe liegendes Ordensspital gebracht wurde. Dieses verweigerte jedoch eine gynäkologische Untersuchung, um nicht die Pille danach verabreichen zu müssen.
Ordensspitäler lehnen nicht nur Schwangerschaftsabbrüche ab, sondern auch Verhütungsmaßnahmen, obwohl sie aus öffentlichen Mitteln finanziert werden und einen öffentlichen Versorgungsauftrag allen Patienten gegenüber zu erfüllen haben. Damals lehnte auch ein weiteres Ordensspital in Deutschland die Behandlung der Frau ab. Der Fall löste eine Welle der Empörung in Westeuropa aus.
21 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Na ja, das war doch schließlich das "Spital der armherzigen Brüder" - oder habe ich da was falsch verstanden..?
Ursula Hollwedel am Permanenter Link
Kirchliche Krankenhäuser am Besten grundsätzlich boykottieren. Im geschilderten Fall wäre zu prüfen, ob nicht eine Klage wegen unterlassener Hilfeleistung die "barmherzigen Brüder" zur Vernunft bringt.
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Ja, wenn das so leicht möglich wäre! Die kirchlichen Krankenhäuser und Pflegeheime sind zu sehr im österreichischen Gesundheitswesen integriert. Es ist ähnlich wie im Schul- und Erziehungsbereich.
Dieter Bauer am Permanenter Link
Was verstehen armherzige (oder gar warmherzige) Brüder schon von normaler menschlicher Lebensführung, wo sie sich doch nur dem imaginären Seelenheil verschrieben haben?
Kay Krause am Permanenter Link
Ja, ich glaube schon: das muß wohl eher "Spital der kaltherzigen Brüder" heißen.
Ich kann nur hoffen, dass ich diesen bigotten Brüdern nie in die Hände gerate!
Paul am Permanenter Link
Wer Hilfe verweigert gehört zur Verantwortung gezogen und vor allem die Lizenz entzogen.
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Solche Sprüche regen mich auf. Wo ist Ihr Begehgren in der österreichischen Rechtsordnung verankert?
Paul am Permanenter Link
Dies gibt meine persönliche Meinung wieder, wie es nun halt mal so ist, aber so gesehen, wo steht in der österreichischen Rechtsordnung, dass es erlaubt ist, kleine Kinder zu taufen und somit zwangsweise zu missionier
Was würde passieren, wenn Sie als Privatier einen Verletzte auf der Straße finden und ihn liegen lassen?
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Im Staatsgrundgesetz und seinen Ausführungsbestimmungen.
Paul am Permanenter Link
Also die Sache mit der staatlichen Zwangsmissionierung von Kleinkindern finden Sie in Ordnung, wenn den Kindern mit ewigen Höllenstrafen gedroht wird, wenn sie Dies tun oder unterlassen?
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Sie haben mich nicht gefragt, was ich für in Ordnung finde, sondern wie die Rechtslage ist. Warum sind Sie so aggresiv zu mir?
Paul am Permanenter Link
----"Solche Sprüche regen mich auf. Wo ist Ihr Begehren in der österreichischen Rechtsordnung verankert?"-----
Dies war ihr erster Kommentar auf meine Äußerung zu den "Erbarmungswürdigen Brüdern", sollte eine Grundaggression im Felde sein, wurde diese von Ihnen gesät----
Einerseits nehmen Sie die Tradition der heiligen Unvernunft in Schutz, anderseits haben Sie in Ihre Patientenverfügung so gestaltet, es tunlichst zu vermeiden, in die Fänge der Schmerzverlängerer zu geraten, da verstehe ich Sie nicht ganz?
Vielleicht ist es Ihnen aufgefallen, einige der hier verfassten Kommentare, etwas tiefer in der Formulierung ansetzen, aber noch weitaus höher stehen, als es die Verteidiger des christliche Abendlandes auf dem ehemaligen Kreuznet-Portal "formulierten".
Jede Tradition kann irgendwann zu Ende sein und manche sollte beendet werden, zum Schutz der Menschen.
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Ja, mich regen solche Kommentare auf, weil sie gedankenlos und nutzlos sind.
Paul am Permanenter Link
Ich kann mich nur nochmal wiederholen, ob nutzlos in Ihren Augen, werde ich mich trotzdem äußern, als Zwangsgetaufter werde ich das bekämpfen, was mir mein Leben "zerstört" hat.
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Reißen Sie sich am Riemen und unterstellen Sie mir nicht etwas, was ich nie gesagt oder geäußert habe.
Paul am Permanenter Link
Nachdem ich gerätselt habe, was eigentlich Ihr Standpunkt ist, bin ich auf den "Atheistischen Katholiken" gestoßen, Sie wollen doch nicht tatsächlich eine Querverbindung, zwischen Katholizismus und Atheismus
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Wenn Sie wirklich an meiner Einstellung zur Religion und an meinem religiösen Werdegang interessiert sind, bitte ich Sie, meinen Blog „Atheistischer Katholik“
http://lakathdraka.blogspot.co.at/
Ein zusätzlicher Grund, warum ich in dieser Ausführlichkeit Ihren Beitrag behandle, ist, dass ich auf ihn aus gegebenen Anlässen verweisen und mir somit viele Leerläufe ersparen werde.
Olaf Sander am Permanenter Link
Es ist genau diese Barmherzigkeit, die mich vor diesen Brüdern (und Schwestern) schaudern lässt.
Kann man die nicht verklagen?
Im Übrigen muss ich immer an "Mutter" Theresa denken, wenn ich das Wort barmherzig höre. Die war so barmherzig, dass sie sogar den Sterbenden bei größten Schmerzen Medizin gegen die Schmerzen verweigerte. Weil sie so viel näher bei Gott seien (oder so ähnlich).
Ich kann gar nicht so viel Speichel produzieren, wie ich ihn diesen Heiligen vor lauter Verachtung vor den Sockel spucken möchte.
Noncredist am Permanenter Link
>> Es ist ein typischer Fall von Doppelmoral, wenn sich die Kirche über Abtreibungen empört und gleichzeitig wirksame Verhütung vorenthält. <<
Hier muss ich eine Lanze für die Kirche kaputt machen. Es ist ein typischer Fall von christlicher(!) Doppelmoral. Und zwar auf christlicher Ebene, weniger die der Kirche (allein). Wenn CHRISTEN sich "unmoralisch" verhalten und Sex nur zum "Spaß" haben, dann geschieht ihnen dies zu recht! Wer keine Kinder haben möchte, der sollte auch diese Handlungen NICHT ausüben. Dies ist die Meinung des Christentums, vorgetragen durch die besten Christentumsversteher der Welt - den Berufschristen. Sie studieren Tag und Nacht um die "Wahrheit" zu erkennen: Sex führt zu Kinder. Also gibt's Sex nur dann, wenn man auch Kinder haben will. Alles andere ist "irdische Lust", und diese gilt es zu unterdrücken. Diese Sexlust-Sünde ist böse. Bäh-bäh!
Christen bezahlen Berufschristen für ihre Arbeit. Wenn Christen nicht(!) mit ihrer Arbeit zufrieden sind, so sollten sie auch dies klar vortragen. Raus aus dem Verein! Laut gegen diese Selektivmedizin auf Basis einer "spirituellen Erkenntnis" werden. Klar machen, dass man lieber 5 Euro mehr Steuer zahlen würde - für eine VOLLVERSORGUNG - als weiter solch ein Monopol auf "moralischer Medizin" zu unterstützen.
Aber dies bleibt wohl ein Wunschtraum. Auch weiterhin wird man den Glaubensinstitutionen die Stange halten und z.Bsp. beim Papst jubeln. Nur um sich dann - wenn man selbst betroffen sein sollte - über die Einschränkungen zu ärgern ;)
Dr. Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Wundert mich nicht.
Auf Grund der jedem zustehenden Gewissensfreiheit, können Spitäler, Pflegeheime, Ärzteschaft usw. zu keiner Handlung gezwungen werden, die ihnen ihr Gewissen verbietet.
Die Sache geht jedoch noch weiter. Aufgrund des Stimmverhaltens von ÖVP und FPÖ dürfen in Vorarlberger und Tiroler Landeskrankenhäuser keine Abtreibungen durchgeführt werden. In Burgenland ist die Situation noch grotesker. Dort gibt es auch keine Privatspitäler, ja nicht einmal Ärzte, die bereit sind (die es wagen), Abtreibungen durchzuführen.
Die Gewissensfreiheit hat somit zwei Seiten. Man kann bestimmte Behandlungen aus Gewissensgründen verweigern, aber das Gewissen derer, die solche Dienste in Anspruch nehmen wollen, haben keinen Anspruch auf Hilfeleistungen. Die diesbezüglichen Details werden durch die Landesgesetze geregelt. Und dann heißt es, dass alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich sind. Selber schuld, wenn du in einem falschen Bundesland lebst!
Ich verstehe die Problematik. Wir treffern auf sie auch beim assistierten Suizid. Da wird von der Möglichkeit gesprochen, sich in wirklich berücksichtigungswürdigen Fällen auf den übergesetzlichen Notstand zu berufen. Auch Richter haben ein Gewissen. Was bei dem einen als berücksichtigungswürdig erscheint, kann der andere als schuldhaft beurteilen.
Ich will hier nicht politisieren, aber aufzeigen, wie dringend die Trennung nicht nur von Kirche und Staat, sondern auch von Staat und Ideologien ist. Auch diese kochen gerne ihr Süppchen.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Die Wiener Ärztekammer hat inzwischen klargestellt, dass das Vorgehen des Spitals erstens korrekt und zweitens ganz im Sinne der Patientin war.
Für weitere Informationen: