Anlässlich des siebten Jahrestages des Inkrafttretens des sog. Patientenverfügungs-Gesetzes (§ 1901 a Bürgerliches Gesetzbuch BGB vom 1. September 2009) betont DGHS-Präsidentin Elke Baezner die Bedeutung dieser Gesetzesänderung für das Selbstbestimmungsrecht des Menschen bis zum Lebensende.
Absatz 1 formuliert unmissverständlich: "Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungs-Unfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlung oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituationen zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen." Die DGHS hatte seit Jahren gegen heftigsten Widerstand konservativer Kreise auf eine solche gesetzlich garantierte Bindungswirkung von schriftlichen Willensbekundungen hingearbeitet. Inzwischen hat allein bei den über 60-Jährigen bereits jeder Zweite eine Patientenverfügung verfasst.
In jüngster Zeit sorgte eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 6. Juli 2016, dass Patientenverfügungen "konkret genug" sein müssten, um beachtet zu werden, für Verunsicherung. Baezner: "Nach wie vor ist eine gut und präzise formulierte Patientenverfügung die beste Gewähr für ein selbstbestimmtes Sterben. Die von der DGHS Ende 2011 überarbeiteten Formulare unserer Patientenschutz- und Vorsorgemappe erfüllen die Vorgaben des Gerichts. Aber: Ältere Verfügungen sollten unbedingt geprüft und aktualisiert, ggf. neu geschrieben werden. Mehr als 60 regionale DGHS-Ansprechpartner/-innen helfen unseren Mitgliedern kostenlos dabei."
Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) e. V. empfiehlt dringend, zusätzlich zur Patientenverfügung rechtzeitig einer Vertrauensperson, z. B. einem nahen Angehörigen, zugleich eine Vorsorge-Vollmacht auszustellen. Wer keine Vertrauensperson weiß, kann eine neue Mitglieder-Leistung der DGHS nutzen. In einer Bevollmächtigten-Börse werden gut geschulte Freiwillige in Wohnortnähe mit Suchenden zusammengebracht.
Mittlerweile haben einige BGH-Urteile die Bindungswirkung von Patientenverfügungen präzisiert. So ist z. B. ein Behandlungsabbruch für den Arzt straffrei, sofern das Vorgehen dem verfügten oder dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht (BGH-Urteil 2 StR 454/09 vom 25.6.2010). "Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten", stellt schon das Gesetz vom 1.September 2009, § 1901a, Abs.2 fest. Eine Neu-Interpretation, die zum Ziel hat, die Willensäußerungen eines Sterbewilligen wieder einzuschränken, so Baezner, ist nicht hinzunehmen.
1 Kommentar
Kommentare
little Louis am Permanenter Link
Ich besuchte vor wenigen Tagen eine Veranstaltung einer größeren (evangelischen) diakonischen Einrichtung an meinem Wohnort.
1.
Eine universitäre Ethikerin (Gesch.u.Ethik der Medizin) bezweifelte offen, dass evidenzbasierte (randomisierte u. anonysierte Studien) im Interesse von Patienten sein könnten und sprach sich dagegen aus. Es gäbe ja auch noch die "weichere" Medizin.
2.
Eine Betreuerin und Aktivistin gab kund, dass sie jede Betreuungsverfügung grundsätzlich im Sinne ihrer (religiös- humanen) Privatethik interpretieren würde bzw. bei Nichtübereinstimmung sich nicht an diese halten würde. Grundsätzlich hielt sie solche Verfügungen für unethisch, da der Verfügende eventuell sich später ändernde Umstände zu seinen eventuellen Ungunsten nicht mehr (rational) bewerten könne und er deswegen keine Möglichkeit zur Rücknahme mehr habe.
3.
Eine SPD- Abgeordnete und bekennend evangelisch-Gläubige forderte zu Lobbyismus durch Zuschriften zur Unterstützung der Positionen ihrer (evangelischen) Teilfraktion im Bundestag auf.
Sie persönlich würde alle Zuschriften an Sie, die nicht ihrer Position entsprechen, sofort in den Papierkorb aussortieren und sich nur um die "positiven" weiter kümmern. (Ihr Zusatzkommentar:"So, jetzt wissen Sie, wo ich stehe")
Der die Veranstaltung moderierende Pfarrer der Einrichtung nannnte anschließend den Auftritt der Politerin auf seiner Veranstaltung euphemisch "eine Sternstunde der Demokratie".
Ich hingegen kam mir zeitweise eher vor wie auf einem Sternmarsch der Zeugen Jehovas.