Die Nachricht, dass die irische Polizei gegen den britischen Autor und Schauspieler Stephen Fry wegen Blasphemie ermittelt, wurde weltweit mit Überraschung zur Kenntnis genommen. Nun teilte die Polizei mit, dass die Ermittlungen eingestellt wurden.
Wegen seiner Äußerungen über Gott in einem zwei Jahre alten Interview des irischen Fernsehsenders RTÉ One wurde der bekennende Atheist Fry wegen Blasphemie angezeigt. Das berichtete die irische Ausgabe der Zeitung The Independent am Wochenende. In den Sozialen Medien wurde die Nachricht weltweit mit Empörung und Unverständnis aufgenommen.
Laut Independent vom Montag hat die irische Polizei die Ermittlungen nun eingestellt. Der Grund: Es fand sich schlicht keine nennenswerte Anzahl an Personen, die sich über Frys Bemerkungen empört hätten. Nach dem irischen Defamation Act (Beleidigungs-Gesetz) von 2009 macht sich schuldig, "wer etwas veröffentlicht oder äußert, das extrem ausfallend oder beleidigend gegenüber Dingen ist, die von irgendeiner Religion als heilig betrachtet werden, und hierdurch Empörung bei einer beträchtlichen Menge der Angehörigen dieser Religion hervorruft". Den Behörden lag jedoch nur eine einzige Anzeige vor. Doch sogar der Anzeigensteller fühlte sich von Frys Bemerkungen nicht persönlich getroffen - er hielt es lediglich für seine staatsbürgerliche Pflicht, Fry anzuzeigen, da dieser in seinen Augen gegen geltendes Recht verstoßen hatte.
Michael Nugent, Vorsitzender der irischen Atheisten-Vereinigung Atheist Ireland, hält den Grund, den die Polizei für die Einstellung der Ermittlungen genannt hat, für gefährlich.
"Es ist ein Anreiz, dass Menschen Empörung zeigen, wenn sie etwas sehen oder hören, von dem sie glauben, dass es blasphemisch ist. (...) Wir haben bereits auf der ganzen Welt gesehen, was passieren kann, wenn eine große Zahl von Menschen ihre Empörung über Cartoons zeigt, die sie für blasphemisch halten."
Obwohl die Blasphemie-Emittlungen gegen Stephen Fry nur von kurzer Dauer waren, hatten sie doch wenigstens einen erstaunlichen Effekt. Durch die Berichterstattung über die Affäre wurde der neuseeländische Premierminister Bill English darauf aufmerksam, dass es auch in seinem Land noch ein Blasphemiegesetz gibt. "Das könnten wir abschaffen", erklärte er hierzu am Montag.
8 Kommentare
Kommentare
Klemens am Permanenter Link
Vor ein paar Jahren war ich als Rucksackpilger in den österreichischen Bergen unterwegs. Ich wollte eines Abends, in einer offenstehenden Bergkapelle übernachten.
Thomas Reutner am Permanenter Link
Blasphemiegesetze bedeuten nichts anderes als, dass wenn sich genügend Leute über eine Äußerung oder Handlung aufregen, auf den Straßen randalieren und Morddrohungen aussprechen, derjenige, der Anlaß für diese Aufregu
Ein Stück weit macht das sogar Sinn. Wer anderen im Straßenverkehr den Stinkefinger zeigt, kann mit einem saftigen Bußgeld rechnen. Nicht weil er beleidigt hat, sondern weil diese Beleidigung dazu geeignet ist Aggressionen hervorzurufen, welche der Sicherheit im Straßenverkehr abträglich sind. (Oberstes Gebot im Straßenverkehr = Rücksichtnahme.)
Aber mit Bezug auf das Blasphemiegesetzt bedeutet das, dass die Gruppe der religiösen Menschen eine potentielle Gefahr für Sicherheit und Ordnung darstellt, sobald diese emotional erregt sind. Es wird impliziert, dass Religiöse generell zu unfriedlichen Mitteln greifen, sobald ihnen eine Kritik entgegengebracht wird. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine berechtigte oder unberechtigte Kritik handelt.
Genau genommen stellt das Blasphemiegesetz eine Diskriminierung Religiöser dar.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Könnten wir auch hier in D abschaffen."
Verlautete so aber nicht aus Berlin; dort ist's todernster.
Helga Baumann am Permanenter Link
Ich hätte doch gerne erfahren, wie der Text, der den Anstoß zur Beschwerde gebracht hat, lautete.
Frank Nicolai am Permanenter Link
Das ist ausführlich zitiert in dem ersten Artikel zum Thema: https://hpd.de/artikel/stephen-fry-anzeige-wegen-blasphemie-14390
Kay Krause am Permanenter Link
Bleiben wir nur mal bei Irrland: dort haben sich über Jahrzehnte Protestanten und Katholiken gegenseitig die Köpfe eingeschlagen, weil jede der beiden Parteien Machtansprüche hatte, weil jede der beiden Parteien der M
Mittelalter läßt herzlich grüßen! Eine irre Welt, in der wir zu leben gezwungen sind! Wenn man sich nicht jedes Jahr wieder über die Frühjahrsblüte freuen könnte, wenn's um uns herum letztlich nicht doch ein paar vernünftige Menschen geben würde, mit denen man - bei aller Verschiedenheit - friedlich und mit gegenseitigem Respekt zusammenleben könnte, es wäre nicht zum Aushalten!
H. Dettinger am Permanenter Link
Blasphemiegesetze gehören abgeschafft. Aus (mindestens) zwei unmittelbar einleuchtenden Gründen:
2. Seit dem Anfang der monotheistischen Religionen wird versucht, den "richtigen Gott" mit Hauen und Stechen, Blut, Schweiß und Tränen durchzusetzen. Sollte jetzt mal langsam gut sein!
Klaus Bernd am Permanenter Link
Atheist Ireland hat recht, die Einstellung des Verfahrens zu bedauern.
1. Warum ist die Klerisei an einer Verfolgung nicht interessiert ?
Heißt es doch in der Heiligen Schrift in Ex 22,27 EU im Kontext der Gebotssammlung des Buches Exodus (Ex 20–24): „Du sollst Gott nicht verächtlich machen und den Fürsten deines Volkes nicht verfluchen.“ (Quelle. Wikipedia)
2. Warum löst es unter Gläubigen offenbar gar keine Empörung aus, wenn Gott als Monster bezeichnet wird ?
Ich versuche mal eine Antwort: Weil den Gläubigen diese Ansicht bis in die höchsten Hierarchiestufen der Kirchen durchaus plausibel ist. Sie finden keine Lösungen auf das von Fry an drastischen Beispielen aufgezeigte Theodizee-Problem. Ist es nicht blanker Zynismus der Berufsgläubigen, wenn dem entgegen gehehalten wird „Gott ist die Liebe“ oder „der Name Gottes ist Barmherzigkeit“ ?
Man könnte diesen, und auch den deutschen, Blasphemieparagraphen leicht ad absurdum führen, indem man eine Kirche Satans gründet, wie in den USA geschehen. Oder eine Kirche des nicht existierenden Gottes. Damit dreht man den Spiess um, erklärt für „heilig“, was anderen „unheilig“ ist.
Man kann sich in seinem Selbstwertgefühl – was durchaus auch religös sein kann – verletzt fühlen, wenn einem „Respekt“ abverlangt wird für die Unmengen von verheiligten Dingen, Texten, Orten, Personen … Man denke nur aus aktuellem Anlass an die vielen Vorhäute Jesu, an Fatima, das Turiner Grabtuch oder den „Heiligen Vater“.
Sollten die Kirchen nicht ehrlicherweise dafür kämpfen, den Originaltext aus der „Heiligen Schrift“ in die Strafgesetzbücher aufzunehmen : „Wer den Namen des Herrn schmäht, wird mit dem Tod bestraft; die ganze Gemeinde soll ihn steinigen. Der Fremde muss ebenso wie der Einheimische getötet werden, wenn er den Gottesnamen schmäht.“
– Lev 24,16 EU
Ist eine lächerliche Geldstrafe von maximal 25.000 € nicht „extrem ausfallend oder beleidigend“ gegenüber dieser „heiligen“ Vorschrift ?