Der Landeshauptausschuss des Bundes für Geistesfreiheit Bayern (KdöR) hielt am Sonntag in Ingolstadt seine Frühjahrssitzung ab. Neben organisatorischen Fragen stand auch das kirchliche Arbeitsrecht im besonderen Fokus der Vereinigung der Konfessionsfreien.
Seit August 2006 gilt das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG). Es verbietet die Diskriminierung unter anderem auch wegen der Religion oder Weltanschauung. Im § 9 läßt das Gesetz den Religionsgemeinschaften eine Hintertür offen, wenn es im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht gerechtfertigt erscheint, den richtigen Glauben als besondere berufliche Anforderung zu definieren. Diese Hintertüre haben die beiden christlichen Großkirchen gleich zum Scheunentor ausgebaut und alle Firmen wie Caritas und Diakonie zu Tendenzbetrieben gemacht.
Damit verstoßen die Religionsgemeinschaften in ihren Krankenhäusern, Rettungsdiensten, Kindergärten gegen das AGG, wenn sie von den Beschäftigten den richtigen Glauben verlangen. Und dass die Nächstenliebe weiterhin auf die eigene Religionsgemeinschaft beschränkt bleibt, dafür liefert die evangelische Landeskirche in Bayern jetzt ein interessantes Beispiel.
So reicht eine Mitgliedschaft bei einer anderen Konfession aus der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) nur dann, wenn sie "deutliche besser für eine Stelle qualifiziert ist". Für den Vorsitzenden des BfG Bayern, Erwin Schmid, steht damit fest, daß die Diskriminierung Andersdenkender als Grundsatz beibehalten bleibt. Er fordert vom Gesetzgeber, den § 9 des AGG dahingehend zu präzisieren, daß die Mitgliedschaft in einer Kirche nur noch dann bei der Stellenbesetzung zu berücksichtigen ist, wenn es sich um Menschen mit direktem Verkündungsauftrag oder Ordensleute handelt. Schließlich gebe es keine katholische oder evangelische Hüftoperation.
Der Beschluss der evangelischen Landeskirche, ab 01.07.2017 auch zurückhaltend Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzustellen, die keiner christlichen Kirche als Mitglied angehören, bedeutet keine Abkehr von der Diskriminierung von Nichtchristen. Sie ist ausschließlich dem Arbeitsmarkt geschuldet. Dort wo mehr als 40% der Bevölkerung keine Mitglieder der Kirchen sind, können Arbeitsplätze im Pflegebereich, bei Erzieherinnen und Sozialarbeitern nicht mehr besetzt werden.
"Nun zwingt der Arbeitsmarkt der evangelischen Landeskirche in Bayern die Notwendigkeit auf, ihre Nächstenliebe auch auf Nichtchristen auszudehnen" schlussfolgert Erwin Schmid in einer Stellungnahme seiner Organisation.
6 Kommentare
Kommentare
Bruder Spaghettus am Permanenter Link
Solche Verhältnisse haben wir im Osten schon lange. Die Kirchen könnte sämtlicher ihrer Einrichtungen zu machen, würden sie wirklich nur Gläubige einstellen.
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Tut gut, klare Ansagen aus Bayern zu hören. Wir wollen als Menschen akzeptiert werden, denn Atheisten und Agnostiker sind Menschen und nicht Ungläubige, Gottlose oder sonstwie Defizitäre.
Thomas B. Reichert am Permanenter Link
Die Kirchen (Sozialkonstrukte) sind nichts anderes als verlogene Konstrukte: Glaubende (Schafe), Mitläufer, teilwissende Mitläufer, Spiritualisten, Hirten ...
Wenn man halt gerade einen Job braucht und das (religiöse) Krankenhaus, Kindergarten ...gerade einen Job anbietet, dann wird einem schon klar gemacht "Trete einfach unserer Kirche bei und ..."
Dass wir diesen Schwachsinn noch im 21. Jahrhundert in Deutschland haben ist eine Schande - eine Schande der Menschheit.
Unsere Ahnen werden nicht glauben, welche Mitläufer die Menschen im Jahre 2017 doch waren ... und alle haben sie mitgemacht, selbst die "Atheisten" spielten mit. Wir waren gefangen in einer ART-Diktatur.
Horst Fetter am Permanenter Link
Wir sollten aber nicht vergessen, dass dieses Religionsprogramm, tief in unseren Genen verankert ist. Vor vielen 100.000 Jahren war es mit Sicherheit für das Überleben unserer Vorfahren von Vorteil.
So einfach abschütteln, können wir das (heute) unsinnige Programm jedoch nicht.
Nur so ganz langsam, gewinnt unser rationaler Verstand gegenüber solchen Ur-alt-Programmen die Überhand.
Auf lange Sicht, wird sich die Vernunft durchsetzten, und die Religion verschwinden.
Horst Fetter
Thomas B. Reichert am Permanenter Link
@Horst
Quark! Natürlich kann man Menschen mit Brimborium, Feste, Rituale, Gemeinschaft, Kunst ... und Kohle locken. Wir (die Menschen) schliessen uns Gemeinschaften an, da wir von dieser profitieren möchten ... und die Kirchen besitzen Milliarden von Gründen - ich meine natürlich die Euros unserer Ahnen.
Bildung, rationaler Verstand, Aufrichtigkeit ... vermisse ich doch sehr.
P.S. 100.000 Jahre - ich schüttel nur noch den Kopf
Noncredist am Permanenter Link
>> So einfach abschütteln, können wir das (heute) unsinnige Programm jedoch nicht. <<
Das Hoffen, das Glauben, an eine transzendente Existenz, DIESES Programm lässt sich nicht so leicht abschütteln. Da stimme ich ihnen zu. Was man hingegen sprichwörtlich in wenigen Tagen ablegen kann, ist die Institution selbst, welche sich dieser archaischen Mechanik zunutze macht.
DAS wir Menschen "an etwas" Glauben, ist tief in uns angelegt. Bei der Flucht vor Fressfeinden war es ziemlich hinderlich, jedes Rascheln im Busch und jede Schlucht milimetergenau zu untersuchen, um mit dem Wissen möglicherweise zukünftige Entscheidungen besser treffen zu können. Die meisten zu jener Zeit wurden gefressen und hatten kaum Zeit, ihr Wissen an die nächste Generation zu vermitteln.
An WAS wir glauben, ist hingegen NICHT verankert. Sie sind sehr primitive Vorstellungen und Hoffnungen von Menschen, welche von Über-Menschen befriedigt werden. Wir sehnen uns nach einer Gerechtigkeit? Wir sehnen uns nach einem Sieg im Fußball/Krieg/Familienplanung/... ? Dann erschaffen wir uns Wesen NACH UNSEREM VORBILD, welche jedoch keine Beschränkung beinhaltet. Ein UNSTERBLICHES Wesen sorgt für die perfekte GERECHTIGKEIT und VERHILFT natürlich der eigenen Gesellschaft ZUM SIEG.
Diese Form der "Über-Menschen" ist so vielfälitig wie Sand am Meer. Entweder sind es griechische, römische oder chinesische Götter, oder es sind Aliens, welche uns retten werden bzw. die perfekte Gerechtigkeit, den Weltfrieden, Energieproblele lösen usw.
DIES können wir in absehbarer Zeit ersetzen oder gar komplett entfernen. Es kommt nur darauf an, ob man die "Sehnsuchtsbedürfnisse" durch andere Lösungslieferanten besser ersetzen kann. Sowas war der Grund, weshalb der Kommunismus und der Sozialismus so wehement und mit größtmöglicher Macht bekämpft wurde. Dabei gingen die "Christus"-Anbieter von Sehnsuchtslösungen gar den Weg der Kooperation mit Diktaturen. Hauptsache, sie werden als "Anbieter" nicht unter dem Teppich gekehrt, weil andere "Anbieter" ihnen die Kundschaft wegschnappt :)
Sorry, war komplett OT.
Zurück zum Thema: Natürlich möchten diese Diskriminierer ihr Recht auf Diskriminierung, was als Differenzierungskraft dient, nicht nehmen. Man muss "aus Tradition" weiterhin Nichtgläubige als 2. Klasse Menschen ansehen. Nichtraucher werden ja auch als ... nein ... sie sind ja nicht so "militant" unterwegs wie wir und sprengen sich für den sprichwörtlichen Nichtglauben in die Luft ;)
Wenn es aber um den Mammon geht, werden auch die strenggläubigsten Berufschristen schwach und sehnen sich nach den Geldscheinen.
Ein gewisser Wanderprediger sagte mal, dass man seinen gesamten Besitz verkaufen und das Geld unter den Armen verteilen müsse, um im Himmelreich so "richtig" belohnt zu werden. Weshalb es notwendig sei, in einer mehr oder weniger pluralistisch-säkularen Gesellschaft auf solche geldbringende Götterprivilegien zu setzen, ist leider nie dargelegt worden. Weshalb auch. Seit wann rennen Berufsgläubige in Kirchen rum und setzen sich für eine Auflösung ihrer Privilegien ein ;) Man will ja auch in Zukunft das gottgegebene Recht auf Diskriminierung besitzen. Wie sonst soll man die gesegnete Elite von den ungebildeten Unglaubsschafen trennen können? :)