Guatemala

Humanistische Werbung von Kirche zensiert

Eine Werbeaktion guatemaltekischer Humanisten stieß auf Kritik der Kirche. Eine katholische Einrichtung verlangte die Abnahme eines der humanistischen Werbeplakate – und verhalf der Werbekampagne so ungewollt zu noch größerer Bekanntheit.

Bereits Ende letzten Monats hatten die Humanistas Guatemala mit ihrer Plakatkampagne begonnen. Über eine professionelle Werbeagentur hatten sie auf regulären Reklamewänden große Plakate anbringen lassen. Die Plakate enthalten eine einfache Botschaft, in schwarzer Schrift auf weißem Grund ist dort zu lesen:

"No necesitas un dios o una religión para ser buena persona. Si lo sabes, no estás solo."

(Man braucht keinen Gott oder eine Religion, um ein guter Mensch zu sein. Wenn Sie dem zustimmen, sind Sie nicht allein.)

"Guatemala ist im Prinzip ein säkularer Staat, in dem die Religionsfreiheit respektiert werden muss", so die Humanistas Guatemala laut der International Humanist and Ethical Union (IHEU). "Allerdings gibt es einige große, vorherrschende Religionen, die permanent versuchen, ihre ethische und moralische Sicht der Welt jedem aufzudrängen und ihnen vorzuschreiben, was sie zu tun und zu denken haben." Gemeint sind hierbei vor allem die verschiedenen Spielarten des Christentums, das mit der europäischen Kolonialherrschaft ins Land kam. 2012 waren 47,6% der Guatemalteken Katholiken, 38,2% zumeist evangelikale Protestanten. 

Mit der Werbekampagne habe man auf die traurige Realität der religiösen Einflussnahme auf die Gesellschaft aufmerksam machen wollen, so die Humanistas Guatemala. Vor allem jedoch wolle man damit Menschen, die sich keiner organisierten Religion zugehörig fühlen – egal ob Gläubige oder Atheisten – zeigen, dass sie nicht allein sind und dass auch viele andere ihre persönlichen Werte nicht aus religiösen Dogmen ableiten.

"Die Botschaft ist ganz einfach: Moralisches Verhalten entsteht durch persönliche Erfahrungen und Überzeugungen, nicht durch Vorschriften, die von übernatürlichen Institutionen diktiert werden. Wir als Humanistas Guatemala freuen uns sehr über die überwältigende positive Aufnahme unserer Werbebotschaft bei unserem Zielpublikum: Nicht-Gläubigen, Humanisten und Gläubigen, die humanistische Werte teilen. Wir sind sehr dankbar für die vielfältigen Bekundungen der Zustimmung und der Solidarität, die wir erhalten haben."

Doch nicht von allen Seiten erhielten die Humanistas Guatemala Zustimmung zu ihrer Aktion. Eine katholische Einrichtung verlangte unter Androhung von juristischen Konsequenzen die sofortige Abnahme des Plakats. Oder genauer: Eines der Plakate, welches sich auf einer Plakatwand befand, die – laut der katholischen Einrichtung – auf ihrem Grund und Boden stehe. Und das obwohl die Plakatwand von der katholischen Einrichtung regulär an die Werbeagentur vermietet wurde.

Um einem möglichen Rechtsstreit aus dem Weg zu gehen, stimmten die Humanistas Guatemala zu, das Plakat abzunehmen. Doch die Humanisten beschlossen, die Angelegenheit nicht einfach auf sich beruhen zu lassen. Sie gingen damit an die Öffentlichkeit und verhalfen ihrer Werbekampagne so zu noch größerer Bekanntheit – auch über die Grenzen Guatemalas hinaus.

Andrew Copson, Präsident der International Humanist and Ethical Union (IHEU) erklärte hierzu:

"Jahrelang hat die katholische Kirche in Lateinamerika – und überall sonst – ihren ererbten Reichtum und ihre tief verankerte Macht genutzt, um ihre Botschaft zu verbreiten. Nun sehen wir, dass sie gewillt ist, ihren weiträumigen Landbesitz zu nutzen, um aktiv humanistische Positionen zu unterdrücken. So wie wir die Sache verstehen, gehört die Werbetafel nicht der katholischen Einrichtung und normalerweise spricht sie sich nicht für die Entfernung von speziellen Werbeinhalten aus. Das Plakat der Humanistas Guatemala hing dort rechtmäßig und war in keiner Weise beleidigend. Wir alle haben das Recht, frei zu denken und unsere Meinung zu sagen – die Religiösen ebenso wie die Nicht-Religiösen. Katholische Institutionen (...) darf nicht erlaubt werden, anderen willkürlich das Recht zu entziehen, ihre Meinung zu sagen und Gleichgesinnte zu suchen."

Die Humanistas Guatemala jedenfalls freuen sich über ihre – nicht zuletzt dank des kirchlichen Beistands – gelungene Werbeaktion:

"Deshalb bleibt uns nicht viel anderes zu tun, als unsere tiefste Dankbarkeit gegenüber dieser katholischen Einrichtung zum Ausdruck zu bringen, weil sie uns geholfen hat, die Reichweite unserer Botschaft zu erhöhen und zu zeigen, dass unsere Aussage, dass es in unserem Land an wahrer religiöser Freiheit mangelt, stimmt."