Der Fehlschluss des Berliner Integrationsbeauftragten

Berlins Integrationsbeauftragter Germershausen kritisiert das Berliner Neutralitätsgesetz. Dem epd gegenüber vertrat er die Auffassung, das Gesetz habe "sich nicht integrationsfördernd ausgewirkt" und müsste deshalb "komplett auf den Prüfstand gestellt werden."

Nach Angaben des Evangelischen Pressedienstes (epd) sieht Germershausen im Integrationsgesetz eine einseitige Benachteiligung von Muslimen; konkreter: Musliminnen. Denn durch das Gesetz werde kopftuchtragenden Frauen der Zugang zu bestimmten Berufen wie Lehrerin, Erzieherin, Polizistin, Staatsanwältin und Richterin verwehrt. Und das wäre, so der Integrationsbeauftragte, "negativ" und "nicht zeitgemäß".

Ein Blick in das Gesetz belehrt jedoch eines Besseren. Heißt es dort doch im Paragrafen 1:

Alle Beschäftigten genießen Glaubens- und Gewissensfreiheit und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses. Keine Beschäftigte und kein Beschäftigter darf wegen ihres oder seines Glaubens oder ihres oder seines weltanschaulichen Bekenntnisses diskriminiert werden. Gleichzeitig ist das Land Berlin zu weltanschaulich-religiöser Neutralität verpflichtet. Deshalb müssen sich Beschäftigte des Landes Berlin in den Bereichen, in denen die Bürgerin oder der Bürger in besonderer Weise dem staatlichen Einfluss unterworfen ist, in ihrem religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis zurückhalten.

Nun sind Frauen, die mittels Kopftuch ihre religiöse Ausrichtung deutlich machen, ganz sicher nicht "ihrem religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis" zurückhaltend. Sondern im Gegenteil tragen sie ihre Religiosität wie eine Fahne vor sich her. Lehrerinnen und Erzieherinnen sollen Kinder zu jungen Staatsbürgern heranziehen und ihnen weder ihre eigene Weltanschauung noch Religion nahebringen. Deshalb war (und ist) dieses Gesetz in Berlin so fortschrittlich, nötig und richtig.

Wenn Berlins Integrationsbeauftragter Germershausen in diesem Gesetz nun vor allem eine Diskrimierung von Frauen erkennt, die einer bestimmten Religion angehören, dann sollte der Gedanke eher dahin gehen, ob und mit welchen Konsequenzen auch Lehrerinnen, die andere religiöse Symbole (Kreuz an der Kette etc.) vorzeigen, zu rechnen haben.

Denn es heißt im Paragrafen 3 des Gesetzes eindeutig:

Lehrkräfte und andere Beschäftigte mit pädagogischem Auftrag in den öffentlichen Schulen nach dem Schulgesetz dürfen innerhalb des Dienstes keine sichtbaren religiösen oder weltanschaulichen Symbole, die für die Betrachterin oder den Betrachter eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft demonstrieren, und keine auffallenden religiös oder weltanschaulich geprägten Kleidungsstücke tragen. …

Für den Integrationsbeauftragten sei klar, dass, wer das Kopftuch von vorneherein verbiete, es "potenziell für gefährlich" erkläre. Das ist selbstredend Unsinn. Denn nicht das Kopftuch ist gefährlich; die damit ausgedrückte Ideologie jedoch kann es sehr wohl sein. Und ein zur Neutralität verpflichteter Staat (Art. 4 GG) hat nun einmal dafür zu sorgen, dass keine Religion bevorzugt werden darf: Das gilt sowohl für die christliche (was hierzulande viel zu häufig vergessen wird) als auch für die muslimische.

Germershausen jedenfalls redet einem Kulturrelativismus das Wort. Und missachtet damit seine Hauptaufgabe, die darin besteht, "die Migrations- und Integrationspolitik des Senats von Berlin mitzugestalten" – denn was er aktuell fordert, dient nicht der Integration sondern im Gegenteil einer vertiefenden Segration.