Das schmale Bändchen ist eine "Sammlung von Zitaten berühmter Atheisten von Xenophon über Sigmund Freud bis hin zu Woody Allen." Nun läßt es sich trefflich darüber streiten, ob jedes der Zitate das beste des ausgewählten Autoren ist; darüber, ob im Kanon nicht etliche Stimmen fehlen. Doch angesichts einer Zeitspanne von fast 3.000 Jahren und nicht einmal 200 Seiten Platz ist die Zitatensammlung gut gelungen.
Ich habe das Buch lange ungelesen liegen lassen. Denn was soll einem Atheisten ein Buch, das den Titel eines weltweit verbreiteten "Heiligen Buches" trägt? Bedeutet doch Atheismus die Ablehnung des Glaubens an Gott.
Als ich es dann aufschlug, las ich als erstes:
"Genügt es nicht zu sehen, dass ein Garten schön ist, ohne dass man auch noch glauben müsste, dass Feen darin wohnen?" (Douglas Adams)
Das ist das letzte Zitat der Sammlung. Und eines, welches den zeitgenössischen Atheismus hervorragend charakterisiert. Die Zeit der bitterbösen (verbalen) Kämpfe zwischen Gläubigen und Ungläubigen sollte – zumal in unserer Weltgegend – nicht mehr notwendig sein. Denn es ist heutzutage klar:
"Die Religion ist ein Märchen für diejenigen, die sich vor der Dunkelheit fürchten." (Stephen Hawking)
Und doch sind einige der Zitate von bedrückender Aktualität. Auch hierzulande, wo es klerikalen Lobbyisten noch immer gelingt, zum Beispiel den Bundestag dazu zu bringen, Gesetze zu verabschieden, die gegen den Willen der große Mehrheit der Bevölkerung gerichtet sind. (Stichwort: Sterbehilfeverhinderungsgesetz)
"Religion ist das, was die Armen davon abhält, die Reichen umzubringen" (Napoleon Bonaparte)
In einer immer komplexer werdenden und kaum noch zu durchschauenden Welt kann man es sich mit dem Glauben an irgendetwas "Außerirdisches" leicht machen. Entweder man hängt Verschwörungstheorien an, die die Welt erklären wollen. Oder aber einer Religion:
"Religion ist die Unfähigkeit des menschlichen Verstandes, Ereignissen ins Gesicht zu sehen, die er nicht versteht." (Karl Marx)
Das wußte schon Lucretius, als er schrieb
"Furcht hat die Götter geschaffen."
Man kann das Büchlein sicherlich von vorn nach hinten – also chronologisch – lesen. Spannender ist es jedoch, mal hier, mal dort eine Seite aufzuschlagen und sich die Zitate zu Gemüte zu führen. Dann wird einem bewußt, dass und wie der Stab der Aufklärung über Generationen von Denkern weitergeben wird. So klingt der Satz von Richard Dawkins wie eine Ergänzung zu Lucretius und Marx:
"Ich bin ein Gegner der Religion. Sie lehrt uns, damit zufrieden zu sein, dass wir die Welt nicht verstehen."
Abschließen möchte ich meine kurze Buchvorstellung mit einem Zitat von Woody Allen, das das Skurrile daran, heute noch an Gott (oder Götter) zu glauben, auf den Punkt bringt:
"Sie glaubt an Gott; aber sie glaubt auch, dass das Radio wegen der winzigen Leute darin funktioniert."
Claude Cueni, Die Bibel der Atheisten, Münster Verlag (Schweiz) 2017, 12,80 Euro (Taschenbuch), 21,00 Euro (gebunden), 24,00 CHF
6 Kommentare
Kommentare
Thomas Waschke am Permanenter Link
Danke für diese Beschreibung. Ich habe mehrfach gezögert, es zu kaufen.
Jetzt habe ich einen Eintrag auf meiner Wunschliste zum Julfest :-)
Hans Trutnau am Permanenter Link
Die Zitate sind sicher ganz nett (ich kenn das Buch nicht).
Aber die 'Bibel' im Titel - ein Köder, damit auch Gläubische mal reinsehen?
Thorsten am Permanenter Link
Das Buch ist aus der Idee zum Roman "Godless Sun"* heraus entstandenen und der Titel darf sicher gern ironisch oder auch provokativ aufgefasst werden.
* "Der 43-jährige Protagonist Mitch ... verfasst ... «Die Bibel der Atheisten», ein Buch über die Geburt des Religiösen, ... und den Versuch des Menschen, den Sinn unseres Lebens zu ergründen. Durch den Erfolg seines Buches ... gerät er in Konflikt mit religiösen Extremisten." Zitiert aus:
https://www.watson.ch/Schweiz/Religion/488479489-12-Bekenntnisse-für-Atheisten
Hans Trutnau am Permanenter Link
Na toll, also "Bibel" ironisch.
Kay Krause am Permanenter Link
Für mich stellt sich die Frage: brauche ich ein Buch, das sich "die Bibel der Atheisten" nennt?und wenn wir denn schon das Wort "Bibel" verwenden müssen, um etwas darzustellen, kann dann nicht einf
Zu diesem realen Lebenhier ein kleines Beispiel,welches vielleicht sogar manchen religiös geprägten Mitbürgerzum Schmunzeln veranlaßt:
Während einer Polen-Reise übernachteten wir bei einer Bekannten in einer schlesischen Kleinstadt. In ihrem Wohnzimmer stand ein kugelförmiges Aquarium mit einem einsamen, darin kreisenden Goldfisch. Nach dem Kaffee stand die Dame vom Frühstückstisch auf, um zur Arbeit zu gehen. Mit Hut und Mantel ging sie noch einmal in's Wohnzimmer, stellte ein kleines Transistorradio neben das Aquarium und schaltete "Radio-Maria" ein(das ist ein kirchentreuer polnischer Sender). Gebete und heilige Lieder ertönten. im Weggehen fragte ich sie provozierend, ob der Goldfisch auch katholisch sei? mit ernster Miene und voller Überzeugung antwortete sie mir: "In Polen sind wir ALLE katholisch, lieber Kay!"ich denke, das reicht zum Schmunzeln? dieser Glaube führt sich doch selbst immer und immer wieder ad absurdum, und keiner merkt's?
c.allyn am Permanenter Link
Aufgeklärte Menschen möchten sicher nicht auch noch durch einen unbedarften Buchtitel ständig an Bibelgläubige und die Folgen erinnert werden.