Soll sie 2020 kandidieren? Die US-Moderatorin wartet auf ein himmlisches Zeichen

Oprah hofft auf Gott-to-go

Soll die TV-Moderatorin Oprah Winfrey 2020 für das Präsidentenamt kandidieren? Sie selber kann es noch nicht sagen, denn sie wartet auf ein Zeichen von Gott.

Was denkt Oprah Winfrey?

Bislang hatte man eher nicht vermutet, dass diese Frage von irgendeinem Interesse wäre. Oprah Winfrey wird eben ein paar Mainstreamgedanken haben, nicht zu schlau, nicht zu dumm, keine krassen Ausreißer dabei. Nichts, was irgendjemanden vor den Kopf stoßen würde. Sie ist als Fernsehmoderatorin reich und berühmt geworden, und in dieser Zeit der totalen Erosion des Politischen ist es auch wenig erstaunlich, dass jemand wie Oprah Winfrey allen Ernstes als Präsidentschaftskandidatin für die nächste Wahl, 2020, gehandelt wird. Der Westerndarsteller Ronald Reagan hat sich zur Wahl gestellt und ist genommen worden und Donald Trump, der als Fernsehstar so eine Art Dieter Bohlen der USA gewesen sein muss, nur ekliger, hat das Kunststück ebenso vollbracht. Warum also sollte nicht Oprah es versuchen, oder Kermit, der Frosch.

Oprah allerdings ziert sich noch, so hat sie es dem People Magazin mitgeteilt. Von sich aus würde sie wohl nicht kandidieren. Eines aber könnte ihre Einstellung ändern: "Ein klares Zeichen von Gott". Und da Oprah jetzt schon, auch im ungewählten Zustand, als Repräsentantin des amerikanischen Volkes begriffen werden kann, sonst wäre sie ja nicht so beliebt, daher ist die Frage von ganz besonderem Interesse: Was ist ein klares Zeichen von Gott, und wie deutet man es richtig? Leider hat der Weltenschöpfer ja, was seine kommunikative Kompetenz angeht, bislang nicht so viel Glück gehabt. Als sie seinen Sohn ans Kreuz hängten, hat es bei ihm gerade mal zu ein bisschen Dunkelheit und unspezifischem Erdbeben in der Gegend gereicht, das ohne gar zu klaren Bezug zum Hinrichtungsberg daherkam. Vielleicht musste er selbst noch überlegen, wieso er jetzt eigentlich wütend sein sollte, wo er doch seinen Sohn einzig zum Hingerichtetwerden auf die Erde geschickt hatte. Oder. Als er an Pfingsten seine Jünger mit dem Heiligen Geist übergoss und sie danach "in Zungen sprachen", spotteten Zeugen hinterher: Sie hätten wohl zu sehr dem Wein zugesprochen. Oder. Marienerscheinungen. Pflegen seit Menschengedenken fernab der Zivilisation und ohne Zeugen stattzufinden. So richtig, richtig deutliche Signale hat Gott eher selten bis nie versandt, außer wenn er echt angefressen war und in seiner Wut ganze Städte vernichtet oder eben die Menschheit gekillt hat. Dann konnt er echt kraftvoll zulangen. Zeichen setzen. Sonst eher nicht. Oft denkt man glatt, er schweige schon sehr lange. Vielleicht hat er ja Probleme mit dem Akku. 

So sind seine Follower also ein bisschen sich selbst überlassen. Fast so, als ob es ihn gar nicht gäbe. Die Wolke da, der Blitzschlag neulich, die Taube am Himmel, das stehengebliebene Kreuz nach dem Brand, das allein überlebte habende Kind nach dem Autounfall, das Toastbrot, das ein bisschen wie Jesus aussieht (wenn Jesus so aussah wie ihn sich Renaissancemaler vorgestellt haben)... So was alles kann Zeichen Gottes sein. Oder auch nicht. Was denn Gott wohl mit dem Jesustoast eigentlich ausdrücken will, und wieso wohl Hunde-Pos oft aussehen wie ein segnender Heiland?

Der Kosmos-Boss unserer aufgeklärten Neuzeit ist ein Gott-to-go, er spricht nicht mehr durch Päpste und Priester zu uns, sondern jeder Gläubige ist auch sein eigener Ausdeuter. Gott wird, wie eine Glücksbringer-App, bei Bedarf aus der Tasche geholt. Wenn man mal ein Problem hat, das nicht nebenbei abgearbeitet werden kann. All seine Sorgen darf man ja auf Gott werfen, er fungiert dann wie ein Virencontainer und hält uns den Nervkram bis auf Weiteres vom Leib. 

Früher hat man das einfach Aberglauben genannt, diese Westentaschenreligion für den Alltagsbedarf. Hier ist Gott gar nicht so der Typ, der strenge Regeln aufstellt und auf ihre Einhaltung pocht, er ist mehr so der situative, pragmatische Typ. Er sitzt in seinem Himmel und überlegt: Hm, ob Oprah es mal als Kandidatin versuchen sollte? Vielleicht ja, vielleicht nein? Gott, woher soll ich denn immer alles wissen! Wahrscheinlich ist er einfach ein bisschen unsicher. Er hat Trump zugelassen, er hat Bush zugelassen, er hat Auschwitz, Hiroshima und den Vietnamkrieg zugelassen. Wieso sollte sein Ratschlag überhaupt irgendeinen Funken von Sinn enthalten? Vermutlich fragt er sich das schon lange selbst, und er findet einfach keine Antwort.