Unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat die Bezirksregierung Arnsberg die Vorführung des Films "Das Leben des Brian" am diesjährigen Karfreitag in der Riffhalle im Bermuda-Dreieck genehmigt. Damit ist das Feiertagsgesetz NRW in seiner zentralen Verbotsbestimmung für stille Feiertage faktisch von der Bezirksregierung aufgehoben worden.
Das Feiertagsgesetz NRW verbietet am Karfreitag "alle der Unterhaltung dienenden Veranstaltungen" und die Aufführung von mehr als 550 Filmen, zu denen auch "Das Leben des Brian" gehört. Die Initiative Religionsfrei im Revier zeigt seit sechs Jahren am Karfreitag diesen Film, um gegen die klerikale Bevormundung durch die Bestimmungen des Feiertagsgesetzes zu demonstrieren. Die Stadt Bochum hatte dies 2014 mit einem Bußgeld geahndet. Die Initiative klagte dagegen durch alle Instanzen und legte schließlich Verfassungsbeschwerde ein.
Das Bundesverfassungsgericht hatte sich vor einer inhaltlichen Entscheidung in dieser Frage gedrückt, indem sie darauf hinwies, dass die Initiative keine Ausnahmegenehmigung zur Vorführung des Filmes beantragt hatte. In der Begründung der Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht allerdings deutlich gemacht, dass das Bußgeld der Stadt Bochum nicht berechtigt ist.
Die Initiative Religionsfrei im Revier stand nun vor dem Dilemma, dass sie grundsätzlich die klerikale Bevormundung an stillen Feiertagen abschaffen will und nicht nur eine Ausnahmegenehmigung erteilt bekommen möchte. Denn nur religiös fundamentalistische Staaten zwingen ihre Bürgerinnen und Bürger, sich den herrschenden religiösen Normen zu unterwerfen. Freiheitliche Gesellschaftsformen erklären religiöse Normen zur Privatsache und bevormunden ihre Bürgerinnen und Bürger nicht mit Strafandrohungen, wenn sie sich der vorherrschenden Religion nicht unterwerfen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte erklärt, dass es eine inhaltliche Befassung mit dem Feiertagsgesetz nur vornehmen will, wenn eine Ausnahmegenehmigung beantragt und abgelehnt würde. Daraufhin hat die Initiative einen Antrag formuliert, mit dem zukünftig alle Unterhaltungsveranstaltung am Karfreitag erlaubt werden müssten, wenn diesem Antrag stattgegeben wird.
Der Antrag wurde von keiner Organisation, sondern von einer Person ohne Funktion gestellt. Die Veranstaltung wurde als "besonders unterhaltsam" beschrieben, die Vorführung des auf dem Index stehenden Films im "Rahmen eines antiklerikalen Kabarettprogramms" angekündigt. Nach Ansicht der Initiative kann man mit einer Veranstaltung kaum weitgehender gegen die Bestimmung des Feiertagsgesetz NRW zu stillen Feiertagen verstoßen.
Die Genehmigung der Veranstaltung am Karfreitag ist nach Ansicht der Initiative Religionsfrei im Revier eine äußerst erfreuliche gesellschaftliche Entwicklung. Ziel muss es nun sein, dass der Umgang der Bezirksregierung mit dem Feiertagsgesetz durch den Gesetzgeber nachvollzogen wird.
Das Feiertagsgesetz NRW enthält bereits eine vorbildliche Formulierung, wie mit religiösen Feiertagen umzugehen ist. Für jüdische Feiertage gilt: "Während der Zeit des Hauptgottesdienstes ist in der Nähe von Synagogen und sonstigen der jüdischen Kultusgemeinde zu gottesdienstlichen Zwecken dienenden Räumen und Gebäuden verboten:
a) alle vermeidbaren, Lärm erregenden Handlungen,
b) öffentliche Versammlungen, Auf- und Umzüge."
Eine gleichlautende Vorschrift für christliche Feiertage und christliche Kultstätten würde das Feiertagsgesetz mit dem Grundgesetz in Einklang bringen. Gläubige Menschen würden nicht in ihrer Andacht gestört und religionsfreie Menschen würden nicht klerikal bevormundet.
Wenn in dem Antrag an die Bezirksregierung von einem antiklerikalen Kabarettpropgramm die Rede ist, dann ist hiermit der Auftritt eines der populärsten österreichischen Kabarettisten gemeint. Gunkl (Günther Paal) aus Wien wird am Karfreitag mit antiklerikalem Schmäh schon vor der Filmaufführung für beste Unterhaltung sorgen. Er reist aus Österreich zu einer Solidaritätsaufführung an. Der Eintritt zu der gesamten Veranstaltung ist wie in den vergangenen Jahren frei.
Das Karfreitagsprogramm im RIFF:
18:00 Uhr Einlass
18:15 Uhr unglaubliche Kurzfilme
19:00 Uhr Darius Rupalla: Science Slam - Wissen rockt
19:30 Uhr Günther "Gunkl" Paal, Wiener Kabarettist mit antiklerikalem Schmäh
20:45 Uhr Monty Python: Das Leben des Brian
12 Kommentare
Kommentare
Rainer am Permanenter Link
"Revier" ist m.W. ein Synonym für das Ruhrgebiet. Dort ist der Anteil muslimisch geprägter Mitbürger vor allem durch zugewanderte Türken, die damaligen "Gastarbeiter", besonders hoch.
Wird "Das Leben des Brian" (Ich liebe diesen Film) auch deren Enkeln anempfohlen?
Was ich damit ausdrücken will: Bisweilen beschleicht mich der kleine Verdacht, der hpd arbeitet sich an einer (christlichen) "Kirche" ab, die - von ihrer Ideologie her betrachtet - barbarisch sein mag, aber eben keinerlei Bedeutung in der Gegenwart mehr hat, sieht man von Marktteilnehmern der Sozialbranche wie Caritas oder Diakonie einmal ab.
Der vor nicht wenigen Jahren noch häufig beim hpd besprochene Karl-Heinz Deschner war mit seiner Kriminalgeschichte des Christentums durchaus noch in der Zeit. Aber der hpd sollte m.E. nicht auf Leichen herumschlagen. Ein anderer Monotheismus hätte da höhere Besprechungsrelevanz. Keine Traute?
Manfred Such am Permanenter Link
Im Kommentar kommt genau das zum Ausdruck, was wir bei RiR vermissen.
Wie wäre es z. B. neben der berechtigten Kritik an der Finanzierung der Kirchentage auch mal die Stimme gegen Frauenbeschneidung, Frauenunterdrückung, Ehrenmorde, Kinder- und Vielehe, Homophobie, Schächten von Tieren oder Ramadan zu erheben? Wie wäre es denn mal bei den "Fressorgien" nach Sonnenuntergang zu Ramadan mit einem Spanferkel am Grill schon vor Sonnenuntergang das "Fest" zu eröffnen? Aber nicht vergessen, sich vorher eine Ausnahmegenehmigung geben zu lassen. Das wäre doch mal ein "Fest", das wir gerne erleben würden, wenn man es überhaupt überleben würde. Am 18. Mai beginnt der Wahnsinn und geht nicht nur über einen Tag wie am Karfreitag.
Axel am Permanenter Link
Mein Leben wird in Deutschland immer noch wesentlich stärker von den christlichen Kirchen gegängelt als von irgendeiner anderen, einschließlich der islamischen Religion, auf die Sie anscheinend anspielen.
Welche Beeinträchtigung erfahren Sie denn in ihrem Leben durch Regelementierungen, die auf den Koran bezug nehmen? Mir fällt keine einzige ein, die mich einschränkt.
Mark Keller am Permanenter Link
Der Wust an bestehenden und weiterhin aktuellen Konkordaten und Staatskirchenverträgen zeigt auf, wo das Problem liegt, wenn es um die konsequente Trennung zwischen Staat und Kirche geht.
Martin Budich am Permanenter Link
Auch wenn es für manche Menschen vielleicht etwas mühsam ist, hier zu differenzieren, der kleine Hinweis, dass die Aktion am Karfreitag sich nicht gegen die Vergehen und Verbrechen des Christentums wendet.
Die Aktion richtet sich gegen das staatliche Feiertagsgesetz, das religlöse Normen auch für das Verhalten von religionsfreien Menschen verbindlich macht.
Viele staatliche Privilegierungen der christlichen Großorganisationen durch den Gesetzgeber sind sicherlich relevanter als die klerikalen Normen im Feiertagsgesetz. Die Perversion des Subsidiaritätsprinzip, die Sonderregelungen im Betriebsverfassungsgesetz oder in der Arbeitsrechtsprechung (Caritas und Diakonie sind hier der richtige Hinweis) stellen einen größeren Skandal da.
Die Aktion gegen das Feiertagsgesetz ist spektakulär und bietet eine gute Möglichkeit, darauf hinzuweisen, wie klerikal unsere Gesellschaft bestimmt ist. Die Aktion macht außerdem noch Spaß. Und das motiviert zu weiterem antiklerikalem Engagement.
Martin Mair am Permanenter Link
Spiele "Take a look ..." schon seit Jahren am Karfreitag auf meiner Fakebook Pinwand. Das sollten alle gemeinsam machen, quasie virtueller Flashmob!
Roland Weber am Permanenter Link
Eine der besten Komödien ...
Thomas B. Reichert am Permanenter Link
Ich kann nur noch ungläubig den Kopf schütteln.
Wir schreiben aktuell das Jahr 2018 und glauben, dass
wir in einer aufgeklärten Welt leben.
logisch konstruierter Aberglauben. Der gutgläubige Mensch möchte
einfach nur Feste, Rituale, Gemeinschaft ... und dann gibt
es noch Schauspieler (Theologen), welche das Volk verdummen, da
sie von dem Blutgeld unserer Ahnen profitieren möchten.
Und die Atheisten sind froh, wenn sie sie eine alte Komödie öffentlich
schauen dürfen. Ich sage nur "KOLLEKTIVER WAHN!"
Heide am Permanenter Link
Ich wage Mal eine Prognose:
In 25 Jahren werden die Kirchen durch ihre Vertreter diese Lockerung hinsichtlich der pluralistischen Entwicklung der Gesellschaft für eine Notwendigkeit erklären, der man nicht im Weg stehen wollte.
In 50 Jahren werden sie behaupten, dass sie sich selbst hinsichtlich der pluralistischen Entwicklung der Gesellschaft massiv für die Lockerungen eingesetzt haben.
Und in 100 Jahren ohne Kirche kein Tanzen...
Wolfgang am Permanenter Link
Der Film "Heidi" steht aber auch noch auf dem Index! Ich möchte ihn aber an Karfreitag sehen! Macht euch bitte stark! Es ist schon ein Kreuz mit dem Kreuz!
Juliana Bernholt am Permanenter Link
Hallo Wolfgang
Der Film "Heidi" lief gestern / Karfeitag von 11 - 12:35 Uhr im MDR.
Yen Chan am Permanenter Link
Was mich ärgert, ist einfach die Respektlosigkeit dem Mitmenschen gegenüber. Selbst alles fordern und den Nächsten und selbst seinen Glauben verteufeln.