In der Schweiz wurde vom Bundesgericht entschieden, dass auch Zeugen Jehovas nur dann operiert werden dürfen, wenn sie zuvor einer Bluttransfusion zustimmen.
Blut ist zweifellos ein kostbarer Körpersaft. Fünf bis sechs Liter der roten Flüssigkeit pulsieren durch unseren Körper. Den Verlust von einem Liter verkraften wir in der Regel. Bei zwei bis drei Litern wird's lebensbedrohlich. Heute rettet die Bluttransfusion viele Leben, vor allem auch bei komplizierten Operationen oder inneren Verletzungen.
Liegt allerdings ein Zeuge Jehovas auf dem Operationstisch, werden die Chirurgen nervös. Die Gläubigen verlangen mit einer schriftlichen Verfügung, dass die Ärzte keine Transfusionen vornehmen dürfen. Also den Patienten sterben lassen müssen, obwohl die lebensrettende Massnahme einfach wäre.
Manche Ärzte sind versucht, heimlich fremdes Blut zu verabreichen. Eine gefährliche Idee, denn ein Krankenhaus-Komitee der Zeugen Jehovas überwacht die Behandlung. Greift der Chirurg zum Mittel der Transfusion, muss er mit einer Strafanzeige und höchstwahrscheinlich einer Verurteilung rechnen. Dabei gehört es zum zentralen Berufsverständnis, alles zu unternehmen, um Leben zu retten.
Einen neuen Weg schlug der Chirurg einer Berner Privatklinik ein. Als ein Zeuge Jehovas sich weigerte, eine Vereinbarung zu unterschreiben, die im Notfall eine Bluttransfusion erlaubt hätte, verweigerte er die Operation.
Damit war der Patient, der sich eine Diskushernie operieren lassen wollte, nicht einverstanden. Der Zeuge Jehovas klagte gegen Unbekannt, indirekt gegen den Arzt. Dabei ging es auch für die Glaubensgemeinschaft um sehr viel, denn wenn das Beispiel des aufmüpfigen Arztes Schule machen würde, wäre es für die Zeugen Jehovas in Zukunft womöglich schwierig, Spitäler zu finden, die das Transfusionsverbot akzeptieren würden.
Die rechtlichen Vorwürfe des abgewiesenen Zeugen Jehovas waren denn auch radikal. Seine Abweisung sei versuchte Nötigung, Widerhandlung gegen das Spitalversorgungsgesetz und Rassendiskriminierung gewesen, monierte er vor Gericht.
Richter ließen sich nicht beirren
Doch die Berner Oberrichter liessen sich nicht beirren und schmetterten die Klage in einem wegweisenden Urteil als unhaltbar ab. Ein Verdikt, das den leitenden Kräften der Zeugen Jehovas nicht gefallen kann. Es stellt ihr Dogma des Transfusionsverbotes grundsätzlich in Frage.
Dieses unerwartete und kapitale Urteil konnte der Kläger nicht stehen lassen. Er zog es an Bundesgericht weiter. Und blitzte unlängst auch dort ab. (Urteil 6B730/2017)
Doch wie kommen die Zeugen Jehovas auf die sonderbare Idee, Bluttransfusionen zu verbieten und den unsinnigen Tod ihrer Glaubensgeschwister in Kauf zu nehmen? Der Schlüssel ist – wie könnte es anders sein – in der Bibel zu suchen.
Bibel als Richtschnur
Dort finden sich mehrere Stellen, die man heranziehen kann, um das Blutverbot zu legitimieren. Eine gute Quelle ist Mose. Gott verbot Noah und seiner Familie, Blut zu sich zu nehmen. Wörtlich: "Ihr sollt kein Fleisch essen, in dem noch das Leben, das Blut, ist."
Die darin enthaltenen Botschaften für die Zeugen Jehovas: Im Blut ist der Sitz des Lebens. Deshalb führt die Bluttransformationen quasi zu einer Vermischung der Persönlichkeit. Als müssten die Zeugen Jehovas befürchten, dass Gott sie beim Jüngsten Gericht nicht richtig einordnen könnte. Und da wir laut Bibel alle von Noah abstammen, gilt das Blutdogma auch für uns heutigen Erdenwandler.
Aus heutiger Sicht ist das Transfusionsverbot aus religiösen Motiven absurd. Die Zeugen Jehovas übersehen, dass die Verfasser des Alten Testamentes von Medizin und Anatomie nur wenig Ahnung hatten.
Ein Beispiel mehr, das zeigt, wie verhängnisvoll es sein kann, wenn Gläubige die Bibel als authentisches Wort Gottes betrachten.
Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Autors von watson.ch.
26 Kommentare
Kommentare
Justsayin am Permanenter Link
Das Zitat: Im Blut ist der Sitz des Lebens. Deshalb führt die Bluttransformationen quasi zu einer Vermischung der Persönlichkeit.
Haben Sie dafür eine Quelle?
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich kann Ihnen gerne eine Quelle liefern:
Z.B. Das Einsichtenbuch, Band 1, Stichwort: Blut, S. 421 ff.: "Da das Blut so eng mit den Lebensfunktionen verbunden ist, sagt Gottes Wort, die Bibel, die Seele sei im Blut." etc.
Es ist bei dieser Wahnvorstellung nur zu verständlich, dass - wenn vermischte "Seelen" in einem Körper sind, der arme Herr Jehova durcheinanderkommt, wenn die Person stirbt und plötzlich zwei Seelen an der Tür klingeln...
Justsayin am Permanenter Link
Hätten Sie den von Ihnen Zitierten Artikel weitergelesen, werden Sie bemerken das die ZJ "Sele" als das Leben selbst sehen und nicht als eine art Geistwesen.
awmrkl am Permanenter Link
Es ist vollkommen wurscht, was die ZJ glauben oder nicht:
Es ist einfach totaler Quatsch.
Justsayin am Permanenter Link
Ein Journalist hat sich an Quellen und an möglichst gesicherte Informationen zu halten. Alles andere ist unseriös. Ob es sich um ZJ oder sonst was handelt ist hier egal.
Brunos am Permanenter Link
Es ist nicht egal, dass hier anscheinend falsche Tatsachen behauptet werden. Diese Taktik haben wir als säkulare Humanisten nicht nötig und sie schadet uns insgesamt gesehen sehr.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Hätten Sie den von Ihnen Zitierten Artikel weitergelesen, werden Sie bemerken das die ZJ "Sele" als das Leben selbst sehen und nicht als eine art Geistwesen.
Ich hatte den von mir zitierten Artikel selbstverständlich weitergelesen, aber auch den über die Seele:
Das Einsichtenbuch, Band 2, Stichwort: Seele, S. 879 ff., dabei besonders S. 900. Ich will das jetzt hier, auch weil mich das Thema langweilt, nicht aufwändig zitieren. Nur so viel: Die ZJ gehen eindeutig von einer "Seele", die den leiblichen Tod überdauert, aus, da in ihrer Wahnvorstellung "Gott" die Macht habe, die Seele endgültig zu zerstören. Nur ein kleiner Satz: "Menschen können zwar den Leib töten, doch können sie einer Person nicht für immer das Leben nehmen."
D.h. die "Seele" ist zwar das Leben und keine eigene Entität im Körper, aber trotzdem gibt es "ein Leben nach dem Tod", zumindest ein Wiederherstellbares. Da sind die Gedanken nicht weit, dass ein Körper mit gemischter "Seele" schwerlich bei der "Wiederherstellung" wieder zu trennen ist.
Das ist natürlich, wenn man die gesamten Lexikoneinträge liest, hanebüchener Quark, aber innerhalb der "Logik" der ZJ kann ich eine Angst vor Seelenvermischung schon nachvollziehen, daher aus deren Sicht keine Bluttransfusion...
Justsayin am Permanenter Link
Hallo Herr Kammermeier. Ihrem Kommentar kann ich entnehmen, dass sie sich nicht besonders gut auskennen bei den Zeugen Jehovas. Und ob es für Sie gut vorstellbar wäre ist hier nicht relevant.
https://www.jw.org/de/publikationen/zeitschriften/g201512/die-seele/#?insight[search_id]=64d8f1d5-1195-4e5b-a76e-b91a97c61cc2&insight[search_result_index]=0
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Sie erzählen mir nichts Neues. Ich sehe auch keinen Widerspruch.
"Gott hat aber die Möglichkeit Menschen im Paradies aufzuerwecken."
Das ist es doch! Wenn das Leben/die Seele im Blut ist und dieses ist vermischt, dann sind Leben/Seelen vermischt. Da muss ich doch nicht viel interpretieren. Ein wenig Logikfähigkeit mag ich den ZJ - zumindest innerhalb ihres abstrusen Weltbildes - unterstellen. Aber ich kann sie gerne mal beim nächsten Besuch fragen...
Michael Fischer am Permanenter Link
Mir scheint da auch Hugo Stamm einen ziemlichen Quatsch fabuliert zu haben. Die Zeugen lehnen Bluttransfusionen ab, weil in der Bibel an mehreren Stellen steht, dass man sich des Blutes enthalten soll. Punkt.
libertador am Permanenter Link
Das Spannungsfeld das hier aufgemacht wird, gibt es aber auch in anderen Bereichen der medizinischen Versorgung mit anderen Vorzeichen.
Ich zweifel deswegen daran, dass es tatsächlich insgesamt besser ist, wenn man individuelle Vorstellungen aus der Behandlung wie der Arzt ausklammert.
Damit will ich nicht sagen, dass das Blutverbot der Jehovas gleichwertig mit dem Wunsch nach Sterbehilfe ist. Ersteres ist eine wahnsinnige Idee. Die entscheidende Frage ist aber, wie solche Patientenwünsche sinnvoll unterteilt werden können.
(Rechtlich ist es aktuell ja so, dass im Fall der Sterbehilfe in Deutschland die Situation in dem Sinne anders ist, dass Ärzte es nicht mal freiwillig machen dürfen. Sie sind damit schlechter gestellt als sog. Zeugen Jehovas.)
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Die Zeugen Jehovas übersehen, dass die Verfasser des Alten Testamentes von Medizin und Anatomie nur wenig Ahnung hatten."
Mir scheint, die ZJ blicken überhaupt nix.
Vera am Permanenter Link
Der Verfasser ist selbst der Schopfer ,der seine Gedanken durch Menschen ubertragen lasst
awmrkl am Permanenter Link
Hä???
INGE Maria Hemken am Permanenter Link
Gottes Volk, die Israeliten, hatten bereits zu Zeiten Moses Hygienevorschriften, und es gab sogar Quarantenepflicht für Leprakranke ; nachzulesen im Alten Testament.
[Anmerkung der Redaktion: Weil dieser Kommentar in vielerlei Hinsicht verstörend und entlarvend ist, haben wir ihn freigeben. Mit solchen Menschen kann man nicht diskutieren.]
Hans Trutnau am Permanenter Link
[Dank an die Redaktion - das gibt doch mal Salz in die Suppe!]
@INGE: Sie lesen also das AT. Alle Wetter. Aber trösten Sie sich, Ihr Gott offenbart sich mir nie, mein Herzchen ist rein.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Das Spotten wird Ihnen bald vergehen, wenn Gott sich offenbart."
Geht es bei Leuten wie Ihnen eigentlich nie ohne Drohung? Ist das ein Bedürfnis ganz tief in Ihnen oder interessieren Sie heutige (HEUTIGE!!!) Gesetze (§ 241, Abs. 2 StGB) einfach nicht, nach denen das verboten ist...?
INGE Maria Hemken am Permanenter Link
Whow, Sie kennen sich mit Gesetzen aus? Dann sollten Sie wissen, dass Verunglimpfunf, Verleumdung und Diskriminierungen von Minderheiten, in Ihrem Fall ZJ, auch Strafbestandteile sind.
Rolf-Uwe Börner am Permanenter Link
Wenn ich 2010/11 keine Bluttransfusioen bekommen hätte, wäre ich heute nicht mehr da.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Jetzt ist zwar bei einem Bandscheibenvorfall eine Bluttransfusion nicht zwingend erforderlich, aber der Teufel ist ein Eichhörnchen und wenn etwas schief gehen kann, dann kommt das auch gelegentlich vor.
Aleh Nahorny am Permanenter Link
Der letzte Untertitel ist absurd. Leben und Persönlichkeit sind zwei verschiedene Dinge. Tiere haben keine Persönlichkeiten.
Und das Verbot der Bibel ist pädagogisch und gastronomisch. Keine Beziehung zu Medizin und Bluttransfusionen, ihr Tabu über die Verwendung von Blut nicht.
Daher ist eine gefährliche Lehre der Zeugen Jehovas kein Beispiel dafür, was gefährlich ist in der Bibel als das Wort Gott zu glauben, und das ist gefährlich zuzuschreiben die Bibel, was nicht da ist.
Kopfschütteln am Permanenter Link
Erst wird eine falsche Behauptung aufgestellt, die Zeugen Jehovas würden dies und jenes glauben.
Danach wird auf Grundlage dieser Behauptung sich lustig über die Zeugen gemacht.
Der neutrale Leser ist zurecht irritiert und wird sich denken: "Wie können die Zeugen nur so einen Quatsch glauben".
Die Wahrheit ist: Diesen Quatsch hat sich der Verfasser ausgedacht und stimmt so nicht mit der Ansicht der Zeugen Jehovas überein.
Vielleicht sollte ich auch Journalist werden. Man braucht mittlerweile kein Fachwissen mehr, um über ein Thema berichten zu können.
Holger F. Rudolph am Permanenter Link
Das mag ja Unsinn sein, was die Zeugen Jehovas sich ausdenken. Nur: Der Arzt ist aufgrund Vertrages mit dem Patienten für den Patienten tätig.
mstngl am Permanenter Link
Hmm, wenn man den Gerichtsschrieb aufmerksam liest, dann wird deutlich, dass der Patient nach der Uneinigkeit während des Aufklärungsgesprächs in ein anderes Krankenhaus ging und dort - ohne Bluttransfusion und unter
ECA am Permanenter Link
Das der Artikel einfach schlecht recherchiert ist, und zu allem Überfluss gravierende journalistische Fehler beinhaltet, von einem wohl sehr belesenen Autor, möchte ich gar nicht hier kommentieren.
Jens Riegler am Permanenter Link
Es ist interessant, welche Wellen die Nichtakzeptanz von Bluttransfusionen der Zeugen Jehovas schlagen. Dabei sind Jehovas Zeugen als Gruppe nur die bekanntesten Verweigerer von Blutkonserven.
Viele Mediziner - die sich in der Materie wirklich auskennen - würden sich kein Blut oder deren Hauptbestandteile transfundieren lassen.
Das hat einen mittlerweile gut bekannten Grund.
Einige z.T. bereits vor etwa Jahren veröffentlichte Studien belegen, die deutlichen Vorteile von fremdblutfreien Operations- und Behandlungsmethoden.
Die Gefahren von Blut bei Operationen sind auch bereits in den Medien veröffentlicht worden. z.B. im ARD (Deutschland).
https://www.ardmediathek.de/tv/odysso-Wissen-im-SWR/B%C3%B6ses-Blut-Gef%C3%A4hrliche-Bluttransfusion/SWR-Fernsehen/Video?bcastId=246888&documentId=26699558
Ob Zeugen Jehovas oder nicht.
Wer sicherer und gesünder aus einer Operation - auch Notfallchirurgie - herausgehen möchte, legt fest, dass er ohne Blut behandelt werden möchte und sucht sich ein Ärzteteam, das das auch umsetzen kann.
Operationsteams, die darauf pochen, dass sie ohne Blutkonserven nicht operieren können, leben und arbeiten mindestens 30 Jahre in der Vergangenheit.