Rainer Schreiber gibt Antworten zu Pegida & Co.

In seinem Buch "Religion, Volk, Identität?" hat Rainer Schreiber identitäre Konzepte, die unabänderliche Gruppenidentitäten unterscheiden, als ihrer Logik nach rassistisch charakterisiert. Angesichts des Wiederauflebens völkisch-nationaler Proteste, wie sie von PEGIDA und deren Nachahmern repräsentiert werden, beantwortet der Autor einige Fragen zum Charakter der dort vertretenen Argumente.

Die Anhänger von PEGIDA befürchten, ihre Identität als Bewohner des christlichen Abendlandes, als christliche Europäer, als Deutsche zu verlieren. Was ist daran falsch?

So ziemlich alles: Erstens existiert die ominöse islamische Unterwanderung der deutschen Gesellschaft nicht, schon gleich gar nicht in Sachsen: Wenn dort 0,4 Prozent der Bevölkerung Muslime sind, dann ist die Bedrohung der "Mehrheitsbevölkerung" durch den Islam ungefähr der Bedrohung der Sahara durch Schneestürme gleichzusetzen.
Roland Peters z.B. errechnet in n-tv online für 2013 auf vier Millionen Einwohner Sachsens geschätzte 3000 muslimische Zuwanderer – also weniger als ein Promille. Vor allem die syrischen Flüchtlinge sind meiner Erfahrung nach in der Regel eher westlich orientierte, gut qualifizierte Leute, die mal Assad, mal dem IS oder auch beiden zu entkommen suchten.
Wenn man noch in Rechnung stellt, dass im Allgemeinen erfahrungsgemäß nur eine winzige Minderheit der "Andersgläubigen" radikalen Gruppen angehört, dann erweist sich die "Bedrohung" als eine reine Fiktion. Aber das war die Bedrohung durch "den Juden" ja auch – und trotzdem wurde sie geglaubt und von vielen irgendwann auch so empfunden...