Interview mit dem indischen Rationalisten Narendra Nayak

Bedrängt, verfolgt, ermordet

Wer in Indien öffentlich für Humanismus und kritisches Denken eintritt, lebt gefährlich. Mit Erstarken des Hindu-Nationalismus wächst die Bedrohung für Aktivisten, die sich für soziale Gerechtigkeit und wissenschaftliches Denken, gegen Aberglauben und Diskriminierung von Minderheiten stark machen. Jüngstes Opfer war die Regimekritikerin Gauri Lankesh im September 2017. Lankesh war als Journalistin für ihre Kritik am Kastensystem und an der rechtspopulistischen "Hinduvata"-Politik der Regierung bekannt, ihre Ermordung hatte unter Humanisten und Menschenrechtlern weltweit Entsetzen ausgelöst.

Wie nun bekannt wurde, war der Mord offenbar als Auftakt einer Serie von vier ideologisch motivierten Attentaten geplant, die alle am gleichen Tag stattfinden sollten. Auf der Todesliste standen zwei Vertreter der rationalistischen Bewegung, Narendra Nayak und K. S. Bhagavan, sowie der Dramatiker Girish Karnad und der Hinduvata-Kritiker Veerabhadra Chennamalla Swami. Außerdem fand das "Special Investigation Team" (SIT), das im Mordfall Lankesh ermittelt, weitere Listen mit den Namen von 34 Kritikern der Hinduvata-Politik. Die Gruppierung um den Hauptverdächtigen Amol Kare wird auch für frühere Morde an indischen Rationalisten verantwortlich gemacht.

Narendra Nayak, Foto: privat
Narendra Nayak, Foto: privat

Narendra Nayak reist mittlerweile in Begleitung eines bewaffneten Personenschützers, den die Regierung zur Verfügung gestellt hat. Er gehört zu den führenden Rationalisten in Indien und engagiert sich seit 2006 als Präsident der "Federation of Indian Rationalist Associations" (FIRA) in Vollzeit für Aufklärung und kritisches Denken. Zuvor war der heute 67-Jährige als Assistant Professor für Biochemie am Centre für Basic Science des Medical College in Mangaluru tätig.

Im indischen Mangaluru unterhielt sich Amardeo Sarma mit Nayak über die schwierige Situation, in der indische Aufklärer und Rationalisten Tag für Tag arbeiten. Mit dem Engagement für Wissenschaft und kritisches Denken ist Sarma bestens vertraut, ist er doch als Vorsitzender der GWUP aktiv. Nachzulesen ist das Interview in der aktuellen Ausgabe des Magazins Skeptiker.

Nayak und Sarma sprachen dabei über die vielfältigen Formen von Pseudowissenschaft und Aberglauben in Indien. So haben sich einige Krankenhäuser auf sogenannte AYUSH-Behandlungen spezialisiert, ein Sammelsurium großteils pseudomedizinischer Verfahren, das durch ein eigenes Staatsministerium gefördert wird. Für Aufsehen sorgte auch ein Staatsminister, der die Evolutionstheorie ablehnt und entsprechende Änderungen in schulischen Lehrplänen forderte – wofür er herbe Kritik einstecken musste. Den geschäftstüchtigen Zweig des Unsinns verkörpern die sogenannten "godmen", Gurus mit angeblich paranormalen Kräften, und populäre Lifestyle-Esoteriker, die mit ihren Scheinlösungen für gesellschaftliche Probleme vor allem in der sozialen Mittelschicht ihre Anhänger haben.

Alles Quatsch, ist Nayak überzeugt. "Wir brauchen keinen Messias!", betont er. "Die Bevölkerung muss sich allmählich ihrer Rechte und Pflichten bewusst werden und proaktiv handeln."

Das Ziel: "Die Freiheit jedes Einzelnen, sein Leben gemäß der eigenen Weltanschauung zu gestalten – solange er die Rechte anderer Menschen respektiert." Eine Agenda, die ihre Kraft aus dem Miteinander schöpft.

"Man hat uns angegriffen, bedrängt, verfolgt, misshandelt und ermordet", resümiert Narendra Nayak. "Und doch erfahren wir auch Unterstützung, Hilfe und Schutz. Deshalb machen sich unsere Gegner nach ihren angriffen feige aus dem Staub!"

Lesen Sie das komplette Interview mit Narendra Nayak in SKEPTIKER 3/2018.