Mitgliederversammlung des Humanistischen Pressedienst e. V.

Ehrung für einen notwendigen Verlag

Am vergangenen Wochenende fand am Sitz der Giordano-Bruno-Stiftung die diesjährige Mitgliederversammlung des Vereins "Humanistischer Pressedienst (hpd) e. V." statt. Im Anschluss daran wurde der Geschäftsführer des Alibri-Verlags, Gunnar Schedel, für seine langjährige Arbeit im Sinne der Aufklärung ausgezeichnet.

Das Präsidium des gemeinnützigen hpd e. V. berichtete über die Entwicklung des Vereines. Die Redaktion zeigte dem Verein auf, welche Entwicklung das Onlineportal im vergangenen Jahr nahm. Alles in allem sind Verein und Redaktion zufrieden damit, wie sich der hpd im vergangenen Jahr entwickelte: Neben steigenden Zugriffszahlen habe sich vor allem die Qualität der Artikel verbessert.

Helmut Debelius wird geehrt, Foto: © Frank Nicolai
Helmut Debelius (li) wird vom Präsidenten des hpd. e. V., Rainer Rosenzweig (re.) geehrt,  Foto: © Frank Nicolai

Die Mitgliederversammlung verlieh Helmut Debelius die Ehrenmitgliedschaft (beitragsfreie Mitgliedschaft) für seine besonderen Verdienste. Nur Dank seiner Unterstützung konnte die Redaktion Anfang 2015 ihr neues Büro in Berlin beziehen: Helmut Debelius stellte die Räume der Redaktion kostenlos zur Verfügung.

Nach der Mitgliederversammlung ehrte die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) den langjährigen Geschäftsführer des Alibri-Verlags, Gunnar Schedel. In seiner Laudatio sagte der Sprecher der gbs, Michael Schmidt-Salomon: "Bücher werden heute nicht mehr nach der Qualität des Inhalts, sondern nach der Quantität des Absatzes beurteilt." Der Alibri-Verlag stellt sich gegen diese Entwicklung und veröffentlicht Bücher, die notwendig und wichtig sind. "Gerade religionskritische Autoren haben es schwer, einen geeigneten Verlag zu finden." Der Alibri-Verlag sei die Ausnahme, betonte Schmidt-Salomon und bezeichnete den Alibri-Verlag als "das Rückgrat der säkularen Szene in Deutschland".

Deshalb habe sich der Vorstand der Giordano-Bruno-Stiftung dafür entschieden, den Verlag für seine hervorragenden Leistungen mit einem Literatur-Förderpreis in Höhe von 10.000 Euro auszuzeichnen. "Ich meine", sagte Schmidt-Salomon in seiner Laudatio, "keiner hat einen solchen Preis so sehr verdient wie Gunnar Schedel und seine Mitstreiter" vom Alibri-Verlag.

"In gewisser Weise spiegelt die Geschichte des Verlags auch die Entwicklung der säkularen Szene" sagte Gunnar Schedel in seiner Dankesrede. Das erste Buch, das der Verlag – noch als IDBK-Verlag – herausgab, war "Nietzsche absconditus oder Spurenlesen bei Nietzsche" von Hermann Josef Schmidt. Heute reicht die Spanne von religionskritischen Bücher bis zu Kinderbüchern.

Ein kleiner Ausschnitt aus dem Verlagsangebot, Foto: © Frank Nicolai
Ein kleiner Ausschnitt aus dem Verlagsangebot, Foto: © Frank Nicolai

Nach einem Rückblick auf die Geschichte ging Gunnar Schedel auf das "politische Projekt" Alibri-Verlag ein. Dann geht er auf die aktuellen Entwicklungen ein: "Wir erleben gerade einen Strukturwandel der Öffentlichkeit, der mir ähnlich tiefgreifend erscheint wie der, den Jürgen Habermas für das 18. Jahrhundert beschrieben hat." Öffentlichkeit sei eine der wichtigsten Voraussetzungen für Demokratie. "Als Idealvorstellung gilt das in meinen Augen nach wie vor. Auch wenn wir natürlich wissen, dass die Durchsetzungsfähigkeit von Argumenten in der Realität" leider nicht immer gegeben sei. Es gibt heute ein ganzes "Bündel unterschiedlicher Entwicklungen", die dazu führen, dass von einem Austausch der Argumente kaum noch die Rede sein könne. Es sei fraglich, ob es mittelfristig noch einen Markt dafür gebe, so Schedel weiter, der einen Ideenaustausch möglich macht.

"Da sind zum einen die Konzentrationsprozesse im Kapitalismus, die letztlich auch die Buchbranche erreicht haben. (…) Es gibt aber auch durch die technische Entwicklung manche Punkte, die zu diskutieren sind." Er sprach darüber, dass die "Generation Wikipedia" ebenso wie Megaunternehmen wie Amazon, Facebook oder Google dazu beitragen würden, dass der Buchmarkt vereinheitlicht wird. Diese bemühen sich, die gesamte Verwertungskette abzuschöpfen: Wenn der Autor im Selbstverlag den Verkauf via Amazon allein bewerkstelligen kann, braucht es (scheinbar) keine Verlage und Verleger mehr.

Unter diesen Bedingungen sei es schwer, sich mit einer anderen als der Mainstream-Meinung durchzusetzen. "Wir werden lernen müssen, zukünftig für Informationen Geld zu bezahlen." Denn neue Medien – wie zum Beispiel Blogs – bilden kein "miteinander streitendes System". Sondern die Nutzer, also Macher und Leser, bewegen sich in Filterblasen, in denen sie sich selbst bestätigen. Es sind "mehrere nebeneinander existierende Systeme". Zudem gebe es nach Schedels Auffassung eine Veränderung der Wahrnehmung. "Es kommen immer stärker kurze und kürzeste Texte in Mode. Twitter zum Beispiel hat 280 Zeichen. Was kann man darin schon sagen?" Argumentieren und begründen sind auf dieser Basis nicht möglich. Das wirke sich aus auf das Verhalten der Nutzer und die Rezeption.

Übergabe des Preises an Gunnard Schedel,  Foto: © Frank Nicolai
Übergabe des Preises an Gunnard Schedel (Mitte) durch die Geschäftsführerin der gbs, Elke Held (links) und den Vorstandssprecher, Michael Schmidt-Salomon, Foto: © Frank Nicolai

"Der Verleger hatte immer eine Gatekeeper-Funktion. Er konnte sich Bücher aussuchen, von denen er überzeugt war und hat sich bemüht, ihnen eine möglichst große Öffentlichkeit zu geben. Diese Rolle ist im heutigen Koordinatensystem vielleicht nicht obsolet, aber nicht mehr in der Form gegeben."

"Medien sind bislang immer liberal gewesen." Selbst Journalisten in konservativen Zeitungen haben ein eher liberales Bild der Welt vermittelt. Soziale Bewegungen haben in diesen Medien auch immer eine Stimme gehabt; sie wurden gehört. Das sei so kaum noch der Fall. Deshalb sei es so wichtig, dass die Giordano-Bruno-Stiftung mit der Preisverleihung an den Verlag ein Zeichen gesetzt hat.