Frankreich

Schüler injiziert sich "Bibel-DNA"

Ein französischer Schüler behauptet, Texte aus der Bibel und dem Koran in eine DNA-Sequenz umgewandelt und sich diese selbst injiziert zu haben. Nach eigenen Aussagen habe er damit ein Zeichen des Friedens zwischen Religion und Wissenschaft setzen wollen.

Die Pubertät ist eine schwierige Zeit. Vor allem Jungs kommen in ihren Teenager-Jahren oft auf spannende Ideen. Vom Herumturnen auf einsturzgefährdeten Industrieruinen bis zum Anzünden der eigenen Fürze. Dass es dabei gelegentlich zu Brandblasen in delikaten Körperregionen oder der Entnahme männlicher Individuen aus dem Fortpflanzungspool kommt, ist normal und von der Natur wahrscheinlich so vorgesehen: Survival of the least bonkers – das Überleben des am wenigsten Bekloppten.

Auch Adrien Locatelli, ein 16-Jähriger Schüler aus dem französischen Grenoble, hat offenbar beschlossen, an diesem inoffiziellen Wettbewerb der Menschheit teilzunehmen. Und zwar in der Gewichtsklasse "Hochbegabter Nerd". Im Dezember veröffentlichte Locatelli auf einer Open Source Plattform für freie wissenschaftliche Texte (oder solche, die sich dafür halten) einen dreiseitigen Text, in dem er erklärte, dass erstmals einem Menschen DNA injiziert wurde, deren Struktur auf religiösen Texten basierte. Forschungsleiter und Versuchskaninchen des Projekts sei dabei er selbst gewesen.

Das von Adrien Locatelli vorgeblich vorgenommene Experiment basiert auf einfachen Grundannahmen. DNA (Desoxyribonukleinsäure) besteht aus vier verschiedenen Nukleotiden, in deren Struktur jeweils eine der Basen Adenin (A), Thymin (T), Guanin (G) oder Cytosin (C) enthalten ist. Die Abfolge der Nukleotide codiert den jeweiligen Bauplan eines Lebewesens in allen Lebensformen auf der Erde. Allerdings ergibt nicht jede Buchstabenfolge der DNA Sinn. Einige Bereiche codieren tatsächlich Proteine, aus denen unsere Körper zusammengesetzt sind. Der weitaus größte Teil unseres Erbguts jedoch besteht aus Buchstabenfolgen, die nichts zu codieren scheinen und die deshalb von Forschern ursprünglich den verächtlichen Namen "Junk-DNA" erhielten. Dass Junk-DNA keineswegs überflüssiger Müll ist, sondern wichtige Funktionen haben kann, wie zum Beispiel das 'Ein- und Ausschalten' von Genen, wurde erst später entdeckt. 

Die einfache Struktur der DNA hat mehrfach zu Überlegungen geführt, ob sich Desoxyribonukleinsäure nicht zum Speichern von Informationen beliebiger Art einsetzen lässt. So wie für aktuelle digitale Informationsspeicher Informationen in einen Binärcode umgewandelt werden, müssten Informationen für die Sicherung in einem organischen DNA-Speicher sinnvoll in die vier Nukleotide mit den "A", "T", "G" und "C" abgekürzten Basen umgewandelt werden.

Ein solches Experiment hat Adrien Locatelli nach eigenen Angaben nun mit Texten aus dem ersten Buch der Bibel, der Genesis, sowie der 13. Sure des Korans, Ar-Ra'd, gemacht. Er wies den 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets dabei jeweils den Buchstaben einer Base zu, beginnend mit G für Aleph, A für Beth, C für Gimel, T für Dalet, dann wieder G für den fünften Buchstaben He und so weiter. So erhielt er einen DNA-kompatiblen Buchstabencode für die von ihm ausgewählten Texte der Genesis. Beim Koran scheint Locatelli aus von ihm nicht näher ausgeführten Gründen etwas weniger akribisch gewesen zu sein. Von den 28 Buchstaben des arabischen Alphabets löschte er aus der Koransure alle außer den Buchstaben Alif, Lam, Mim, Ra und Sad und ordnete diesen wie beim hebräischen Alphabets jeweils einen ATGC-Buchstabencode zu.

Mit Hilfe geläufiger gentechnischer Verfahren will Locatelli die ermittelten biblischen und koranischen Buchstabenfolgen anschließend in eine DNA-Sequenz beziehungsweise die durch diese codierten Proteinketten überführt haben und sich das Ergebnis jeweils in den linken (Bibel-DNA) und rechten (Koran-DNA) Oberschenkel injiziert haben. Während die Bibel-DNA eine leichte Entzündung hervorgerufen habe, habe es bei der Koran-DNA keinerlei Reaktion gegeben, berichtet Locatelli, der sich laut der israelischen Zeitung Haaretz ganz sicher ist, dass die Injektion ungefährlich gewesen sei.

Weil er auf göttlichen Beistand hoffen durfte? Keineswegs. Bloß weil der Buchstabencode, der bei dem Experiment herauskam, größtenteil "Unsinn" gewesen sei, da er keine brauchbaren Proteine codiert habe. Mit anderen Worten: Heilige Texte ergeben Junk-DNA. Und deren Injektion, da ist sich Locatelli sicher, stelle keine Gefahr dar. In Anbetracht der Tatsache, dass die Funktionsweisen von Junk-DNA bislang keineswegs vollständig enträtselt sind, eine gewagte Annahme, finden Wissenschaftler.

Warum er den Versuch überhaupt gemacht hat? Weil er damit ein Zeichen des Friedens zwischen Religion und Wissenschaft habe setzen wollen, sagt Locatelli. Vielleicht ist das Anzünden von Fürzen aber auch einfach unter dem Niveau von pubertierenden Hochbegabten. Es bleibt abzuwarten, ob sich Locatelli mit seinem Experiment nachträglich doch noch den Arsch verbrennen wird. Oder ob es erst sein nächstes Experiment sein wird, das ihn näher zu Gott bringt. Wahlweise zum Gott des linken oder zu dem des rechten Oberschenkels.