Schweiz

Das Verbot der Gotteslästerung muss weg

Nationalrat Beat Flach verlangt die Streichung des Blasphemieverbotes, doch die Landesregierung wehrt sich dagegen. Dabei hat es längst keine Daseinsberechtigung mehr.

Mal ehrlich: Hast du gewusst, dass es in der Schweiz ein Blasphemieverbot gibt? Konkret heißt das, du darfst Gott nicht öffentlich lästern. Wer verletzende oder verhöhnende Äußerungen über Gott, religiöse Überzeugungen oder etwas Heiliges macht, kann angeklagt werden.

Wörtlich heißt es im Artikel 261 des Strafgesetzes:

"Wer öffentlich und in gemeiner Weise die Überzeugung anderer in Glaubenssachen, insbesondere den Glauben an Gott, beschimpft oder verspottet oder Gegenstände religiöser Verehrung verunehrt, (…) wird mit Geldstrafe bestraft."

Religion und Glauben genießen bei uns also einen besonderen Schutz. Einen Rechtsschutz, den Weltanschauungen oder politische Gruppen nicht für sich in Anspruch nehmen können. Sind solche Privilegien in einem Staat, der sich als säkular versteht und der eine Trennung von Kirche und Staat mindestens im religiösen Sinn kennt, noch sinnvoll?

Nein, findet GLP-Nationalrat Beat Flach. In einer Motion verlangt der Aargauer vom Parlament die Streichung des Gesetzesartikels. Das Blasphemieverbot sei in einem säkularen und liberalen Staat nicht mehr zeitgemäß.

Damit ist wiederum der Bundesrat nicht einverstanden. Er beruft sich darauf, dass die Meinungsfreiheit auch in religiösen Fragen gewährleistet sei. In seiner Stellungnahme schreibt er, religiöse und ethische Fragen könnten heute frei und offen diskutiert werden.

Gemäß der bundesgerichtlichen Rechtssprechung sei nicht jede Kritik strafbar, die allenfalls als beleidigend, provokativ oder spöttisch aufgefasst werden könne. Strafbar sei nur jene Kritik, die auf Hohn und Schmähung ausgerichtet sei und durch Form oder Inhalt das elementare Gebot der Toleranz verletze. Artikel 261 biete ein Mittel, um das friedliche Zusammenleben der Religionen zu gewährleisten.

Was meint das Parlament?

Wie sich das Parlament entscheiden wird, ist noch offen. Heimatschützer wie EVP, CVP und SVP werden die Motion wohl mehrheitlich ablehnen, die FDP dürfte gespalten sein, die Linken und Grünen großmehrheitlich dafür. Es ist schwierig, eine Prognose zu stellen.

Wie auch immer: Verurteilungen wegen Gotteslästerung sind selten. Für den bekanntesten und spektakulärsten Fall in jüngster Zeit sorgte ein Greyerzer Bergführer. Er hatte sich darüber geärgert, dass ihm an den für ihn schönsten Orten der Schweiz – den Berggipfeln – oft ein Kreuz im Weg stand. Und dass er dort an Religion und Glauben erinnert wurde. Und an die Macht der Kirchen. Deshalb zerstörte er drei Gipfelkreuze und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.

Der Fall zeigt, dass das Blasphemie-Verbot ein alter Zopf ist, den man endlich abschneiden sollte. Andere europäische Länder haben es vorgemacht. Sogar Irland, das als besonders religiös gilt.

Antirassimusstrafnorm reicht aus

Kirchen und Religionsgemeinschaften brauchen keinen besonderen Schutz. Gott schon gar nicht, zumal seine Existenz umstritten ist.

Kommt hinzu, dass wir ja noch den Artikel 261bis haben, die Antirassismusstrafnorm. Sie schützt vor Diskriminierung, wenn es um Fragen von Rasse, Ethnie oder Religion geht.

Dieser Zusatz ist sinnvoll, geht es doch um Minderheiten, die im Zeitalter wachsender Religionskonflikte, der Wutbürger und der sozialen Medien geschützt werden müssen. Dabei geht es um mehr als um Meinungsfreiheit, sondern um Diskriminierung und Aufhetzung, die fatale persönliche und politische Konsequenzen haben können.

Übernahme mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.