Verteidiger im Missbrauchsskandal um Kardinal Pell

"Es war doch nur Blümchensex"

Bei der Anhörung zum Strafmaß im Fall des wegen Kindesmissbrauchs schuldig gesprochenen australischen Kardinals Pell verwies der Verteidiger des Kardinals darauf, dass es sich nur um Blümchensex gehandelt habe. Richter und Medien zeigten sich empört. Inzwischen entschuldigte sich der Verteidiger für seine Wortwahl.

Bereits im Dezember 2018 war der beurlaubte vatikanische Finanzchef Kardinal George Pell von einem australischen Gericht wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern schuldig gesprochen worden. Doch erst in der vergangenen Woche berichteten Medien weltweit über den Schuldspruch, da bis zu diesem Zeitpunkt eine von der australischen Justiz verhängte Nachrichtensperre in Bezug auf das Pell-Verfahren galt. In dem Verfahren ging es um den Fall von zwei 13-jährigen Jungen, die Pell nach Auffassung des Gerichts 1996, während seiner Zeit als Erzbischof von Melbourne, nach einem Sonntagsgottesdienst in der St. Patricks's Kathedrale sexuell belästigt und einen von ihnen oral vergewaltigt hatte.   

Während der Schuldspruch bereits seit zweieinhalb Monaten feststand, begann die Anhörung über das Strafmaß erst vergangenen Mittwoch. In der Anhörung sorgte Pells Verteidiger, Robert Richter, für Empörung, indem er versuchte, das Strafmaß für seinen Mandanten mit dem Hinweis zu senken, dass es sich um "nichts weiter als einen Fall von einfachem Blümchensex mit Penetration, an dem das Kind nicht aktiv teilnahm" ("no more than a plain vanilla sexual penetration case where the child is not actively participating") gehandelt habe. Der Verteidiger wollte damit hervorheben, dass aus seiner Sicht bei der Tat keine strafverschärfenden Umstände hinzukämen, sorgte mit seiner Aussage jedoch beim vorsitzenden Richter und der Öffentlichkeit für Entsetzen.

Inzwischen hat Verteidiger Robert Richter seine Wortwahl öffentlich bedauert und sich dafür entschuldigt. Er fühlt sich missverstanden, da der juristische Kontext seiner Aussage in den meisten Medienberichten unberücksichtigt geblieben sei. Keinesfalls sei dies ein Schuldeingeständnis, da Kardinal Pell in den genannten Fällen nach wie vor seine Unschuld beteuert. Da der Schuldspruch jedoch bereits ergangen ist, kann sein Verteidiger in der Verhandlung über das Strafmaß nur versuchen, für seinen Mandanten eine möglichst geringe Strafe auf Grundlage des Schuldspruchs zu erreichen.

Den 77-jährigen Kardinal Pell, der derzeit in einem australischen Gefängnis in Haft sitzt, erwartet eine Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren. Die Verkündung des Strafmaßes ist für den 13. März vorgesehen.