Seit 2018 ist die Verhüllung des Hauptes aus weltanschaulichen und religiösen Gründen für Kinder in österreichischen Kindergärten und bei Tageseltern verboten. Nun soll das Verbot auch auf die Volksschulen ausgeweitet werden. Das Verbot wird als einfaches Gesetz etabliert und Kinder bis zum zehnten Lebensjahr umfassen.
Die rechte Regierung Österreichs, bestehend aus der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) hat eine Erweiterung des Kopftuch-Verbotes auf Volksschulkinder (Grundschulkinder) auf den Weg gebracht. Zunächst als Verfassungsgesetz geplant, konnte der Gesetzesentwurf keine Zweidrittelmehrheit im Unterrichtsausschuss erhalten, da die Oppositionsparteien, die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) und NEOS, nicht mitstimmen wollten. SPÖ und NEOS hatten ein Integrationspaket gefordert, welches sich nicht nur mit dem Kopftuch beschäftigt, sondern Sprachkurse, ein weiteres Kindergartenjahr und PsychologInnen in Schulen umfasst, die Kinder und Jugendliche unterstützen sollten.
Für Kindergärten und Tageseltern gilt bereits die Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über die Elementarpädagogik für die Kindergartenjahre 2018/19 bis 2021/22. Danach ist "Kindern das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung zu verbieten, die mit der Verhüllung des Hauptes verbunden ist. Dies dient der erfolgreichen sozialen Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Bundesverfassung sowie der Gleichstellung von Mann und Frau." Dies soll in Zukunft auch für Volksschulkinder bis zehn Jahre gelten. Obwohl das Verbot auch den Patka der Sikh umfasst, zielt es deutlich auf das Kopftuch bei muslimischen Mädchen ab. Erscheint ein Mädchen im Kopftuch in der Volksschule, solle es eine Meldung an die zuständige Bildungsdirektion geben und die Eltern zum Gespräch gebeten werden. Erscheinen diese nicht und/oder kommt das Kind wieder verhüllt zum Unterricht, droht eine Geldstrafe von 440 Euro.
Das Kopftuch für Mädchen vor der Pubertät wird nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Ländern wie zum Beispiel Deutschland kritisiert. So sieht der Islamgelehrte Bülent Uçar im Welt-Interview keine religiösen Grundlagen dafür und die Anwältin und Autorin Seyran Ateş argumentiert beim ZDF, dass Kinder noch nicht das Reflexionsvermögen für Religionen haben, dass ihre Bedürfnisse andere sind und der frühe Zwang das Kopftuch zu tragen schon eine Normalität für die Trägerin schafft, die später schwer zu durchbrechen ist.
Das österreichische Gesetz soll Kinder vor Diskriminierung und Ausgrenzung schützen, bleibt dabei aber auf das Äußere des Kopfes beschränkt. Dabei sollten Religionen in Kinderköpfen nichts zu suchen haben, damit Kinder und Jugendliche ohne Sorgen vor Abgrenzung, vermeintlich falscher Sexualität, Fegefeuer und ähnlichem aufwachsen können.
11 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ich hätte nur den Zwang, ein Kopftuch zu tragen, verboten; aber das ist halt schon schwieriger zu fassen \ zu formulieren.
Da machen es sich die gemischten Rechten in Ö-Land eben einfacher.
rainerB. am Permanenter Link
Ja, und die Franzosen mit ihrem Verbot religiöser Kleidung an Schulen und Kindergärten machen es sich auch ohne "gemischte Rechte" schon seit 15 Jahren "eben einfach":
"Frankreich hat schon seit bald 15 Jahren alle religiösen Symbole wie muslimische Kopftücher, die jüdische Kippa und das christliche Kreuz aus Kindergärten, Grundschulen und allen weiterführenden Schulen verbannt." (https://www.zeit.de/gesellschaft/2018-04/kopftuchdebatte-frankreich-schulen-religioese-symbole)
Vlt. einfach mal weniger an Rechts/Links orientieren, sondern mehr die Sachfrage bewerten...
A.S. am Permanenter Link
Mit der verbreiteten rechts-links-Unterscheidung werden die Säkularen erfolgreich gespalten. Divide et impera, das können die Kirchen.
Adam Sedgwick am Permanenter Link
Ist Österreich eigentlich in der EU? Also nach dem Grundgesetz der BRD wäre dieses Koptuchverbot vollkommen wirkungslos und verfassungswidrig.
Ich verstehe das Nachbarland Österreich nicht, warum kommen diese verfassungsfeindlichen Ansinnen auch wieder von dort? Niemand darf wegen seiner Weltanschauung benachteiligt werden, weder die Eltern noch die Kinder (Art. 3 (3) GG).
Man merkt auf jeden Fall wie gut durchdacht unsere Verfassung ist. Sie zu verteidigen, selbst bei den geringsten Anlgriffen, ist unsere oberste Pflicht. Wichtig ist zudem, dass die Verfassung sämtliches Landesrecht und auch Bundesrecht bricht, wenn die Gesetze der Verfassung widersprechen.
rainerB. am Permanenter Link
"Niemand darf wegen seiner Weltanschauung benachteiligt werden, weder die Eltern noch die Kinder (Art. 3 (3) GG)."
Genau das ist ja der Fall, wenn alle Kinder ohne religiöse Kleidung Schulen usw. betreten. Es ist das Wesen von Gleichbehandlung, dass niemand benachteiligt wird.
Insgesamt geht m.E. Einiges in Ihrer Argumentation durcheinander:
"Zuerst kann man Kindern, also Minderjährigen nichts rechtlich verbieten, sie sind zurecht strafunmündig."
Strafunmündig heißt, Kinder können nicht strafrechtlich belangt werden, was aber die Möglichkeit von Verboten nicht ausschließt, wie schon an Altersbeschränkungen beim Kinozutritt ersichtlich wird.
Adam Sedgwick am Permanenter Link
Also die Strafunmündigkeit bezieht sich auf die im österreichischen Gesetz angegebenen Sanktionen.
Was den Kinobesuch angeht, ist es richtig zu sagen kann der Besuch aus Altersgründen verwehrt werden, aber wenn sich ein Kind ins Kino reingeschummelt hat, kann es nicht durch die Justiz bestraft werden. Das ist der Punkt! Man kann es nur zum Verlassen auffordern.
rainerB. am Permanenter Link
"...aber wenn sich ein Kind ins Kino reingeschummelt hat, kann es nicht durch die Justiz bestraft werden."
"Man kann es nur zum Verlassen auffordern." Und genau das ist nicht anderes als ein Verbot im Kino zu bleiben. (Von Strafe habe ich hier ebenfalls nichts geschrieben.)
rainerB. am Permanenter Link
Darf ich das Gesetz nun begrüßen, obwohl es von "rechts" kommt, oder sollte ich doch lieber "Diskriminierung" rufen, wie das 'Netzwerk rassismuskritische Migrationspädagogik Baden-Württemberg&
"Der Aufruf von Terre des Femmes ist beispielhaft für einen verbreiteten Diskurs, der ein wenig differenziertes und einseitiges Bild über Mädchen und junge Frauen vermittelt, die ein Kopftuch tragen. Er trägt damit zu einer gesellschaftlichen Polarisierung der Debatte um den Islam in Deutschland bei, die zu großer Sorge Anlass gibt."
Für diese m.E. schräge bis absurde Kritik wird gleichmal die geballte Ladung von 78 amtierenden ProfessorInnen aufgeboten! (https://www.rassismuskritik-bw.de/nein-zum-kopftuchverbot/) Und auch ein Blick auf die Liste unterstützender Organisationen wirft ein erhellendes Schlaglicht auf den dbzgl. Bewusstseinsstand in DE. Akademische Intelligenz allein nordet eben leider noch keinen ethischen Kompass...
Trotz des professoralen Aufgebotes des Netzwerkes gehört meine Zustimmung dem Gesetz in Österreich.
(https://www.frauenrechte.de/online/themen-und-aktionen/gleichberechtigung-und-integration/kinderkopftuch)
Kay Krause am Permanenter Link
Und wie sieht's mit dem Religions-Unterricht in österreichischen Grundschulen aus?
Harald Freunbichler am Permanenter Link
Hans Trutnau: "Ich hätte nur den Zwang, ein Kopftuch zu tragen, verboten..."
Kay Krause: "...wie sieht's mit dem Religions-Unterricht in österreichischen Grundschulen aus?"
Man (d. Schüler*in oder die Erziehungsberechtigten) kann austreten. Noch immer gibt es keinen Ethikunterricht und natürlich behaupten "die Kirchen", dass sie das ohnehin bzw. besser könnten.
Katastrophale Zustände, was diese Indoktrination betrifft. Mit dieser Regierung jedenfalls nicht änderbar. Der (ev. achtbare) Unterrichtsminister ist nur Erfüllungsgehilfe.
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Ich verachte das Kreuz und die Kopftücher, egal wie alt.