Eine groß angelegte Studie zeigt: Immer weniger Menschen in der arabischen Welt bezeichnen sich als religiös. Besonders unter jungen Menschen verliert die Religion an Bedeutung.
Im Auftrag der BBC News Arabic hat das Forschungsnetzwerk vom Arab Barometer mehr als 25.000 Personen aus dem Nahen Osten und Nordafrika nach ihren politischen und weltanschaulichen Einstellungen befragt. Das Ergebnis: Seit 2013 ist die Zahl der Menschen, die sich als "nicht religiös" bezeichnen von 8 Prozent auf 13 Prozent gestiegen – in Tunesien sogar auf über 30 Prozent. Am stärksten ist der Anstieg bei den unter 30-Jährigen, von denen sich 18 Prozent als nicht religiös verstehen. Unter den befragten Ländern verzeichnete allein das Bürgerkriegsland Jemen einen Rückgang in dieser Kategorie.
Auch in anderen Bereichen zeichnet sich ein Bedeutungsschwund der Religion ab. So ist das Vertrauen in religiöses Führungspersonal deutlich gesunken. Im Irak etwa sank die Rate innerhalb der vergangenen sechs Jahre um mehr als 20 Prozent. Daneben verlieren auch islamistische Gruppierungen – wie die Hisbollah im Libanon oder die Hamas in palästinensischen Gebieten – an Zustimmung in der Bevölkerung.
Die Studie ging neben der Religion auch auf andere gesellschaftliche Themen wie Frauenrechte, Sexualität, Sicherheit und Migration ein. Die meisten Menschen gaben beispielsweise an, dass eine Frau das Recht haben sollte, Staatsoberhaupt zu sein – zugleich aber sollte der Mann das letzte Wort bei allen Familienentscheidungen haben. Deutlich wurde auch, dass sogenannte "Ehrenmorde" eine höhere Akzeptanzrate aufweisen als Homosexualität.
Amaney Jamal, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Princeton und Forschungsleiterin des Arabischen Barometers, betont die Relevanz dieser Ergebnisse zum Verständnis der Region: "Es gibt viele Missverständnisse und Stereotype über Araber und die muslimische Bevölkerung. Unsere Umfragen zeigen ihre wahren Präferenzen. Wir können also mit hoher Sicherheit sagen, was die Menschen in dieser Region glauben." Ohne die Haltung und Positionen der Bevölkerung zu kennen, könne man keine effektive Politik gestalten, erklärt Jamal weiter: "Man kann keine Empfehlungen geben, ohne die Ansichten der gewöhnlichen Menschen wirklich zu verstehen."
13 Kommentare
Kommentare
David See am Permanenter Link
und das obwohl es in der Arabischen Welt viel Krieg gibt. Normalerweise ist Folter und Krieg der Weg hin zur Religion.
Helmut Lambert am Permanenter Link
Die Tendenz ist ja erfreulich. Allerdings erscheint mir die Überschrift und Zusammenfassung angesichts der Zahlen doch sehr übertrieben. Es bleiben rd. 90% religiös gebunden.
Georg Sulzenbacher am Permanenter Link
Das hat auch seinen Grund! Würden sie sich öffentlich dazu bekenn, würde ihnen öffentli der Kopf abgeschlagen! Das verlangt der Glaubenswahnsinn! DARUM
Uwe Klein am Permanenter Link
Würde mich sehr interessieren, woher Sie solche "Informationen" beziehen!
Danach müssten bereits etwa 30% der Iraner kopflos sein. War kürzlich dort und
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ein kleiner Lichblick!
Tokseidank gibt es Online-Medien.
Florian Heinrich am Permanenter Link
Für mich ein Indiz dafür, dass der Nahe und Mittlere Osten sich nur selbst helfen kann.
Erstaunlich finde ich in dem Kontext zum Beispiel auch Hinweise darauf, die man dieser Tage immer öfter von Experten z. B. auf Phoenix hört, dass sehr sehr viele junge Menschen im Iran die USA als einen Sehnsuchtsort auffassen und es anscheinend eine Mär ist, dass alle Iraner "Tod den USA" wollen.
Ich war bisher schon einmal in Dubai und sehne den Tag herbei, an dem die wundervolle arabische Kultur, die ja viel viel älter als der Islam ist, sich frei entfalten und Touristen anziehen kann. Ich glaube, dass die arabische Welt eine unglaublich spannende ist und möchte das irgendwann alles in einem offenen, sicheren Umfeld auskosten - ähnlich wie es heute schon in Dubai der Fall ist, auch wenn Kommerz da über der Kultur steht. Trotzdem bekommt man auch dort schon einiges von der tollen arabischen Kultur mit.
Ich befürchte nur, dass ich den Tag der großen arabischen Befreiung nicht mehr miterleben werde. Das wird ein langwieriger, harter Befreiungskampf mit vielen Opfern. Völlig egal, inwiefern der Westen konkret interveniert, letztendlich muss die Entwicklung aus einer hoffentlich zunehmend gebildeten innerarabischen Bevölkerung kommen. Die Loslösung von der Religion ist ein erster, extrem wichtiger Schritt.
Gerd Soldierer am Permanenter Link
Loslösung....das hat schon 1400 Jahre nicht geklappt u. wird auch die nächsten 1400.....
Im Islam steckt eine totalitäre politische Ideologie : Ausdehnung u. Machtergreifung...sie werden nie aufgeben !
Dr.Hans Gerhard... am Permanenter Link
ja...ja...richtig !....wir müssen dazuhelfen,
G.B. am Permanenter Link
Genau wie ich immer schreibe, die Welt wäre ein besserer Ort OHNE Religionen.
Ilse Ermen am Permanenter Link
Lieber Herr Heinrich, die islamische Kultur ist längst kapitalistisch, auch wenn die Gesellschaftssysteme zum Teil noch feudalistisch sind, s. Golfstaaten.
Welche arabische Kultur meinen Sie, die älter sein soll als der Islam? Da liegt wohl ein Irrtum vor, da gab's recht wenig, die Djahelia ist womöglich ein Mythos ebenso wie die vorislamische Dichtung. Die islamische Kultur und somit auch die "arabische" beruht im Wesentlichen auf dem Beitrag der kolonisierten Völker, die Araber haben als Kriegs- und Kolonialherren die Sprache und diese entsetzliche Religion geliefert, ein hervorragendes kriegstreiberisches Element, und das war's dann auch. Sie hätten ohne das Know-how der Unterworfenen kulturell keinen Stein auf den anderen setzen können, sie waren einfach militärisch überlegen und hatten viel Glück (Zwist zwischen Byzanz und Persien). Der Rest ist persisch, griechisch, koptisch, spanisch……
Und in Dubai ist sowieso alles importiert….
Gerd Soldierer am Permanenter Link
Die Skepsis ist groß : Religion im arabischen kann "Glaube" bedeuten od./ u. "politischer Islam".
Glaube ist frei, privat, persönlich, Spiritualität, Werte, soziales Umfeld : kann niemals gefährlich sein.
Die spezifischen Begrifflichkeiten des politischen Islam Kafir,Apostat,Märtyrer,Dschihad,Diskriminierung der Frau,
Scharia,Kopftuch... sind die gefährlichen Teile : Die Macht wird immer von fundamentalen Minderheiten gelebt, nicht von Moderaten.
A.S. am Permanenter Link
Die Golbalisierung erlaubt, dass Unwesen der Religionen im internationalen Kontext zu sehen.
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Wertebildung, Humanismus, wertebewußte Philosophie - dies statt Religion! Sonst haben wir womöglich mehr verloren als gewonnen! Besser die Christenheit nicht nur schlecht reden! Und 20% ist zu wenig um zu frohlocken!