Irland stimmt entschieden gegen seine Oberhirten

STEISSLINGEN. (hpd) Eine unverhofft große Mehrheit hat sich beim irischen Referendum für die Zulassung der Homo-Ehe entschieden. Irland wird damit das erste Land sein, das die gleichgeschlechtliche Ehe per Volksentscheid einführt. Die Arbeiten an dem neuen Gesetz, der Marriage Bill 2015, sollen sogar direkt beginnen. Somit könnten noch vor Weihnachten die ersten Paare getraut werden.

Die Volksabstimmung, die einer sozialen Revolution gleichkommt und durchaus historisch genannt werden darf, ergänzt den Artikel 41 der irischen Verfassung um einen entscheidenden Satz: "Marriage may be contracted in accordance with law by two persons without distinction as to their sex." Es haben aber nicht nur bestimmte "Abweichlergruppen" für die Homo-Ehe gestimmt. Es war das Volk. Die Wahlbeteiligung war beispiellos hoch.

Zur Erinnerung: Schon seit 2011 konnten Schwule und Lesben in Irland eine eingetragene Partnerschaft eingehen. Damit hatten sie praktisch die gleichen Rechte und Pflichten wie in einer Ehe, eine wirkliche Gleichstellung mit heterosexuellen Paaren blieb ihnen jedoch versagt. Die Anerkennung der Homo-Ehe in der Verfassung hat daher eine nicht zu unterschätzende symbolische Bedeutung. Bis 1993 stand Homosexualität in Irland sogar noch unter Strafe, zumal das Land von den Geboten der katholischen Kirche geprägt blieb.

Diese hatte denn auch in einer eigenen Kampagne die Gläubigen dazu aufgerufen, gegen die Anerkennung zu stimmen. Immerhin bezeichnen sich vier von fünf Iren als katholisch. Allerdings haben immense Missbrauchsskandale den Einfluss der übermächtigen Institution beschädigt. Das jetzige Referendum hat ein Übriges getan. Die Kirche wird sich nicht mehr erholen. Die Volksbefragung wird, so der katholische Ministerpräsident Irlands Enda Kenny, das künftige Bild des Landes bestimmen.

In der Tat war der Respekt vor anderen Menschen berührt, und die überwiegende Mehrheit der Iren hat dies verstanden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den uralten Spruch "Vox populi vox Dei", wörtlich "Volkes Stimme ist Gottes Stimme". Man sollte ihn gerade auf dem katholischen Hintergrund Irlands nicht abschwächen und im übertragenen Sinn als "die öffentliche Meinung hat großes Gewicht" verstehen. Nein, lassen wir ihn ruhig einmal so stehen, wie er von mittelalterlichen Theologen gedeutet wurde: Im Willen des Volkes spricht nicht selten der Wille Gottes.

Diese Sprache sollten Irlands Hirten eigentlich verstehen. Doch mögen diese es drehen oder wenden, wie sie wollen: Irland hat seinen Bischöfen eine sensationell schmerzhafte Ohrfeige verpasst und seine Moral in die eigenen Hände genommen.