Kunstaktion in Mainz anlässlich der Bischofskonferenz:

Die katholische Kirche schiebt die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals auf die lange Bank

Seit gestern tagt in Mainz die Deutsche Bischofskonferenz. Auch der Missbrauch in der katholischen Kirche soll dort erneut Thema sein, dessen Aufarbeitung und die Entschädigung der Opfer die Kirche entgegen der Beteuerungen ihres Missbrauchsbeauftragten "auf die lange Bank schiebt". Aktionskünstler David Farago von der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) hat aus diesem Bild eine Kunstinstallation gemacht, die noch bis Donnerstag in der Stadt zu sehen ist.

Seit 2010 weiß die Öffentlichkeit vom Missbrauch katholischer Geistlicher an Minderjährigen in ihrer Obhut. 2018 veröffentlichte die Deutsche Bischofskonferenz die von ihr in Auftrag gegebene Studie "Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" (MHG-Studie), die die "untere Schätzgröße" (Prof. Harald Dreßing, Verbundkoordinator des Forschungskonsortiums) von 1.670 Beschuldigten (laut Personalakten) und 3.677 Betroffenen offenbarte.

Schon 2013 beteuerte der sogenannte Missbrauchsbeauftragte der katholischen Kirche, Bischof Stefan Ackermann: "Wir schieben nichts auf die lange Bank". Die Fakten sprechen eine andere Sprache: Passiert ist nämlich nicht viel seitdem. Opfer wurden mit Einmalzahlungen von im Schnitt 5.000 Euro, was etwa einem halben Bischofsgehalt entspricht, abgespeist. Böse Zungen sprechen von Schweigegeld. Die Strafanzeigen gegen alle 27 katholischen Diözesen in Deutschland, gestellt von sechs renommierten Juraprofessoren in Verbindung mit dem Institut für Weltanschauungsrecht (ifw), blieben bisher ergebnislos. Bis heute gibt es keine personellen oder strafrechtlichen Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal.

Nun sollen die Kirchensteuerzahler für die von Experten geforderten 300.000 Euro pro geschädigter Person aufkommen – insgesamt etwa eine Milliarde Euro. Auf der anderen Seite hortet die katholische Kirche Reichtümer, deren Höhe nur teilweise bekannt ist: Geld im Milliardenbereich ist in Wertpapieren und Immobilienbesitz angelegt und die Kirchensteuereinnahmen fließen in Rekordhöhe, aller Austritte zum Trotz. Das Gesamtvermögen der katholischen Kirche in Deutschland schätzt Kirchenfinanzexperte Carsten Frerk auf bis zu 200 Milliarden Euro. Die deutschen Bistümer haben in den letzten zehn Jahren zehn Milliarden Euro Überschüsse erwirtschaftet (nach Abzug aller Zahlungsverpflichtungen). Die Entschädigung der Opfer in Höhe von einer Milliarde Euro wäre also innerhalb eines Jahres nur durch die Gewinne möglich. Das Geld für eine angemessene Entschädigung ist da – nur der Wille nicht.

Auf diese Paradoxie will die Installation von Aktionskünstler David Farago von der gbs aufmerksam machen: "Wir präsentieren hier die Bilanz aus zehn Jahren Missbrauchsskandal: Auf der einen Seite sehen wir die schon aufgearbeiteten Fälle in Form einer winzigen Biergarnitur in der liturgischen Farbe grün, die für Hoffnung steht. Auf der anderen Seite steht die 4,35 Meter lange Biergarnitur des Missbrauchsskandals in der Büßer-Farbe violett. Davon ist eine Bank in rot gehalten – das steht für die Opfer – die mit vier weiteren Bänken auf insgesamt 12,75 Meter verlängert wurde. Weil der Missbrauchsskandal entgegen der Aussage von Bischof Ackermann eben doch auf die lange Bank geschoben wird – und die Bank wird immer länger. Ein Ende ist noch nicht absehbar."

Noch bis zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am Donnerstag ist "Ackermanns lange Bank" in Mainz zu sehen:

Mittwoch und Donnerstag (4. und 5. März) von jeweils 10:00 bis 20:00 Uhr auf dem Domplatz

Am Dienstag (3. März) von 10:00 bis 20:00 Uhr vor dem Theater

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