Der verstorbene Publizist Gottfried Beyvers legt mit seinem Buch "Argumente kontra Religion. Werkzeugkasten für Religionskritik" ein kleines Nachschlagewerk zum Thema vor. Darin finden sich kurze Artikel mit einschlägigen Einwänden, die gute Argumente für Kenner wie Neueinsteiger bereithalten.
Mittlerweile gibt es eine Fülle von religionskritischen Monographien. Meist behandeln diese Bücher aber bestimmte Detailaspekte oder Themenbereiche, wodurch Interessierte häufig nur mit Spezialfragen konfrontiert werden. Wer demgegenüber eine knappe und übersichtliche Darstellung zu kritischen Einwänden gegenüber dem religiösen Glauben sucht, der kann auf die "Argumente kontra Religion. Werkezugkasten für Religionskritik" betitelte Schrift zurückgreifen. Autor ist der mittlerweile verstorbene Gottfried Beyvers, der als wissenschaftlicher Gutachter gearbeitet und Holbachs "Der gesunde Menschenverstand" mit herausgegeben hatte. Über sein letztes Buch schrieb er in der Einleitung: Hier wird "eine konzentrierte Argumentationssammlung wider religiöses Denken und kirchliche Geschichtsmythen geboten, zur Verwendung bei Disputen, sowohl im direkten Gespräch als auch für Leserbriefe, für Foren im Internet oder Blogkommentare etc." (S. 8).
Genau diesen Anspruch erfüllt auch das Buch, das in neun Kapiteln kritische Statements zu unterschiedlichen Themen versammelt. Der Autor formuliert darin Einwände auf engem Raum, wobei er die Kernaussagen häufig als inhaltliche Zuspitzung präsentiert. Diese werden jeweils auch optisch mit Fettdruck hervorgehoben, insofern hat man es mit einem Nachschlagewerk zu tun.
Bereits das erste Kapitel thematisiert "Denkbare Ursachen für die Entstehung von Religiosität, von Religionen und für deren Fortbestehen", wobei einschlägige Erkenntnisse bezogen auf die gesellschaftliche und individuelle Sphäre aufgelistet werden. Der Autor beansprucht hier nicht, eine umfassende Erklärung zu liefern. Er benennt einzelne Bedingungsfaktoren und macht dadurch auch die inhaltliche Vielfalt deutlich. Ein derartiger Blick entspricht auch der Komplexität des Phänomens. Und daher hat man es mit den jeweiligen Kapiteln tatsächlich mit einem Werkzeugkasten zutun.
Die anderen Ausführungen gehen der Frage nach den Gottesbeweisen nach, sie behandeln die Glaubwürdigkeit der "Heiligen Schriften" und deren ethischen Wertprinzipien. Zum letztgenannten Aspekt heißt es dabei: "Wie andere menschliche Eigenschaften sind auch unsere moralischen Maßstäbe das Projekt unseres genetischen Erbes, unseres kulturellen Erbes und weiterer Umgebungseinflüsse …" (S. 144). Auch die Evolution als "letzter Sargnagel des Schöpfergottes" oder die "Seele" als frommes Phantom werden thematisiert. Danach steht die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Religionsgemeinschaften oder dem Himmel als menschlicher Sinnquelle im Zentrum. Der Autor veranschaulicht dabei seine Deutungen immer mit einschlägigen Hinweisen, die meist auf die Botschaften der "Heiligen Schriften" bezogen sind. Grausamkeiten werden dabei nicht nur für das "Alte Testament", sondern auch das "Neue Testament" konstatiert.
Abschließend betont Beyvers den Gegensatz von Glaube und Wissenschaft und spricht sich für die fortgesetzte Notwendigkeit der Religionskritik aus. Für beides liefert er gute Argumente in einem kurzen Buch, das durch seinen hohen Gebrauchswert sowohl für Kenner wie Neueinsteiger nützlich ist. Bedauern kann man, dass der Autor sich allzu sehr auf das Christentum konzentriert. Zwar wird auch der Islam thematisiert, etwa hinsichtlich seiner Bedeutung als Legitimationsquelle für den Terrorismus, aber die christliche Religion steht eindeutig im Zentrum. Der Autor macht auch deutlich, dass ohne einen Glauben moralische Wertvorstellungen bestehen können. Insofern hält er Religionen für überflüssig. Bei den Ausführungen zur geringen Glaubwürdigkeit der Religionsgemeinschaften hätte indessen angemerkt werden können, dass es sozial überaus engagierte Christen gibt. Aber ein solcher Einwand mindert nicht den aufklärerischen Gebrauchswert der Monographie.
Gottfried Beyvers, Argumente kontra Religion. Werkzeugkasten für Religionskritik, Alibri Verlag, Aschaffenburg 2018 (Neuausgabe: 2020), 202 Seiten, 14 Euro
10 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Da gefällt mir die Erstrezension vor bald 3 Jahren durch Hermann Josef Schmidt (https://hpd.de/artikel/kritischer-volltreffer-15260) doch deutlich besser, auch wenn in der aktuellen Rezension eine breitere Religionskr
HanSpirelli am Permanenter Link
Perfekt, werter Herr Trutnau, steht jetzt immer im Präsens. Wurde durchkorrigiert; danke an's Lektorat. "Darin findet sich kurze Artikel" im Teaser ebenfalls; super!
Klarsicht(ig) am Permanenter Link
Bei „Ketzer 2.0 – Ketzerpodcast.de“ hat man sich schon am 01. 04. bzw. 27. 04 2018 mit dem Buch befasst, wie der Inhalt des folgenden Links ausweist.
69.3 Werkzeugkasten für Religionskritik: “Argumente contra Religion” von Gottfried Beyvers:
https://www.youtube.com/watch?v=1Zny1e2w11s
Gruß von
Klarsicht(ig)
Roland Weber am Permanenter Link
Auch diese abstrakte Betrachtung von "Religion an sich" habe ich im Rahmen meiner eigenen Forschungen natürlich schon gelesen -.
Wie wäre es, wenn sich einmal jemand die Mühe machen würde, der Sache in Zusammenhang mit dem Neuen Testament etwas genauer nachzugehen? Kritik am Alten Testament ist schön, aber gerade selbst für Christen schon am Rande der Lächerlichkeit - weil nahezu alles darin märchenhaft lächerlich ist.
Bis heute warte ich von "kirchenkritischer Seite" auf eine faire Rezension meiner Bücher "Denken statt glauben - Wie das Christentum wirklich entstanden ist" und "Jesus, Römer, Christentum - Makaberste Tragödie des Abendlandes". Dass sich nirgends ein christlich Orientierter finden lässt, der das Wagnis einer objektiven Bestandsaufnahme eingeht, ist geradezu selbstverständlich.
Nichts auf der Welt spielt sich einfach so oder eben durch höheres Obwalten statt. Die Wahrscheinlichkeit, dass alles "natürliche", d.h. menschliche, politische, naturgesetzliche oder logische Ursachen hat, sollte man als Ausgangspunkt gelten lassen und konsequent ernst nehmen.
Wer die römische Geschichte gerade von Beginn unserer Zeitrechnung an bis zur Unterwerfung Judäas durch Gottkaiser Vespasian und seinen Gottkaisersohn Titus im Jahr 70 nicht kennt, wird gar nicht erkennen können, wie sehr das NT die Interessen der römischen Besatzungsmacht dienen sollte. Die Evangelien nach 70 geschrieben - ausgerechnet nachdem der sog. erste Jüdische Krieg in einer Katastrophe für die Juden, ihren Tempel endet und ihren Glauben, das ausgewählte Volk eines Gottes zu sein, ad absurdum führte? Das Reich Gottes "un-jüdisch" in den Himmel verlagert? Grund für eine durchgehende Römerfreundlichkeit in den Texten, ein jüdisch gescheiterter Jesus, der von einem anderen als dem kommenden Menschensohn spricht und vehement vor (weiteren) Messiassen warnt?
Dies sind ganz banale Fragen, an deren Beantwortung kirchliche Vertreter gewiss nicht interessiert sind, denen man aber durchaus nachgegangen werden kann, könnte und sollte. Solange man keinen Sinn in etwas sieht (Wieso ein Jesus von "0 bis 30?), wird man auch keine überzeugende Antworten finden. Man muss sich eben auch einmal neue Argumente ansehen. Oder soll das alles weiterhin so unhinterfragt, unkommentiert und meine vorliegenden Antworten tatsächlich unrezensiert bleiben?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Soll ich mir mal "die Mühe machen"? Ist ja aber schon andernorts passiert; und zwar durchaus wohlwollend.
Roland Weber am Permanenter Link
Pardon - wo denn bitte?
Es will sich ja leider hier (!!) ganz offensichtlich niemand die Mühe machen. Und was Roland Fakler an Argumenten für einen Wanderprediger gefunden hat, ist mir leider auch bis heute unbekannt - außer der auch hier vorgetragenen Einlassung.
Sicherlich gab es hunderte von "Messiassen", aber wie groß wäre denn die Übereinstimmung mit einem tatsächlich existiert habendem und dem Jesus des NT? Wobei übrigens schon viele erkannt haben, dass der Jesus der Synoptiker ein ganz anderer ist als der Jesus des Johannes. Noch krasser wird das Missverhältnis zwischen einen Jesus-NT und einem Jesus nach Paulus. Auch ein Paulus-Brief-Schreibender (was sage ich im Singular? - Plural!) und ein Jesus-NT sind nicht kompatibel. Man lese dazu schon Deschner, Lüdemann, Detering oder Sprecht, wenn man noch keine Zweifel hat und meinen Argumenten von vorneherein nichts abgewinnen möchte. Ich weiß nicht, in welchem Umfang ich letztlich Recht habe, aber ich habe jedenfalls vielfach Argumente für meine These vorgelegt – aber noch keine dagegen gelesen!
Kritik ohnehin bitte am Kern des Ganzen und der zentrale Aussage zum Motiv der Erfindung - und nicht an Grammatik oder Stil! Die Frage der Wahrscheinlichkeit des einen oder des anderen müsste ja für rational-denkende Menschen eine ansprechende Herausforderung sein.
Es wäre jedenfalls schon einmal ein Riesengewinn, wenn noch mehr Menschen zu der Erkenntnis gelangten, dass vieles gar nicht stimmen kann. Man kann über die Mosaiksteine der herkömmlichen Kritik hinaus denken! Zwei vorgekleisterte, sich widersprechende, zum Übrigen unverbundene „Weihnachtsgeschichten“ und nicht zuletzt ein Prozess, den schon viele jüdische Wissenschaftler als hanebüchene Fiktion entlarvt haben (u.a. Joseph Klausner, Chaim Cohn; siehe auch Gerd Lüdemann, Hermann Detering; und man sehe auch, was bei Heinz-Werner Kubitza (Der Jesuswahn) letztlich von einem Jesus übrigbleibt - nichts außer dem Glauben, dass es so irgendeinen Prediger mal gegeben haben müsste, aber das offenbar nur, weil sich offenbar niemand erklären kann, warum man denn diese Jesus-Geschichte tatsächlich erfunden haben sollte!)
Wenn etwas an meinen Aussagen unverständlich sein sollte (z.B. warum ein Johannes der Täufer nicht selbst zu einem Jünger dieses Jesu geworden sein soll), bin ich gerne bereit, darauf ergänzend zu antworten.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Pardon - wo denn bitte?" - Na, beide Bücher (die ich nicht kenne - gibt es Rezensionsexemplare?), z.B. bei Amazon; ich schrieb ja andernorts, nicht "hier".
Roland Weber am Permanenter Link
Da kann man lange warten bis sich etwas koordiniert - schon deshalb, wenn ich die Argumente zweier (!) anderer gar nicht kenne!
Von meinen Büchern nichts gelesen - das glaube ich gern! Warum auch? Ein Exemplar (mit Begleittext versteht sich), das ich vor Jahren an Herrn Schmidt-Salomon als Sprecher mit der Bitte um wohlwollende Unterstützung geschickt hatte, blieb ohne jegliche Wirkung/Antwort. Auch nach kurzem (persönlichen/mündlichen) Gespräch. Allgemeines Verständnis dafür: zu überlastet! Ah ja!
Ich setzte meine Hoffnung hier auf "wirklich kritische bzw. neugierige Menschen", die vielleicht mal nur einen Anstoß bräuchten, aber die gibt es ganz offensichtlich nicht mal im hpd! (Ich kenne nur eine einzige Ausnahme - KHB)
Kurz: Erbärmlich! Von Aufklärung, Suche nach Wahrheit, Verhinderung von Verdummung, Wissenserwerb, Suche nach rationalen Ansätzen etc. bleibt in der Praxis nichts übrig!
Ich werde deshalb ab sofort auch meine Kommentierungen einstellen, da diese offensichtlich auch niemanden ernsthaft interessieren oder Neugierde auf "mehr" geweckt hätten!
Ich wünsche Euch Erfolg, wie Ihr in Euch vorstellt!
Roland Fakler am Permanenter Link
Ja, mach das mal Hans! Ich fand die Bücher von Roland Weber sehr interessant, aber ich hab leider auch ein paar Argumente für die reale Existenz des Wanderpredigers.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Roland, sende doch deine Rezension inkl. Bild, Teaser und darin Hinweis auf die neueste Auflage einfach mit Bitte um Veröffentlichung an die hpd-Redaktion.