Kommentar

Der Schlüssel zur Freiheit: Warum eine Impfpflicht leider notwendig ist

Die Experten sind sich einig: Ein Ende der Corona-Pandemie ist erst dann in Sicht, wenn sich genug Menschen gegen das Coronavirus impfen lassen. Leider zeichnet sich jedoch ab, dass die Impfbereitschaft zu gering ist. Um das Sterben zu beenden, führt kein Weg an einer Impfpflicht vorbei.

Derzeit sterben etwa 1.000 Menschen täglich an den Folgen einer Infektion mit SARS-CoV-2. Darunter sind erschreckend viele Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Die erarbeiteten Schutzkonzepte haben in zu vielen Einrichtungen nicht funktioniert. Die Politik und der Ethikrat haben daher folgerichtig entschieden, dass diese Einrichtungen zuerst die Möglichkeit zur Impfung haben sollen. Das Sterben in den Heimen sollte damit bald der Vergangenheit angehören. Nur leider geht diese Rechnung nicht auf. Inzwischen ist deutlich sichtbar, dass die Impfskepsis unter Pflegekräften zu hoch ist, um das Sterben zu beenden.

Aber auch in der Gesamtbevölkerung ist die Impfbereitschaft angesichts der Gefährdungslage immer noch erstaunlich gering. Je nach Umfrage liegt diese zwischen 50 und 67 Prozent der Erwachsenen. Damit eine Herdenimmunität erreicht werden kann, gehen Fachleute davon aus, dass sich etwa 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung impfen lassen müssten. Da jedoch derzeit weder Kinder noch Jugendliche geimpft werden können und die Impfstoffe keinen hundertprozentigen Schutz bieten, müssten sich nahezu alle gesunden Erwachsenen impfen lassen, um dieses Ziel zu erreichen. Aber selbst wenn es bald einen Impfstoff für die Jüngeren geben sollte, ist das Erreichen der notwendigen Quote unwahrscheinlich. Die einem Meinungsforschungsinstitut gegenüber geäußerte Impfbereitschaft bedeutet noch lange nicht, dass man sich auch tatsächlich impfen lässt. Zudem ist zu erwarten, dass mit dem kommenden Sommer und den wetterbedingt niedrigeren Infektionszahlen die Bereitschaft zur Impfung wieder abnehmen wird. Im Herbst würde das Virus dann ein Comeback feiern. Hinzu kommt, dass die Impfung mit einiger Wahrscheinlichkeit regelmäßig alle ein bis zwei Jahre aufgefrischt werden muss. Die Impfmüdigkeit ist im Grunde vorprogrammiert.

Sehr beunruhigend ist, dass die Impfgegner derzeit massiv aufrüsten. Gezielt werden Falschbehauptungen gestreut. Mal ist davon die Rede, dass die neuen Impfstoffe unfruchtbar machen würden, mal werden Impftote erfunden, mal ist alles eine Verschwörung von Bill Gates, George Soros und irgendwelcher Geheimbünde, um den "Great Reset" durchzuführen. Beliebt sind auch "Klassiker" wie Viren gäbe es nicht, Impfungen würden Autismus verursachen, die Impfung sei giftig und hinter allem würden die Juden stecken. Da ist dann für jeden Verschwörungstheoretiker etwas dabei. Zwar umfasst der harte Kern der Impfgegner in Deutschland nur etwa 5 Prozent der Bevölkerung, aber sie finden bei gut einem weiteren Drittel offensichtlich Gehör und verunsichern noch weitere Menschen.

Nun kann man zu Recht einwenden, dass man hier mit Aufklärungskampagnen entgegenwirken könnte. Allerdings tut man das bereits seit Jahren und am Beispiel der Masernimpfung hat sich deutlich gezeigt, dass die Aufklärung schlicht nicht funktioniert hat. Leider ist es so, dass immer mehr Menschen im Land weder den "Mainstream-Medien" noch staatlichen Stellen wie dem Robert Koch- oder dem Paul-Ehrlich-Institut oder gar der Regierung vertrauen. Ein Blick in die Kommentare bei Facebook auf den Seiten des Gesundheitsministeriums fördert hier Erschütterndes zu Tage. Leider gilt auch für die Impfverschwörungen das, was für alle Verschwörungstheorien gilt: Sie sind letztlich nicht argumentativ widerlegbar und ihre Anhänger kaum zu überzeugen.

Dennoch gibt es Gründe, die gegen eine Impfpflicht sprechen. So verursacht eine Impfung natürlich Nebenwirkungen und eine Reaktion des Immunsystems. Das kann durchaus unangenehm sein, auch wenn die Symptome meist schnell abklingen. In extrem seltenen Fällen können auch gefährlichere Nebenwirkungen auftreten wie allergische Schocks. Man sollte so etwas auch nicht verharmlosen. Demgegenüber steht jedoch der medizinische Nutzen der Impfung und angesichts der Gefährlichkeit von SARS-CoV-2, das bereits allein in Deutschland fast 50.000 Menschen das Leben gekostet hat, ist die Kosten-Nutzen-Bilanz eindeutig positiv.

Ein weiteres Argument gegen eine Impfpflicht ist, dass hier Freiheitsrechte verletzt werden. Zweifellos wäre es wünschenswert, wenn sich genug Menschen freiwillig impfen lassen würden und man auf die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger setzen könnte. Aus bereits genannten Gründen wird man sich von dieser Illusion jedoch verabschieden müssen. Dennoch muss ein Zwang in einem Rechtsstaat immer gut begründet werden. Hier gibt es jedoch bereits eine juristische Blaupause: Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner 2019 getroffenen Entscheidung zur Masern-Impfpflicht dem Ziel des Schutzes von Leben und körperlicher Unversehrtheit den Vorzug gegeben.

Allerdings handelt es sich bei der Pflicht zur Masernimpfung um keine generelle Impfpflicht. Sie zielt vielmehr auf die für die Ausbreitung des Virus kritischen Bereiche, die Schulen und Kindergärten, ab. Beim Coronavirus wird eine solche Beschränkung nicht ausreichen. Wie wir die letzten Monate schmerzlich erfahren mussten, sind fast alle Bereiche unseres Lebens betroffen. Hier Ausnahmen zu machen, erscheint wenig erfolgversprechend.

Wägt man nun abschließend die Argumente gegeneinander ab, so spricht wenig gegen eine Impfpflicht und vieles dafür. Die Pandemie könnte viel schneller und zielgerichteter bekämpft werden und wir könnten unsere Freiheiten zurückerlangen. Das Sterben in den Altenheimen könnte mit dem Impfen aller Bewohner und Pflegekräfte sehr schnell beendet werden. Wenigstens eine Impfpflicht für besonders gefährdete Bereiche sollte eigentlich Konsens sein. Doch selbst darüber führen wir endlose Debatten, während das Sterben weitergeht. Das muss ein Ende haben!

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