Nigeria: Nach Verurteilung zu zehn Jahren Haft wegen Blasphemie ist 13-Jähriger frei

Nachdem Omar Farouq im August 2020 mit gerade einmal 13 Jahren wegen des Vorwurfs der Blasphemie zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war, protestierten zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Einzelpersonen. Nach Berufung hob der oberste Gerichtshof des nordnigerianischen Bundesstaates Kano das Ersturteil des Scharia-Gerichtes mit der Begründung auf, Farouq habe keinen juristischen Beistand gehabt.

Im Sommer letzten Jahres soll Omar Farouq Bashir sich im Streit mit einem Freund abfällig über Allah geäußert haben. Da es vor Ort zwei Gesetzgebungen gibt – eine weltliche und eine religiöse –, blieben die Aussagen nicht folgenlos, sondern endeten vor einem Scharia-Gericht, welches den erst 13-jährigen Jungen wie einen Erwachsenen behandelte und zu zehn Jahren Haft verurteilte. Es folgten weltweit Proteste unter anderem des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, UNICEF, welches betonte, dass die Behandlung Farouqs klar gegen die Kinderrechte verstoße, denen sich Nigeria verpflichtet habe, und der Paediatric Association of Nigeria (PAN), der Pädiatrischen Vereinigung Nigerias, die so junge Menschen ebenfalls geschützt sehen will und bestätigte, dass Teenager die Konsequenzen ihrer Aussagen nicht immer einschätzen können.

Letzten Donnerstag nun hob der weltliche oberste Gerichtshof in Kano das Urteil auf. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass Omar Farouq in der ersten Verhandlung vor dem religiösen Gericht keinen juristischen Beistand gehabt habe. Diesen Montag wurde der Junge nach fünf Monaten Haft und ohne Kontakt zu Familie und zu juristischer Unterstützung freigelassen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International begrüßt die Freilassung und betont, dass der Junge nicht hätte eingesperrt werden dürfen. Ein Punkt, den auch die nigerianische Humanistische Gesellschaft bekräftigt. Für sie ist eine Anti-Blasphemie-Gesetzgebung nicht mit Nigerias Verfassung vereinbar. Damit spricht die Organisation aus, was viele Nigerianer:innen denken: Scharia-Gerichte, die neben weltlichen Gerichten agieren, verstoßen gegen Paragraph 10 der Verfassung. Dieser stellt klar, dass weder die Bundes- noch die Landesregierungen irgendeine Religion annehmen dürfen ("The Government of the Federation or of a State shall not adopt any religion as State Religion").

Obwohl der junge Omar Farouq Bashir nun wieder frei ist, bleiben die zahlreichen Folgen der Anschuldigung, Verurteilung und Haft ohne Kontakt zu Familie und anderen geliebten Menschen kaum absehbar. Und an einen Neuanfang zu Hause ist nicht zu denken: Ein wütender Mob vertrieb die Familie Farouqs in einen Nachbarort. Und die Rache derer, die den Teenager lieber weiterhin im Gefängnis sähen, ist ebenfalls nicht auszuschließen.

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