Seit 2006 setzt sich eine Allianz aus Gewerkschaften und Kirchen für den Erhalt des freien Sonntags ein. Und das ist gut so. Das Arbeitszeitgesetz schreibt einen verpflichtenden Ruhetag in der Woche für alle Arbeitnehmer*innen vor. Und es waren die Gewerkschaften, die mit der tariflichen Arbeitszeitverkürzung von 48 Stunden pro Woche auf die 40- beziehungsweise 35-Stunden-Woche einen zweiten freien Tag erstritten.
Und dann rauscht ein Sturm im Blätterwald und in den Medien am 3. März 2021. 1.700 Jahre ist es her, dass Kaiser Konstantin den Sonntag für arbeitsfrei erklärt habe. Mit den Worten: "Alle Richter, die städtische Bevölkerung und die Werkstätten aller Handwerke sollen am verehrungswürdigen Tag der Sonne ruhen."
Der Vollständigkeit halber muss angemerkt werden, dass dieser Ruhetag nur für eine kleine Gruppe der städtischen Bevölkerung galt. Die Landbevölkerung war ausdrücklich ausgenommen, in der Antike die große Mehrheit.
Von den beiden christlichen Kirchen wird dieser Tag der Verehrung der Sonne nun christlich uminterpretiert. Man feiere den Tag, weil Jesus an einem Sonntag auferstanden sein soll und auch Gott nach der Schufterei um die Schöpfung am siebten Tag endlich mal seine Ruhe haben wollte. Ob der 7. Tag dabei auf einen Sonntag gefallen ist, wurde nicht überliefert.
Der Tag der Sonne ist für viele Kulturen der Antike ein besonderer Tag, ein Feiertag gewesen. Dem hat sich Kaiser Konstantin angeschlossen. Er hat sich als Sonnenkönig gesehen. Die christlichen Kirchen hingegen beschreiben Konstantin als christlichen Kaiser, der das Christentum zur Staatsreligion erhoben habe. Historisch betrachtet ist das falsch.
Zum einen ließ er sich erst auf dem Sterbebett taufen (man weiß ja nie was kommt). Zum anderen hat erst Kaiser Theodosius das Christentum aus machtpolitischen Überlegungen circa 50 Jahre später zur neuen Staatsreligion erhoben.
Mit der Person Konstantin hat sich Rolf Bergmeier in seinem Buch "Kaiser Konstantin und die wilden Jahre des Christentums – Die Legende vom ersten christlichen Kaiser" ausführlich auseinandergesetzt. Auch Catherine Nixey hat in ihrem Buch "Heiliger Zorn. Wie die frühen Christen die Antike zerstörten", einen wichtigen Beitrag zur Konstantin-Forschung geliefert.
Glaubt man den Ankündigungen der christlichen Kirchen, dann wird es noch weitere Veranstaltungen zu Kaiser Konstantin im Laufe des Jahres geben. Dabei ist zu erwarten, dass die Wahrheit über Konstantin genauso auf der Strecke bleiben wird wie der Judenhass von Martin Luther in der Lutherdekade der evangelischen Kirche.
8 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
"... christlich uminterpretiert" - kennen wir doch; neben v.a.m. ist selbst der 'Christbaum' gekapert.
Sandale am Permanenter Link
Hm... auch wenn ich mich jetzt wahrscheinlich in die Nesseln setzen werde, muss ich dennoch Mal nachhaken, ob die beiden o. g.
A.S. am Permanenter Link
Den Kirchen ist der Sonntag heilig, um die Gläubigen zur Indoktrination einbestellen zu können.
Wenn die Gewerkschaften in den Kirchen Verbündete zur Durchsetzung von Arbeitsschutzbestimmungen sehen, irren sie sich. Den Kirchen geht es um den Erhalt ihrer Indoktrinationsmöglichkeiten. Wie es wirklich um die Sorge der Kirchen um ihre Arbeitnehmer bestellt ist, lässt sich dem "kirchlichen Arbeitsrecht" entnehmen.
Und was den Konstantin betrifft, bin ich der Ansicht, dass dieser clevere Feldherr begriffen hat, wie nützlich die Vorstellung von der "Wiederauferstehung von den Toten" für die Kriegsführung ist. - Bis heute, siehe Islamismus.
Adam Sedgwick am Permanenter Link
Natürlich, der arbeitsfreie Sonntag und auch der freie Sonnabend ist ein Segen für den einzelnen aber auch für die gesamte Gesellschaft. Am siebenten Tage sollst Du ruhen, dieser Imperativ hat mir immer gut gefallen.
Hier noch eine kleine, nicht ganz ernst gemeinte, ironische Bemerkung, die vielleicht etwas aus der Zeit gefallen ist. In den sechziger Jahren begrüßte ich als Schüler die vielen katholischen und evangelischen Feiertage, da gab es schulfrei und bei einigen nicht so hohen kirchlichen Feiertagen begann der Unterricht erst ab zehn Uhr, die katholischen Schüler mussten! an diesen Tagen vor dem Unterricht noch in die Kirche. Im säkularen Berlin sieht es mit den Feiertagen leider recht mickrig aus... Ein paar gesetzliche humanistische Feiertage oder Gedenktage zur Ethik würden sicherlich viele auch begrüßen.
Klaus Weidenbach am Permanenter Link
Warum musste sich der Gott am 7. Tage nach der Schöpfung ausruhen? Die "Schöpfung" lief doch so ab: Und Gott sprach: es werde...und es ward....und Gott sah, dass es gut war.
Wolfgang Niclas am Permanenter Link
Kurz und klar erklärt, was es mit dem freien Sonntag so auf sich hat. Und das in einer erfrischenden schnörkellosen Sprache. Danke!
Unechter Pole am Permanenter Link
Viel praktischer wäre ein rigoros arbeitsfreier Samstag. Dies wäre viel bequemer und auch besser für die Wirtschaft.
Nachdem man nämlich am Samstag sich nach der Arbeitswoche ausgeruht hatte und ein wenig aufgeräumt, bleibt da kaum Zeit für Shopping übrig. So bestellt man am Sonntag Sachen bei Herrn Bezos...
Manfred Schleyer am Permanenter Link
Schade, dass Gott am Sonntag so viele Fürbitten in Gottesdiensten anhören muss, die ihm sagen, was er doch bitte machen soll. Damit diese Welt, sein Machwerk, etwas besser läuft.