Es gibt in Deutschland ein Problem mit Antisemitismus. Und es gibt ein Problem mit der Diskussion über die unterschiedlichen Formen und Träger von Antisemitismus. Während einige den "importierten muslimischen" Antisemitismus für das Hauptproblem halten, sehen es andere im "gewachsenen biodeutschen" Antisemitismus. Im Gespräch mit hpd-Redakteurin Daniela Wakonigg versucht Politikwissenschaftler und Antisemitismusforscher Prof. Armin Pfahl-Traughber die Diskussion zu entwirren.
hpd: Herr Prof. Pfahl-Traughber, im Zuge der erneuten Eskalation des Nahost-Konflikts gab es in Deutschland einige gewaltvolle Demonstrationen und antisemitische Aktionen wie das Verbrennen von Israel-Flaggen vor Synagogen. Das hat wiederum dazu geführt, dass momentan massiv darüber diskutiert wird, ob der Antisemitismus in Deutschland eher ein "importierter muslimischer" oder ein "gewachsener biodeutscher" Antisemitismus ist. Was sagen Sie zu dieser Diskussion?
Armin Pfahl-Traughber: Leider artikuliert sich in dieser Diskussion – mal wieder, muss man sagen – ein einseitiger und interessengeleiteter Blick auf das gemeinte Phänomen, noch dazu mit wenig Sachkenntnis. Denn Antisemitismus – das lehrt die Forschung – tritt in unterschiedlichen Formen mit verschiedenen Trägern auf. Bekanntlich ist in der deutschen Geschichte die Judenfeindschaft kein neues Phänomen, sie hat auch im Deutschland nach der Shoah weiter Verbreitung gefunden. Davon zeugen nicht nur die Ergebnisse der empirischen Sozialforschung, dies machen auch einschlägige Straftaten mit ansteigender Tendenz deutlich.
Es gab und gibt aber auch Antisemitismus unter Menschen mit Migrationshintergrund, übrigens nicht nur aus den arabischen, sondern etwa auch aus den osteuropäischen Ländern. Dafür existieren unterschiedliche Gründe, wobei religiöse Prägungen wie gesellschaftliche Sozialisation zusammenwirken. Beim Antisemitismus sollte daher der Blick in alle Richtungen geworfen werden. Wenn nur eine Form kritisches Interesse findet, dann darf gefragt werden: Geht es dabei hauptsächlich um eine Ablehnung von Antisemitismus oder stehen dahinter andere Motive?
Dann lassen Sie uns doch mal versuchen, das Ganze ein wenig zu entwirren und mit Fakten zu unterfüttern. Gibt es Untersuchungen darüber, wie verbreitet Antisemitismus und/oder antisemitische Ressentiments in der deutschen Gesamtbevölkerung sind?
Ja, bereits seit Beginn der bundesdeutschen Geschichte wurden – indessen meist unregelmäßig – derartige Umfragen durchgeführt. Dabei fragten die Forscher aber häufig nur, wie viele der Interviewten bestimmte judenfeindliche Stereotype teilten. Insofern kam es lediglich zu partiellen Erkenntnissen, noch dazu ohne Kontinuität, was die Einschätzung von Entwicklungsprozessen erschwert. Gleichwohl kann man grob sagen, dass von den Bundesbürgern noch gut die Hälfte in den 1950er Jahren antisemitische Positionen vertrat. Dieser Anteil ging in den folgenden Jahrzehnten zurück, stabilisierte sich aber meist bei um die zwanzig Prozent. Davon können jeweils um die zehn Prozent einer latenten und einer manifesten Variante zugeordnet werden. Letzteres meint eine bewusste und offene Einstellung, ersteres steht für diffuse und unreflektierte Ressentiments.
Um das aktuelle Einstellungspotential an jüngeren Umfrageergebnissen zu verdeutlichen, seien hier zwei Beispiele aus den Leipziger Autoritarismus-Studien von 2020 genannt: Der Aussage "Die Juden haben einfach etwas Besonderes und Eigentümliches an sich und passen nicht so recht zu uns" stimmten 6,3 Prozent und dem Einstellungsstatement "Die Juden arbeiten mehr mit üblen Tricks, um das zu erreichen, was sie wollen" 7,5 Prozent zu. Bei den quantitativen Angaben geht es um die Summe von "stimme voll und ganz zu" und "stimme überwiegend zu". Interessant ist übrigens dabei noch, dass sich einmal 18,7 Prozent und einmal 19,9 Prozent von diesen doch auch in der Formulierung eindeutigen antisemitischen Positionen nicht distanzieren wollten. Dies deutet zumindest auf eine ansatzweise Akzeptanz bei einigen der Interviewten hin.
Gibt es Untersuchungen darüber, wie verbreitet Antisemitismus und/oder antisemitische Ressentiments unter deutschen Rechten sind?
Befragungen direkt unter deutschen Rechten gab es nicht, dies wäre auch methodisch eine Herausforderung für die Sozialforschung. Indessen machen die breiter angelegten Untersuchungen darauf aufmerksam, dass die antisemitisch Eingestellten gewisse Spezifika aufweisen. Dazu gehört etwa die formal geringere Bildung. Aber bezogen auf Ihre Frage ist interessant, dass die antisemitisch Eingestellten hinsichtlich ihrer politischen Selbsteinschätzung wie ihres konkreten Wahlverhaltens tendenziell weit rechts standen. Man kann sogar eindeutig konstatieren: Je linker die politische Ausrichtung, desto geringer waren klassische antisemitische Positionen; je rechter die politische Ausrichtung, desto stärker waren klassische antisemitische Positionen.
Dabei ist indessen die Einschränkung "klassische antisemitische Positionen" wichtig, denn ein israelfeindlicher Antisemitismus war auch bei den eher links Stehenden durchaus verbreitet. In der Gesamtschau bedeutet dies: Antisemitismus kommt stärker in der politischen Rechten vor. Die meisten antisemitisch Eingestellten neigen etwa gegenwärtig überproportional hoch dazu, der AfD ihre Stimme zu geben.
Gibt es Untersuchungen darüber, wie verbreitet Antisemitismus und/oder antisemitische Ressentiments unter Muslimen in Deutschland sind?
Dazu gibt es nur wenige quantitative und mehr qualitative Studien. Letzteres meint Befragungen von nur wenigen Personen, die eben dann keine Repräsentativität beanspruchen können. Befragungen, die Auskunft über antisemitische Einstellungen unter Muslimen in einem quantitativen Sinne geben können, sind eher selten. Es gibt aber Ausnahmen und auch solche mit Ländervergleichen, die wiederum sehr deutliche Ergebnisse über die Verteilung zutage gefördert haben.
Als Beispiel kann eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin aus 2013 angeführt werden, wo man in sechs europäischen Ländern bezogen auf das Statement "Juden kann man nicht trauen" nach Zustimmungswerten fragte. Dabei wurden für Christen jeweils Daten erhoben, aber auch für Muslime. Auch wenn man bestimmte Aspekte der Methode oder Repräsentativität kritisieren mag, ergab sich doch ein eindeutiges Bild: Von den Christen in Deutschland meinten 10,5 Prozent "Juden kann man nicht trauen", von den Muslimen stimmten dem 28 Prozent zu. Diese Differenz war in anderen Ländern noch höher: Belgien 7,6 zu 56,7 Prozent, Frankreich 7,1 zu 43,4 Prozent, Niederlande 8,4 zu 40,4 Prozent, Österreich 10,7 zu 64,1 Prozent und Schweden 8,6 zu 36,8 Prozent.
Andere länderübergreifende Studien bestätigen diese Verteilung. So führte die Anti-Defamation League (ADL) 2015 eine Umfrage durch, wobei bezogen auf die Bejahung von sechs von elf antisemitischen Statements folgende Verteilung deutlich wurde: Deutschlands Gesamtbevölkerung – 16 Prozent, Muslime – 56 Prozent. Es muss daher konstatiert werden, dass die Antisemitismuspotentiale in Europa unter Muslimen überdurchschnittlich hoch sind.
Gibt es auch darüber Untersuchungen, in welchen Gruppen von Muslimen Antisemitismus stärker oder schwächer ausgeprägt ist? Also macht es in Hinblick auf seine antisemitischen Einstellungen einen Unterschied, ob ein Mensch muslimischen Glaubens erst in jüngerer Zeit nach Deutschland gekommen ist oder ob er hier schon seit Jahrzehnten oder gar seiner Geburt lebt?
Prof. Dr. Dipl.-Pol., Dipl.-Soz. Armin Pfahl-Traughber, Jg. 1963, ist hauptamtlich Lehrender an der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl, Lehrbeauftragter an der Universität Bonn und Herausgeber des "Jahrbuchs für Extremismus- und Terrorismusforschung". Seine Arbeitsschwerpunkte sind Antisemitismus, Extremismus, Ideengeschichte, Religion, Terrorismus und Totalitarismus. Er ist Mitglied im Unabhängigen Arbeitskreis Antisemitismus des Deutschen Bundestages und im Beirat des Bündnisses für Demokratie und Toleranz.
Dazu fehlt es an der entsprechenden Forschung. Zum Antisemitismus unter Flüchtlingen gibt es nur qualitative Untersuchungen, die keine Antworten auf solche Fragen ermöglichen. Man kann indessen auf begründete Annahmen verweisen. Nicht wenige der Flüchtlinge kommen aus Ländern, wo Antisemitismus zum gesellschaftlichen Mainstream gehört und auch über die privaten wie staatlichen Medien geschürt wird. Dabei bietet die Feindschaft gegenüber Israel den thematischen Raum. Insofern dürfte der Antisemitismus unter diesen Muslimen auch höher sein als unter den schon länger in Deutschland lebenden Muslimen.
Beachtenswert sind darüber hinaus die Forschungen aus anderen Ländern, die ebenso international vergleichend angelegt sind: Demnach kommen beim Antisemitismus eigenen Diskriminierungserfahrungen und sozioökonomischen Lagen keine so hohe Relevanz zu, demgegenüber der Glaubensintensität und Religionsauslegung schon. Anders formuliert: Je fundamentalistischer die Glaubensorientierung, desto stärker ausgeprägt sind die antisemitischen Vorurteile. Dafür sprechen auch Daten bezogen auf den Ländervergleich: Antisemitismus war aufgrund der säkularen Tradition lange in der Türkei eher unterdurchschnittlich präsent. Daran hat sich durch die politischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte mit Reislamisierungstendenzen etwas geändert. Antisemitische Auffassungen werden auch durch etablierte Medien ungehindert verbreitet. Und hochrangigste Politiker scheuen vor so etwas nicht zurück, wie man nicht nur in der letzten Woche hören konnte.
Kann man aus der relativen Verbreitung antisemitischer Einstellungen absolute Zahlen abschätzen? Worauf ich hinaus will, ist ganz platt die Frage, ob wir in Deutschland zahlenmäßig ein größeres Problem mit antisemitischen Muslimen oder mit antisemitischen Rechten oder mit antisemitischen Menschen in der Mitte der Gesellschaft haben.
Eine Antwort auf diese Frage lässt sich mit der Mathematik einfach geben: Auch wenn der Antisemitismus in der deutschen Mehrheitsgesellschaft geringer ist als unter den hiesigen Muslimen, so ist der Antisemitismus der Mehrheitsgesellschaft insgesamt relevanter, weil es eben um den Antisemitismus aus der Mehrheitsgesellschaft geht. Hierzu vielleicht noch eine kurze ergänzende Anmerkung: Wir sprachen bislang über antisemitische Einstellungen, nicht über antisemitische Straftaten. Diese haben laut der BKA-Statistik stark zugenommen, von 2015 mit 1.366 auf 2020 mit 2.351 Fällen, was eben einem Anstieg um mehr als zwei Drittel entspricht. Über 90 Prozent davon werden der "PMK-rechts" zugeordnet, was für "Politisch motivierte Kriminalität – rechts" steht. Viele Juden bekunden indessen in Umfragen, dass sie sich mehrheitlich von jungen arabischstämmigen Männern bedroht fühlen. Es gibt demnach einen Gegensatz von deren subjektiver Wahrnehmung und den in der Statistik vorgenommenen Zuordnungen.
Verständlicherweise kann mindestens eine der beiden Deutungen nicht stimmen, vielleicht entspricht auch ein Mittelwert der gesellschaftlichen Realität. Es gibt hier auch ein Problem, das mit der polizeilichen Datenerfassung zusammenhängt: Antisemitische Delikte mit unbekannten Tätern erhalten pauschal eine rechtsextremistische Zuordnung. Das muss angesichts von Angriffen von arabischstämmigen Muslimen auf jüdische Personen im öffentlichen Raum nicht richtig sein. Insofern bedarf es auch hier einer seriösen Datenlage, nicht nur in den Sozialwissenschaften.
Man hat den Eindruck, dass das Sprechen über muslimischen und nicht-muslimischen Antisemitismus in Deutschland zunehmend einem Minenfeld gleicht. Weist man darauf hin, dass es muslimischen Antisemitismus gibt, wird man von linken Kreisen mit der Rassismuskeule verprügelt. Und wenn man auf den Antisemitismus in nationalistischen rechten Kreisen oder der sogenannten Mitte der Gesellschaft hinweist, kassiert man von dort Prügel mit dem Hinweis auf den muslimischen Antisemitismus von Einwanderern. Wie schafft man es, sich durch dieses Minenfeld zu bewegen, ohne dass alle Seiten explodieren?
Man kann sich um einen differenzierten Blick bemühen. Ich komme ursprünglich aus der Antisemitismusforschung und habe in den letzten Jahrzehnten immer wieder zur Judenfeindschaft in unterschiedlichen Kontexten publiziert. Dies erklärt, warum mir von den Kennern dieser Publikationen schwerlich einseitige Zerrbilder unterstellt werden können. Es gibt aber immer mehr Menschen, die eigene Meinungen haben, aber nur über wenige Sachkenntnisse verfügen. Sie finden im Internet in den Kommentarfunktionen für sich Möglichkeiten, ihre Plattheiten und Ressentiments los zu werden. Dabei nehmen die Gemeinten noch nicht einmal die kommentierten Texte genauer wahr, selbst Themenschwerpunkte und Überschriften überlesen sie mitunter. Wichtig scheint dann nur noch zu sein, was man selbst meint.
Vor einigen Jahren veröffentlichte ich einmal einen Kommentar in der taz zu solchen Themen. Daraufhin wurde mir sowohl unterstellt, ich würde den Antisemitismus verharmlosen, wie, ich würde Israel blind verteidigen. Belege für beide Unterstellungen wurden nicht angeführt. Leider findet man auch beim hpd häufiger Kommentare auf diesem Niveau. Die Anmaßung in Kombination mit Unwissenheit erschrecken immer wieder. Vielleicht darf ich dazu aber mit einem Literaturnobelpreisträger schließen, der seinen 80. Geburtstag gestern am 24. Mai gefeiert hat. Gemeint ist Bob Dylan. Als er seine musikalischen Ausdruckmöglichkeiten elektrisch erweiterte, wurde er mit übelsten Unterstellungen konfrontiert. Bei einem Auftritt beugte er sich angesichts derartigen Gebrülls seinem Gitarristen zu und bemerkte: "Play it fucking loud."
23 Kommentare
Kommentare
Han Spirelli am Permanenter Link
Nun gibt's ja Antisemitismus schon seit Unzeiten in allen (un)möglichen Facetten; und der hienieden gefeierte(!) Luther hat beschrieben, wie er auf die Spitze zu treiben sei.
Was allerdings das >bio< in "gewachsener biodeutscher" bedeuten soll, erschließt sich mir ebenso nicht wie die m.E. etwas deplatzierte Verwendung des Dylan-Zitats ganz am Ende.
Vielleicht bin ich ja heute aber auch nur etwas schlecht drauf und schwer von Begriff.
A.S. am Permanenter Link
Meiner Meinung nach muss man noch weiter differenzieren als es Hr. Prof. Pfahl-Traughber tut. Nicht nur nach der "Herkunft" des Antisemitismus, sondern auch nach dessen Zielrichtung.
Ist der "Antisemitismus" gegen Juden als Angehörige der Glaubensgemeinschaft gerichtet?
Ist der "Antisemitismus" gegen Juden als Ethnie gerichtet?
Ist der "Antisemitismus" Kritik an der Politik Israels bzw. gegen den Staat Israel gerichtet?
Ich halte es für erforderlich, nach religiösem, ethnischen und politischen Antisemitismus zu differenzieren, zusätzlich zur Differenzierung nach der Herkunft.
Stefan Räbiger am Permanenter Link
Grundsätzlich und aus wissenschaftlicher Sicht ist diese von Ihnen aufgeführte Trennung richtig, stellt sich nur die Frage wie das getrennt anlysiert werden könnte.
A.S. am Permanenter Link
Mir geht es weniger um die Leute mit antisemitischen Einstellungen.
So wolkig und allumfassend der Begriff "Antisemitismus" derzeit gebraucht wird droht berechtigte Kritik mit "niedergekeult" zu werden. Solche Debattenmuster sind seit der Flüchtlingskrise 2015 in Deutschland weit verbreitet. Die Begriffe "Faschismus", "Rassismus" und jetzt "Antisemitismus" werden derart inflationär gebraucht, dass die ursprünglich enger gefasste Bedeutung verloren geht. Und regelmäßig geht es dabei darum, Sachdebatten unter einer Empörungswolke zu begraben und so zu verhindern.
Stefan Räbiger am Permanenter Link
Da gebe ich Ihnen absolut Recht, das ist das große Problem, das sachliche Kritik niedergeknüppelt wird, das ist die negative Seite der Sozialen Medien, aber auch der Mainstream Politik und mit Hetze in einen Topf gewo
A.S. am Permanenter Link
Ich sehe das wie Sie:
Wir leben in einem Zeitalter der hysterischen Empörung.
Hysterische Empörung ist zur Zeit DAS Mittel der Politik.
SG aus E am Permanenter Link
Meiner Meinung nach genügt es zu fragen:
- Ist der Antisemitismus gegen Mitbürger gerichtet?
- Ist der Antisemitismus gegen den Staat Israel gerichtet?
Wenn nun in Deutschland begonnen wird, „zugewanderten“ vom „angestammten“ Antisemitismus zu unterscheiden, muss gefragt werden, welchem Ziel das dienen soll. Ich vermute: Die Rede vom „muslimischen Antisemitismus“ dient vornehmlich dazu, Diskriminierung der bezeichneten Gruppe zu rechtfertigen.
Martin Hess (AfD) findet deutliche Worte: „Wir müssen jetzt endlich die Maßnahmen umsetzen, die die AfD schon seit Langem fordert: Erstens. Solange der Schutz der europäischen Außengrenzen nicht funktioniert, brauchen wir einen nationalen Grenzschutz, um den weiteren Zustrom islamistischer und arabischer Antisemiten in unser Land zu unterbinden. […] Zweitens. Wir müssen alle ausländischen Islamisten, Hassprediger und Gewaltverbrecher konsequent abschieben. Wer auf deutschem Boden fremde Konflikte austragen will, der hat hier in Deutschland nichts zu suchen.“ https://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19229.pdf#IVZr120
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Für einen konstruktiven Umgang mit den Vorfällen der letzten Tage plädierte Mathias Middelberg (CDU/CSU) in derselben Bundestagsdebatte: „Aber wir haben jetzt eben auch neue Erscheinungsformen, wir haben neue Äußerungsformen, und denen müssen wir uns stellen. Wenn wir sehen, wer dort auf der Straße gewesen ist – Jugendliche mit arabischem Migrationshintergrund, türkischstämmige Rechtsextremisten –, dann müssen wir uns sehr konkret fragen, wo wir beim Thema Integrationspolitik noch nachsteuern müssen, etwa beim Thema Integrationskurse. […] Ich spreche das ganz offen an: Nicht jeder, der zu uns kommt, hat die gleiche Sozialisation, sondern es kommen Menschen unterschiedlicher – auch regional bedingt – Sozialisation. Kollege von Notz, wir haben uns heute Morgen, als wir im Innenausschuss darüber sprachen, ein bisschen darüber unterhalten: Ist das jetzt muslimisch geprägter Antisemitismus? Ist das ein arabisch geprägter Antisemitismus? Ist das ein irgendwie regional zu verortender Antisemitismus? Darüber kann man ja gerne diskutieren. Ich würde mich dem Punkt mit dem regional zu verortenden Antisemitismus sogar anschließen.“ https://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19229.pdf#IVZr118
A.S. am Permanenter Link
"Wenn nun in Deutschland begonnen wird, „zugewanderten“ vom „angestammten“ Antisemitismus zu unterscheiden, muss gefragt werden, welchem Ziel das dienen soll.
Es gibt einen weiteren und ehrbaren Grund: Der Antisemitismus verschiedner Tätergruppen braucht verschiedene, passgenaue Reaktionen unserer Gesellschaft. Unterbleibt die Differenzierung nach Tätergruppen, bleibt nur einen unspezifische "Giesskanne" als Gegenmaßnahme.
SG aus E am Permanenter Link
A.S.: „Es gibt einen weiteren und ehrbaren Grund: Der Antisemitismus verschiedener Tätergruppen braucht verschiedene, passgenaue Reaktionen unserer Gesellschaft.“
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Ich wüsste auch nicht, weshalb man den modernen (rechten) Antisemitismus à la H. v. Treitschke und Kollegen unterschiedlich beurteilen sollte, je nachdem, ob die Familie des verschwörungsgläubigen Rassisten aus Berlin, Wien, Budapest oder Istanbul stammt. Immerhin ist er ein bemerkenswert erfolgreiches Exportprodukt europäischer Kultur. (Nicht erst die Jungtürken waren sehr bestrebt, die neuesten Entwicklungen aus Zentral-Europa für die eigene Nation nutzbar zu machen.)
Für die Antisemitismusprävention an Schulen gibt es schon seit einiger Zeit gute und empfehlenswerte Unterrichtsimpulse (z.B. von der Anne-Frank-Stiftung in Zusammenarbeit mit der FAZ oder von www.ufuq.de). Die mir bekannten Materialien sind allerdings nicht darauf angelegt, muslimische (und muslimisch gelesene) Schüler:innen einer „passgenauen“ Sonderbehandlung zu unterziehen. Vielmehr gehen sie von gemischten Klassen aus und geben allen Beteiligten Gelegenheit, eigene Diskriminierungserfahrungen in den Unterricht einzubringen.
Auch für die Erwachsenenbildung gibt es Modelle, z.B. vermittelt „Meet-a-Yew“ Gesprächspartner für Gruppen, die gerne einmal einem lebenden Juden begegnen möchten. Auch dieses Angebot richtet sich nicht nur an Moscheegemeinden und türkische Fußballvereine, sondern ist für alle Gruppen offen. Hier lassen sich Fragen stellen wie: Wie soll eine Nation, die ihre Vergangenheit erfolgreich bewältigt hat, mit Zuwanderern umgehen, bei denen das nicht der Fall ist? (Stichwort: Armenier) oder: Ist berechtigte Religionskritik an Judentum und Islam antisemitisch? (Stichworte: Beschneidung, Schächten).
Wahrscheinlich ist es sehr vernünftig, Anti-Anitsemitismus-Maßnahmen zielgenau einsetzen zu wollen. Nur vermute ich, dass sich Antisemiten und Nicht-Antisemiten oft nicht genau genug trennen lassen. Wie so oft geht es wieder einmal um die Frage der Durchführbarkeit politisch sinnvoller Maßnahmen – immerhin ist der Antisemitismus ein Problem, das bis in die Mitte der Gesellschaft hineinreicht (wie die Mitte-Studien und Prof. Pfahl-Traughber bestätigen).
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Antisemitismus hat historische Wurzeln, die - wenn man 2.100 bis 2.600 Jahre zurückgeht - ein anderes Wort treffender erscheinen lassen: Antijahwismus. Zumal auch die Araber strenggenommen Semiten sind.
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Diese Verachtung der jüdischen Religion (zunächst als Antijudaismus) war eine Reaktion auf die Verachtung der Juden allen anderen Kulten gegenüber - weltweit! Natürlich entstand das Judentum, bzw. der Monotheismus als Reaktion (zur Identitätsstiftung der Hebräer) auf die kolonialistisch unterdrückenden Nachbarreiche (Ägypten, Mesopotamien, Babylonien oder jenes der Hethiter).
Bis heute ist die Geschichte Palästinas äußerst wechselvoll. Da staute sich viel Hass auf, doch der größenwahnsinnige Monotheismus brachte das Fass zum Überlaufen. Als dann weitere Häresien und Schismen entstanden, kam noch der Religionskrieg hinzu, der nie enden wird, weil er seine Nahrung aus den dogmatisierten "heiligen" Büchern bezieht.
Dahinein spielen auch theologische Betrachtungen durch einflussreiche Kleriker, wie z. B. Martin Luther, der aus der Bibel begründet, warum Juden ein verdammtes Volk seien. Mir gegenüber haben verschiedentlich Biodeutsche (nicht unbedingt aus dem rechten Spektrum) erklärt, Luther haben doch die "Verderbtheit und Falschheit" der Juden nachgewiesen. Und Luther sei ja nach wie vor eine anerkannte Person.
Als wir Luthers Schriften in heutiges Deutsch übertrugen, hatten wir Schwierigkeiten, einen Verlag zu finden, weil man genau dies befürchtete: Luthers Schriften könnten antisemitische Munition liefern. Der Alibri-Verlag, der nicht in Verdacht steht, Rechten Munition liefern zu wollen, hat sich das letztlich getraut. Aber solange Luther in Deutschland noch immer von der offiziellen Politik und der EKD als akzeptable Person der Geschichte präsentiert wird, solange wird der Kampf gegen Antisemitismus schwierig bleiben, weil er mit zweierlei Maß misst und dadurch unglaubwürdig ist.
Wir müssen endlich schonungslos hinschauen, wer immer weiter Öl ins Feuer des Judenhasses schüttet, selbst wenn er lange tot ist. Es ist daher ein Fehler, eher eine "Mohrenstraße" als eine "Lutherstraße" umzubenennen...
Roland Weber am Permanenter Link
Bernd hat vollkommen recht:
"Diese Verachtung der jüdischen Religion (zunächst als Antijudaismus) war eine Reaktion auf die Verachtung der Juden allen anderen Kulten gegenüber - weltweit!"
Fakt ist eben: Die Juden erklärten sich zum auserwählten - und einzigen - Volk Gottes. Die Juden lehnten z.B. jegliches gemeinschaftliches Essen mit Andersgläubigen ab. Dies wurde von ihrer Umgebung nicht ganz grundlos als "asozial" empfunden und mit "Gegenausschluss" und Feindschaft beantwortet. Heute kann man (ohne Corona) als Fleischesser mit Vegetarieren, Nicht-Alkohol-Trinkenden oder anderen Ernährungsdenkern gemeinsam Feiern oder Essen, ohne dass man sich deshalb als gegenseitig "minderwertig" ansieht oder ein Treffen ablehnt. Aber so muss es eben gewirkt haben, wenn ein Jude eine freundschaftliche Einladung (rundweg) ausschlug, weil sie von keinem Juden ausgesprochen wurde. Wären die Folgen aus alledem nicht so bitter und bis heute prägend, könnte man fast sagen: Mit dem Anfang war ihr selber schuld! - Dass die ersten Propheten bei ihren Bemühungen, die jüdische Identität unter den unterschiedlichsten Herrschern aus anderen Völkern nicht verlieren wollten/sollten, ist das bewusst geschaffene Eine - die Folgen daraus muss man als fatale unbedachte Kehrseite dieser Weltsicht sehen.
Würde man einmal den Werdegang des "Antisemitismus" (ist ja nur auf Juden bezogene Judenfeindlichkeit und keine Ablehnung von Semiten allgemein) richtig und nachhaltig darstellen, dann müsste man auch erkennen, aus welch geradezu absurden Quellen diese Antisemitismen gespreichert wurden - und mangels Wissen gepflegt werden!
Martin Freytag am Permanenter Link
"Nur auf Juden bezogene Judenfeindlichkeit" wäre dann also am Ende doch nicht so schlimm, weil die Juden sich diese ja doch letztlich selber durch ihr "asoziales" Verhalten in der antiken Welt zuzu
Dass Juden z.B. beständig Einladungen ausgeschlagen haben - woher wissen Sie das so genau? Sie waren sicherlich nicht dabei.
Jedenfalls ist der Rabbi aus Nazareth ganz selbstverständlich der Bitte des römischen Hauptmanns nachgekommen, sich seinem todkranken Sohn zuzuwenden.
Solche Szenen müssen auch gelesen werden als frühe Zeugnisse von Annäherungen an Interkulturalität.
Und ja, ich kenne die problematischen Textstellen aus dem Alten wie aus dem Neuen Testament und werde sie auch nicht exegetisch verbiegen oder schönreden, auch nicht das daraus z.T. schwer fehlgeleitete Denken und Handeln im Laufe der Kirchengeschichte, wie es Deschner ja ausführlich dargestellt hat.
Aber es gibt eben auch ganz andere Traditionen, eben zum Ganzen beitragen.
Selbstverständlich sind Luthers späte Schriften gegen die Juden fürchterlich.
Aber es ist absurd, Luther als Mensch seiner Zeit und als Theologe der Freiheit gegen die Auswüchse der römischen Papstkirche auf diesen Aspekt zu reduzieren.
Sie werden dann z.B. auch bei Kant Textpassagen finden, die es rechtfertigen würden, ihn als Leitstern aus der Philosophiegeschichte zu verbannen.
Es hilft also immer nur Differenzierung sina ire et studio.
Ich empfehle zum Antijudaismus die große Studie von David Nirenberg und zu Luther die Studien von Thomas Kaufmann.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Zu Luther: Nein, nicht die "späten Schriften" Luthers sind fürchterlich, sondern viele Werke der letzten 23 Jahre seines Lebens.
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Natürlich kann man jeden Menschen in unterschiedliche Funktionen in seinem Leben einteilen und damit den negativen Teil relativieren. Doch das hilft nicht weiter. Luther war wirkmächtig und hat wesentlich zur Entstehung des rassistischen Antisemitismus beigetragen. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
Es geht bei Luther nicht um ein paar "Textpassagen". Luthers Menschenfeindlichkeit (gegen Juden, Muslime, Ungläubige, Frauen, Behinderte, Bauern, die reformatorischen Mitbrüder in der Schweiz, Katholiken etc.) war bei ihm lebenslanges Programm. Die positiven Elemente sind - bei genauer Betrachtung - eher Beiwerk.
Ich hatte einmal Gelegenheit, mit Thomas Kaufmann über Luthers Antisemitismus zu sprechen. Er sieht in ihm auch rassistische Tendenzen. Und diese Bewertung steht unter der Beurteilung durch sein Arbeitsgebiet, auf dem er ja gerne noch arbeiten will...
Roland Weber am Permanenter Link
Sind Ihnen die jüdischen Speisevorschriften nicht bekannt?
Diese sozio-kulturellen "Unverträglichkeiten" gerade bei den Speisen oder eben dem gemeinsamen Speisen haben schon einige Forscher entweder beiläufig erwähnt oder ausdrücklich hervorgehoben. Allerdings scheut man sich in der Tat, auch hier ein "Selbst-schuld"- Szenario aufzudecken.(Deshalb auch mein Text!)
Dass dieses schwerweigende Dilemma und die entstehende Zwiespältigkeit der Agenda zwischen alttestamentarischer Eigenständigkeit eines Judentums (Gottesvolk; vgl. Jesaja 43 etc.) und der Absonderung von anderen Völkern und Religionen kann hier nur knapp aufgezeigt werden, da dieses Format hier keiner grundlegenden Wissensvermittlung dienen kann. Wissen muss man sich an anderen Stellen und mit anderen Quellen erarbeiten.
Da die Evangelien im römischen Interesse geschrieben wurden, kommen genau deswegen auch Begegnungen zwischen Juden und Römern vor - wobei die Römer stets den besseren Part darstellen. Bitte mal nachprüfen!
Dass die (scheiternde!) Messias-Geschichte mit den Evangelien und einem Jesus sowohl zur Befriedung der Juden als auch zur Verherrlichung der Flavier geschrieben/erfunden wurden, habe ich mit meinen beiden Büchern für diejenigen verdeutlicht und belegt, die noch bereit sind, ihrem eigenen Verstand mehr zuzutrauen als einem überlieferten "Glauben".
Roland Weber am Permanenter Link
Ich habe da so meine Zweifel, was man da gefunden haben will.
Ich kann nicht erkennen, dass auf der rechten politischen Seite mehr Antisemitismus vorhanden ist als in der Bevölkerung allgemein. Allgemein halte ich den Umfang des deutschen Antisemitismus für überschätzt. Man differenziert nicht genug zwischen Rassismus und eben Antisemitismus. Und beim Rassismus dann vor allem die Einstellung als solche und die Frage zur Einwanderung. Nur wer da scharf genug trennt, gewinnt ein einigermaßen schlüssiges Bild auf die Sachlage.
Dass es immer noch einen Bodensatz Antirassismus in ungebildeten Volksschichten geben mag, mag schon richtig sein. Aber eben nicht bei Vorrednern und Vordenkern auf dem rechten Flügel (oder dort nur eine Minderheit). Der wohl immer noch verhandene deutsche (und anderer Europäer) vorhandene Antisemitismus war ursprünglich ein religiöser Antisemitismus, der sich mit zunehmender Säkularisierung in ethnische/rassistische Vorurteile wandelte. Für Luther war die Religion der Menschen (Juden) das Vernichtenswerte; für Hitler waren diese Menschen das Vernichtenswerte, die Religion spielte keine maßgebliche Rolle. Ein Kircheneintritt mag heute vor Abschiebung schützen (weil im islamischen Heimatland mit dem Tode bedroht); vor dem KZ hat es niemand bewahrt.
Die heutigen Palästinenser hassen die Juden wohl weniger wegen ihres Glaubens (wie sie auch jede andere Religion neben dem Islam verachten/...), sondern weil sie den Staat der Juden als Besatzungsmacht und als Willkürherrschaft gegen sie ansehen.
Ich kann mir deshalb nicht so recht vorstellen, dass z.B. die AfD zusammen mit Palästinensern Radale veranstalten würde. Beide Gruppen haben vollkommen unterschiedliche Gründe bzw. Vorurteile mit ihrem jeweiligen "Antisemitismus" und stimmen nach meinem Wissen auch keineswegs überein.
Zum Antisemitismus in Deutschland kann man nur sagen, dass dieser erst mit Beginn der Kreuzzüge "gesellschaftsfähig" wurde. Dies muss man Urban II. und der Kirche anrechnen, die die weltlichen Herrscher 1095 zu Kreuzügen aufgerufen hatten und dabei die Pogrome gegen alle Andersgläubigen und dabei vor allem eben in Deutschland gegen die Juden billigte. Das Nibelungenlied ist eine literarische Anklage in Form einer Allegorie gegen diese im Namen eines Christentum mordenden Pöbels und die Machtlosigkeit der Herrscher, diesem Einhalt zu gebieten - es war eben schon damals: Der Nibelungen Not.
Zitat (s.o.): "Eine Antwort auf diese Frage lässt sich mit der Mathematik einfach geben: Auch wenn der Antisemitismus in der deutschen Mehrheitsgesellschaft geringer ist als unter den hiesigen Muslimen, so ist der Antisemitismus der Mehrheitsgesellschaft insgesamt relevanter, weil es eben um den Antisemitismus aus der Mehrheitsgesellschaft geht." -
Diese Aussage halte ich für politisch ganz falsch, da dieser deutsche Antisemitismus alles andere als "prägend" ist. Prägend für den Gesamteindruck ist das, was durch die Medien vermittelt wird - und da wird eben nicht genug differenziert. Als Deutsche sollten wir unserer historischen Verantwortung gerecht werden und uns von beiden "Antisemitismen" deutlich distanzieren. Und Antisemitismus von Kritik an Israel als Staat unterscheiden.
Rainer Wuschansky am Permanenter Link
Zur Versachlichung der Diskussion über Antisemitismus darf ein ein Gesichtspunkt nicht übersehen werden: Die Palästinenser sind selbst Semiten.
Thomas Baader am Permanenter Link
Sehr versachlichend ist das nicht, lieber Herr Wuschansky, eher irreführend. Jaaaa, die Palästinenser sind Semiten. Antisemitismus meint aber Judenfeindlichkeit.
Rainer Wuschansky am Permanenter Link
Dass ich Ihnen nicht zu einer sachlicheren Sicht auf das Thema verhelfen konnte, bedaure ich, werter Herr Baader.
Mit dem alten Palästina meine ich das britische Mandatsgebiet vor Mai 1948. Nach der Ausrufung des Staates Israel wurden sehr wohl dort lebende Muslime von Ihrem Land vertrieben. Ein solches Vorgehen führt verständlicherweise zum Zwist. Die israelischen Expansionsabsichten werden auch deutlich, wenn man die Grenzlinien seit jener Zeit betrachtet. Aber wie ich in meinem Beitrag schon erwähnte: Was die Juden tun ist sakrosankt, kritisiert werden nur die arabischen Reaktionen darauf.
Thomas Baader am Permanenter Link
"Ein solches Vorgehen führt verständlicherweise zum Zwist." Dieses Vorgehen, von dem Sie sprechen, steht aber nun einmal nicht am Anfang der Entwicklung.
Und dass davor das Leben im gelobten Land immer friedlich war, ist ein Mythos.
Martin Freytag am Permanenter Link
Wann, wo und wie sollen Juden "im alten Palästina" Muslime vertrieben haben ?
Und die "Reaktion der Muslime" darauf- worauf bitte?
Thomas Baader am Permanenter Link
Ich hoffe, dass man mich nicht zu denen zählen wird, die im Kommentarbereich Plattheiten verbreiten... vermutlich aber wohl nicht, denn ich stelle fest, dass ich Herrn Prof.
Wenn ich im Zuge weiterer Kommentare mich auf eine bestimmten Aspekt konzentriere (Antisemitismus unter Rechten - Antisemitismus unter Linken - Antisemitismus unter Muslimen), dann übrigens nicht, weil ich die anderen Arten von Antisemitismus nicht sehen würde, sondern nur deshalb, weil ich mich für den Moment eben einfach ein bestimmtes Thema im Vordergrund steht.
An der Stelle gleich eine Frage: Ist die Unterscheidung "Antisemitismus von Rechten" und "Antisemitismus von Muslimen" nicht ein Kategorienfehler? Man kann doch wohl, denke ich, gleichzeitig rechts und Muslim sein... z.B. als Mitglied der Grauen Wölfe.
Martin Freytag am Permanenter Link
Vielen Dank für dieses sehr erhellende und hochdifferenzierte Interview, mit dem man sicher auch sehr gut im Unterricht der Oberstufe arbeiten kann.
Für mich nehme ich als Fazit vor allem mit:
David Z am Permanenter Link
Interessante und richtige Reflektion. Aber auch hier spüre ich den Drang der Relativierung: A=B. A ist aber nicht B. Die "Qualität" des Antisemitismus ist weitaus relevanter als deren Quantität.
Bei der Bewertung und Einordnung gibt deshalb noch einige Punkte aus der Realität, die der Differenzierung helfen würden:
1. Muslimisch/arabischer Antisemitismus wurde und wird durch Zuwanderung importiert. Schlimm genug, dass wir in Europa (ja, nicht nur in D) immer noch mit indigenem Antisemitismus zu kämpfen haben. Die eine Form des Antisemitismus hängt also mit der Migrationspolitik zusammem, der indigene Antisemitismus nicht.
2. Der muslimisch/arabische Antisemitismus wurde (und wird) seit Jahren nicht ernsthaft angegangen. Ganz im Gegensatz zum indigenen Antisemitismus. Und nein, ein 4-stündiger VHS Kurs zur dt. Geschichte ist kein Betrag, um Antisemitismus aus den Köpfen von in muslimisch geprägten Ländern sozialisierten Personen zu entfernen.
3. Das Ausmass des kürzlich gezeigten Antisemitismus aus der muslimisch/arabischen Ecke war seit Jahrzehnten das übelste, was wir auf unseren Strassen ansehen mussten. Die dort gezeigte verbale und physische Aggressivität im Kollektiv war seit 45 beispiellos.
4. Es waren keine Hansi Müllers, die im Beisein ihrer Kameradschaften voller Inbrunst und im Gefühl des Gerechten "Drecksjuden" oder "Juden ins Gas" gebrüllt hat. Es waren und sind keine Hansi Müllers, die in ihrem Viertel
Juden verprügeln, weil man sie als jüdisch wahrnimmt. Es waren keine Pierres vom FN, die in Frankreich jüdische Menschen foltern und aus dem Fenster werfen, weil sie Juden sind.
5. Die Polizeikräfte, die seit Jahrzehnten regelmässig vor unseren Synagogen Wache halten, stehen dort nicht wegen Hansi Müller.
6. Es waren keine Hansi Müllers, die an unseren Schulen das neutrale Wort "Jude" wieder als Schimpfwort etabliert haben.
7. Jüdische Mitbürger in D oder anderen europäischen Staaten wie Frankreich fühlen sich nicht von Hansi Müller oder Pierre zum Auswandern genötigt.
Antisemitische Einstellungen sind das eine, die Qualität dieser Einstellungen das andere. Es ist ethisch betrachtet ein Unterschied, ob 20 Personen David_Z insgeheim doof finden oder 2 Personen David_Z bedrohen, beschimpfen oder verprügeln. So ehrlich sollen wir schon sein.