Wer in England und Wales selbstbestimmt sterben möchte, muss aktuell noch in die Schweiz reisen. Doch das könnte sich in absehbarer Zeit ändern. Die meisten Menschen im Vereinigten Königreich begrüßen die Erlaubnis begleiteten Sterbens für unheilbar kranke und leidende Personen. Dies spiegelt sich auch in der Politik wieder. Am Mittwoch stellte Baroness Molly Meacher einen Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe im House of Lords vor.
In England und Wales ist Sterbehilfe verboten und wird mit bis zu 14 Jahren Haft bestraft. Gering ist die Wahrscheinlichkeit bestraft zu werden für diejenigen, die Sterbewilligen bei der Ausreise in die Schweiz helfen und ihnen so den Zugang zur Suizidassistenz eröffnen. Anders sieht es dagegen für diejenigen aus, die vor Ort zum Beispiel mit der Gabe von Tabletten beim Suizid unterstützen. Für über 80 Prozent der Menschen im Vereinigten Königreich ist das mittlerweile inakzeptabel. Eine stetig alternde Bevölkerung, bei der christliche Ansichten zurückgehen, erfordert eine Diskussion um die Gesetzgebungen zur Sterbehilfe.
Nachdem das Parlament zuletzt im Jahr 2015 das Thema behandelt und sich gegen eine Gesetzesänderung zur Legalisierung ausgesprochen hatte, gibt es aktuell verschiedene Vorstöße.
So hatte Baroness Meacher am 26. Mai ihren Entwurf eines "Assisted Dying Bill" (Gesetz zum begleiteten Sterben) im House of Lords, dem Oberhaus, eingebracht. Das Oberhaus kann neue Gesetze vorschlagen. An Platz sieben auf der Liste der zu behandelnden Gesetzesentwürfe stehend, hat es gute Chancen noch in diesem Jahr diskutiert zu werden.
Neben Meachers Vorstoß befindet sich Baron Charles Falconer of Thorotons Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe von 2020 noch in Erwartung der zweiten Lesung, nachdem er die erste Lesung bereits passiert hat.
Daneben gibt es einen weiteren Ansatz von 56 Abgeordneten, die sich mit Briefen, mit Unterstützung der britischen humanistischen Vereinigung Humanists UK und der Kampagnen-Gruppe My Death, My Decision ("Mein Tod, meine Entscheidung"), an Justizminister Robert Buckland gewandt hatten, um eine Prüfung der Gesetzeslage zur Sterbehilfe einzufordern. Obwohl die Regierung selbst nicht plant, das Verbot zu überprüfen, würde sie eine Untersuchung eines Gesundheits- oder Justizausschusses doch gern annehmen.
Die aktuellen Entwürfe zur legalen Sterbehilfe von Thronton und Meacher sehen vor, dass schwer kranke und leidende Menschen mit einer Lebenserwartung von nicht mehr als sechs Monaten Hilfe zum Suizid in Anspruch nehmen können, wenn zwei unabhängige Ärzt*innen und ein*e Richter*in dem zugestimmt haben.
Während die Mehrheit der Menschen selbstbestimmtes Sterben in Würde für todkranke Personen befürwortet und Länder wie Kanada, Italien, Neuseeland oder Spanien bereits ihre Gesetze angepasst haben und Suizidassistenz erlauben, gibt es auch kritische Stimmen.
Einige Organisationen für Menschen mit Behinderungen sehen in einer Gesetzesänderung die Gefahr, Menschen zu töten beziehungsweise sie in den Suizid zu treiben, wenn sie von Angehörigen als Bürde empfunden werden. Für sie ließen die Gesetzesentwürfe zu viel Raum, da das Wie und Wo eines begleiteten Sterbens nicht festgelegt sei. Aber auch religiöse Gruppen lehnen die Sterbehilfe ab und sehen ihre Rolle in der Begleitung von Leid, statt in dessen Verkürzung.
2 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Obwohl ich ihren Gesetzentwurf (noch) nicht _en detail_ kenne, gefällt mir bei der Mbaroness Molly Meacher schon mal vorzüglich die Alliteration im Anlaut.
Roswitha Quadflieg am Permanenter Link
Was für eine Arroganz, Leid begleiten zu wollen, anstatt alles dafür zu tun, es zu verkürzen, d. h. zu beenden!