Die Satireverschwörung "Birds aren't real"

Vögel? Gibt es doch gar nicht!

"Birds aren't real" – diese Verschwörungsbehauptung sorgt in den USA für Aufsehen. Sie besagt: Vögel sind nicht echt. Wenn ein Spatz auf einem Stromkabel sitzt – was macht er dann? Der falsche Vogel lädt seine Batterie auf. Vögel sind von der CIA vernichtet und ausgetauscht worden, gegen flugfähige Roboter. Diese Drohnen im Federkostüm überwachen die Bürger.

Vögel existieren nicht. Nicht mehr. Einst bevölkerten die direkten Nachfahren der Dinosaurier die Erde und den Himmel. Dann kam der große Austausch – zumindest in den USA. Dort hat die Regierung das Federvieh schon längst ausgerottet. Was die US-Amerikaner heute als Vögel identifizieren, sind seit den 1970er Jahren eigentlich Roboter. Drohnen, die von den Geheimdiensten gebaut wurden, um die Bevölkerung auszuspionieren. Die angeblichen Augen der Tiere sind in Wahrheit Kameras und das Herz ist eigentlich eine Batterie. Es ist typisch für Vögel, auf Stromleitungen zu sitzen? Na klar, so laden die Flugroboter ihre Batterien auf.

Bevor Sie nun ihren Wellensittich aus dem Käfig zerren und sezieren – es handelt sich hier um eine Verschwörungserzählung – die nicht einmal "echt" ist. Trotzdem ist "Birds aren't real" zu einer Bewegung geworden, mit etwa 361.000 Followern nur auf Instagram, die Accounts auf anderen Kanälen können mit ähnlich hohen Zahlen von Fans aufwarten.

Wenn der Vogel fliegt, spioniert er

Die Erzählung "Birds aren't real" ist aus einem spontanen Jux entstanden: Der inzwischen 23-jährige Peter McIndoe hat sie in die Welt gesetzt. Auf dem Women's March 2017 in Memphis, Tennessee wollte er sich über die rechten, verschwörungsgläubigen Gegendemonstranten lustig machen. Er hielt ihnen ein Schild mit der Parole "Birds aren't real" entgegen. Der Satz über die nichtexistierenden Piepmätze verbreitete sich wie ein Lauffeuer. In Memphis entwickelte sich ein Kult, die ganze Stadt wurde zugekleistert mit Graffitis und Stickern.

Ein Schauspieler gab sich als CIA-Agent aus, der die Info über die falschen Vögel leakt (wie CBS News zeigt), die Initiatoren begannen Fanartikel zu verkaufen, T-Shirts, Aufkleber, Hoodies mit "Birds aren't real" oder "If it flies, it spies" – wenn es fliegt, spioniert es. Auf riesigen Plakattafeln wurde der Slogan auf Highways in Pittsburgh, Memphis und Los Angeles gezeigt. Regionale Medien berichteten damals über die Bewegung. In Interviews gab sich McIndoe als ersthafter Kultanführer. Seine "Birds Brigade" verbreitete die Botschaft im realen Leben und in den Sozialen Medien. Erst vergangenes Wochenende hat McIndoe gegenüber der New York Times eingeräumt: "Birds aren't real" ist Satire, eine Parodie auf QAnon und Co.

Donald Trump kämpft gegen bluttrinkende Eliten

Die Erzählung "Vögel existieren nicht" ist sicher nicht stark genug, um als Stamm zu dienen für weitere phantastische Verzweigungen – anders die QAnon-Verschwörung. Diese Verschwörungslüge klingt zwar wie ganz schlechte Satire oder wie der Plot eines drittklassigen Gruselfilms. Die Theorie dient aber als fruchtbarer Boden für weitere Spinnereien.

Die QAnon-Verschwörungsstory nahm im Wahlkampf Trump versus Clinton ihren Anfang. Unter dem Pseudonym "Q" oder "QAnon" (Q-Anonymous) behauptete eine Person in Online-Foren, ein hochrangiges Mitglied des militärischen Geheimdienstes zu sein. Die geheime Botschaft: Der messianische Heilsbringer Donald Trump bekämpft hinter den Kulissen eine satanistische Clique von Prominenten, Linken und natürlich Juden. Diese Eliten trinken heimlich Kinderblut und zapfen ihnen das vermeintlich verjüngende "Adrenochrom" ab.

Kann "Birds aren't real" neue Aluhut-Phantasien generieren?

Die religionsähnliche Erzählung aus den USA ist die aktuell erfolgreichste Verschwörungsgeschichte der Welt – auch Corona sei Dank. Wie der Virus hat die QAnon-Erzählung weltweit Träger gefunden, die fleißig an dem Mythos weiter halluzinieren. Denn "Q" lässt alle Aluhut-Phantasien eins werden. Das Gerüst einer kindermordenden Elite bietet viele Verästelungen für Hirngespinste. Corona ist eine Biowaffe, im Impfstoff ist ein Mikrochip, Geimpfte strahlen ähnlich wie 5G usw. Wenn derartige Wahnvorstellung als Realität um die Welt und durch wirre Köpfe ziehen, wird Satire immer wieder und wieder von der Realität übertrumpft.

Die "Birds aren't real"-Verschwörung ist zu dünn, um ein Füllhorn voller Wahnsinn zu werden wie die QAnon-Lügengeschichte. Das Vogel-Märchen könnte eher ein Ast am Q-Baum sein. Aber die Theorie spielt auch keine große Rolle, die Bewegung ist in der Praxis relevant geworden. So hat sich die "Bird Brigade" zu einer politischen Bewegung gemausert, die Menschen mobilisiert – etwa, um Demonstrationen von Abtreibungsgegnern zu stören. Mit Irrsinn gegen den Wahnsinn. Manchmal klappt's.

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