Ein Mann reitet in einer einzigen Nacht auf einem pferdeähnlichen Wunderwesen von Mekka nach Jerusalem und steigt auf einer Leiter in den Himmel, wo er eine göttliche Offenbarung erlebt, ehe er zu den Gläubigen auf die Erde zurückkehrt: Das ist, kurz gefasst, die Handlung von "Mohammeds Himmelfahrt", die in verschiedenen Versionen kursiert und zu den bedeutendsten Erzählungen der islamischen Mythologie gehört. Eine fantasievolle Legende, mag man denken, ein wenig wahnhaft vielleicht. Doch wer solche Gedanken in Ägypten öffentlich äußert, bekommt es mit der Staatsanwaltschaft zu tun.
Dies musste nun der Journalist Ibrahim Issa erfahren, der Mohammeds Himmelfahrt in seiner Sendung auf einem ägyptischen privaten TV-Sender Ende Februar "eine vollkommen wahnhafte Geschichte" nannte. Scharfe Kritik übte Issa auch an islamischen Predigern, die sich ausschließlich auf solche Quellen berufen, die ihre Ansichten bestätigen. Ihnen sprach er jegliches tiefere Verständnis des Islams ab und bezeichnete sie als "salafistisch".
Die oberste Medienbehörde des Landes hat bereits rechtliche Schritte angekündigt für den Fall, dass Issa ihren Verhaltenskodex gebrochen hat. Auch das ägyptische Fatwa-Amt Dar al-Ifta meldete sich umgehend zu Wort. Dieses Zentrum für islamische Rechtsfragen war rasch bei der Hand zu erklären, dass Mohammeds Himmelsritt angeblich "definitiv stattfand" und in keiner Weise geleugnet werden könne. Das Land ist berüchtigt für seine Blasphemiegesetze.
Um derartige öffentliche Religionskritik in Zukunft gleich im Vorfeld zu verhindern, wurde nur zwei Tage nach der mutmaßlich blasphemischen Äußerung des Journalisten ein Gesetzentwurf ins ägyptische Parlament eingebracht, der es "Nicht-Spezialisten" verbieten soll, in Massenmedien über Religion zu diskutieren. So soll "Chaos in der Gesellschaft" verhindert werden.
In den Sozialen Medien löste Issas Statement kontroverse Reaktionen aus. Ein User auf Twitter verdammte den Journalisten, weil er Zweifel an der islamischen Lehre gesät habe, während ein anderer ihn für seine Unterstützung des "nationalen Modernisierungs- und Revolutionsprojekts gegen Fanatiker" feierte.
Es ist nicht das erste Mal, dass Ibrahim Issa als pointierter Kritiker islamistischer Dogmen in Erscheinung tritt. Bereits unter dem 2011 zurückgetretenen Präsidenten Husni Mubarak hatte er sich einen Namen als Kritiker des islamischen Dogmatismus gemacht. Im November 2021 trat er eine Kontroverse los, als er vom Besuch in einer Apotheke berichtete, wo er den Apotheker beim Lesen des Korans vorgefunden habe. "Der Koran ist eine schöne Lektüre", sagte Issa damals, "aber Sie sollten vorrangig ein Buch über Medizin lesen."
15 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Ja wo kämen wir denn hin, wenn jeder seine Meinung frei äussern dürfte und am Ende fingen die Menschen in Islamischen Ländern noch an, nachzudenken über ihre Religion.
A.S. am Permanenter Link
Ich vertrete die Meinung, dass man Religion auf der nicht-theologischen Ebene angreifen sollte, z.B. auf der pädagogischen Eben oder der politischen Ebene.
Was ich damit meine:
- Politisch ist Religion die Ideologie zur Theokratie. Allen mir bekannten religiösen Lehren beinhalten im Kern, dass die Menschen den Priestern gehorchen müssen, selbst Kaiser, Könige und Präsidenten. Legitimiert wird das dadurch, dass angeblich Gott gäbe angeblich die Priester besonders viel Ahnung von "ihrem" Gott hätten.
Das mit dem "ihren" Gott meine ich auch so.
Spannend wäre, wenn mal konsequent hinterfragt werden würde, wieviel Ahnung von Gott die Priester wirklich haben. Denn ihre Kenntnis von Gott haben die doch nur aus alten Büchern, die von den Priestern selbst (!) als "heilig" klassifiziert werden ...
Verkünden die Priester wirklich den Willen Gottes oder geben sie nur ihren eigenen Willen als den Willen Gottes aus? Die "heiligen Bücher" wurden bekanntlich von Priestern geschrieben!
Klaus Weidenbach am Permanenter Link
Die Priester haben genau so viel oder so wenig Ahnung von ihren Göttern wie alle anderen Menschen. Wenn es nämlich zur Gretchenfrage kommt, heißt es doch immer: Gottes Wege (und dementsprechend auch seine Taten bzw.
Matthias am Permanenter Link
Stimmt so nicht ganz. Die Priester wissen schon über die Irrungen bescheid. Aber wenn sie das sagen würden, dann sägen sie an ihrem eigenen Ast.
A.S. am Permanenter Link
Verstehe ich Sie richtig, Matthias, dass Sie der Ansicht sind, den Priestern sei ihre eigene Hochstapelei bewusst? Dann wäre das Verhalten der Priester kriminell. Ansonsten wäre es lediglich dumm.
Roland Fakler am Permanenter Link
Das Denken lenkt unser Handeln, deswegen ist es sehr wichtig, dass wir ein realistisches Weltbild haben, sonst könnten unsere Handlungen verhängnisvoll werden.
http://rolandfakler.de/falsches-denken/
Angelika Wedekind am Permanenter Link
Die halbe Welt ist voll von Idioten, wahrscheinlich ist es das beste für die Natur, wenn die Fehlentwicklung Mensch sich selber abschafft.
Werner Helbling am Permanenter Link
Kann ich zu 100 % nur beipflichten.
Jetzt wäre doch der Zeitpunkt gekommen, wo weltweit alle Religionen ihre Gläubigen dazu aufrufen müssten, ihre Waffen nieder zu legen. Nach dem Motto: «Man stelle sich vor, es wäre Krieg und keiner geht hin» Dabei stützen sich diese Gemeinschaften doch praktische alle auf die gleiche Gottheit. In was für einer verfluchten, verlogenen und heuchlerischen Zeit leben wir?!
Hans Trutnau am Permanenter Link
Wieso "islamistischer" Dogmen? "islamischer" reichte (wie im Satz darauf).
David Z am Permanenter Link
Den Spruch an den Apotheker, der doch besser MedizinBücher anstatt des Korans lesen möge, finde ich super.
Allerdings sollten wir uns hüten, hier zu schmunzeln, wenn bei uns im "aufgeklärten" Deutschland Apotheken fröhlich Homöopathische Mittelchen bewerben, anpreisen und verkaufen.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Eine Apotheke in meiner Nähe hat Homöopathie rausgeschmissen und ersetzt durch Gebetsbücher und Heiligenbildchen. Vom Regen in die Traufe.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Häää, wie blöd ist das denn?? einen Unsinn mit einem anderen auszutauschen.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Nicht nur ausgetauscht, es ist schlimmer. Religion ist der ursprüngliche Türöffner für "Alternantive Fakten". Keine Religion, keine Homöopathie. Esotherik ist die Tochter, die Mutter heißt Religion.
SG aus E am Permanenter Link
David Z. schrieb: „Den Spruch an den Apotheker, der doch besser Medizinbücher anstatt des Korans lesen möge, finde ich super.“
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David Z am Permanenter Link
Naja, ich denke, das sind Spitzfindigkeiten. Theoretisch ist ihr Einwand richtig.
Hätte er gesagt, er möge doch besser ein Buch der Ingeneurskunst lesen, wäre Ihr Einwand schon eher nachzuvollziehen.