Kommentar

Rechten Verschwörungsmythen keine Chance geben

Es ist richtig übel, wenn selbst einige Mitglieder demokratischer Parteien rechte Verschwörungsmythen verbreiten. Besonders, wenn es sich dabei um das Personal an der Spitze handelt. Die aktuelle Drogen- und Ernährungspolitik sowie die Offenheit gegenüber dem Gendern sollen laut einiger Persönlichkeiten von konservativ bis ganz rechts außen regelrechte "Umerziehungsmaßnahmen" sein. Und der Bundesregierung bestehend aus SPD, Grünen und FDP soll es angeblich nur um Zwänge und nicht auch um Freiheiten gehen. Einer Faktenprüfung halten diese Annahmen jedoch nicht stand.

Von der ideologischen Drogenprohibition, die die Bürger:innen bevormundet hat, wird nun allmählich Abstand genommen. Zum Beispiel soll jede:r Erwachsene frei entscheiden können, ob er:sie Cannabis konsumieren möchte. Eine durch und durch begrüßenswerte Sache, schließlich ist jenes etwa nicht tödlicher als die Droge Alkohol. Beide können bei übermäßigem Konsum – vor allem in jungen Jahren – zwar fatale Konsequenzen haben. Doch dass die eine Droge bislang verteufelt wurde und die andere nicht, entbehrte jeglicher sachlichen Grundlage.

Unser Landwirtschaftsminister empfiehlt der Bevölkerung im Einklang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, im Schnitt etwas weniger Fleisch zu essen. Das schont das Klima und ist obendrein auch noch gut für die Gesundheit. Die von Rechten befürchtete Zwangsveganisierung blieb aus. Aus deren Sicht mit Blick auf die nächsten Wahlen nachvollziehbarerweise ein ärgerlicher Umstand. Doch in Zeiten der Hochkonjunktur von Fake News, Verschwörungsmythen und Querdenken ist es äußerst unklug, entgegen tatsächlicher Begebenheiten rechte Narrative zu reproduzieren.

Auch beim Gendern gilt weiterhin die Faustregel: Wer dies tun möchte, soll es tun. Wer nicht gendern mag, soll es bleiben lassen.

Dass aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse immer mehr Menschen gendern und zum Beispiel auch staatliche Institutionen dazu übergehen, wird im Wert auch nicht dadurch geschmälert, dass aktuell noch eine Mehrheit der Bevölkerung Schwierigkeiten damit hat. Gemäß des Tenors von Markus Söder und seinen Parteikolleg:innen klingt es jedoch fast so, als solle ernsthaft mit einem Zwang gegen begrüßenswerte gesellschaftliche Entwicklungen gearbeitet werden. Zumal die Ansage, dass sich jede:r fragen sollte, ob er:sie eine möglichst diskriminierungsfreie Sprache oder eben das Gegenteil davon nutzen will, keine "Umerziehung" ist, sondern "Aufklärung". Den Bürger:innen die Möglichkeit zu geben, ihre Entscheidungen möglichst aufgeklärt und selbstbestimmt treffen zu können, ist zeitgemäß und nennt sich sinnvolle Politik. Dagegen zu agitieren, ist hingegen ein Anzeichen von nostalgischer Verklärung der Vergangenheit und des Ignorierens des wissenschaftlichen Fortschritts.

Solch rückständige und kontrafaktische Aussagen, wie jene jüngst von Herrn Söder, die deckungsgleich mit jenen der rechten Verschwörungsideolog:innen sind, sind gefährlich, da sie Teile der Bevölkerung aufwiegeln und die Fake-News-Verbreiter:innen jeglicher Couleur unterstützen. Wenn das der Auftakt für künftige Wahlkämpfe sein sollte, werden wir uns nicht wundern dürfen, weshalb Reichsbürger:innen und Co. ausrasten und Gewalt gegen Menschen ausüben wollen.

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