Nach der Demo in Köln

Hooligans gegen Salafisten - Was tun?

KÖLN. (hpd) Es war eine Eskalation mit Ansage. Am Wochenende demonstrierte das Bündnis HoGeSa (Hooligans gegen Salafisten) in Köln. Erstaunlich war nur, dass sich tatsächlich 4.000 Demonstranten in der Kölner Innenstadt zusammenfanden. Die Polizei hatte im Vorfeld mit weniger Teilnehmern gerechnet. Wie erwartet, geriet die Situation schnell außer Kontrolle. Die mehrheitlich gewaltbereiten Demonstranten verletzten 44 Polizisten, mehrere Unbeteiligte und warfen einen Mannschaftswagen um.

Bei der jüngsten Eskalation handelt es sich um eine neue Muskelprobe der rechten Szene in Deutschland. Denn keineswegs waren nur unpolitische Fußballfans an den Ausschreitungen beteiligt. Verschiedene rechte Gruppen und auch einzelne Rocker beteiligten sich ebenso an der Demonstration. Das ist erstaunlich. Zwischen den drei genannten Milieus gibt es nicht oft Überschneidungen und oft genug sind sie in sich selbst zerstritten. Schalke gegen Dortmund, Rechte gegen Nationaldemokraten, Bandidos gegen Hells Angels. In sich stimmig ist das alles nicht. Die NPD-Größen aus Nord und Süd, der Bayer Sascha Roßmüller und der Schleswig-Holsteiner Peter Borchert, sind Mitglieder des Motorrad-Clubs Bandidos. In der eigenen Partei, die sich als Hüterin von “Law and Order” sieht, kommt das nicht gut an. Schließlich wird den Rockergruppen Gewaltkriminalität, Drogenhandel und Zwangsprostitution nachgesagt. Ebenso nehmen die Bandidos gern auch Türken und Araber auf, was der NPD kaum gefallen dürfte.

Auf der anderen Seite ist das “Die-Rechte”-Mitglied Siegfried Borchardt, genannt “SS-Siggi”, Bindeglied zwischen Nationalisten und gewaltbereiten Fußballfans. Auf seinen Spitznamen angesprochen, erwiderte der Hooligan, die Medien sollten ihn lieber “SA-Siggi” nennen. Der Veteran der Szene war ebenfalls in Köln zugegen.

Dass es in dieser Gemengelage aus Konkurrenz und Kooperation tatsächlich zu einem derart breiten Bündnis kam, ist erstaunlich. Das gemeinsame Feindbild Islam schweißte die äußerst heterogenen Gruppen zusammen. Offizieller Organisator der Demonstration war Pro-NRW-Mitglied Dominik Roeseler, der sich einige Tage zuvor jedoch von dieser Position zurückzog. Selten in den vergangenen Jahren fand das rechte Spektrum zu einer derart großen Einzelaktion zusammen.

Dass der Islam sich als Kristallisationskeim anbietet, liegt auf der Hand. Die Massaker des “Islamischen Staats” (IS) in Syrien und dem Irak werden täglich in deutsche Wohnzimmer übertragen. Die Auseinandersetzungen zwischen Islamisten und Kurden finden nicht nur im Nahen Osten statt, sondern auch in Deutschland selbst. Und in NRW sorgte vor wenigen Wochen die selbsternannte “Scharia-Polizei” des Konvertiten Sven Lau für Aufsehen. Leider werden sich Ausschreitungen wie in Köln in den nächsten Jahren wohl wiederholen und könnten sogar an Intensität zunehmen.

Wie soll man mit diesem Phänomen der “Hooligans gegen Salafisten”, allgemein mit anti-islamischen Hetzern umgehen? Die Medien und einzelnen Verfassungsschutzbehörden haben wichtige Arbeit geleistet, als es darum ging, die Legende der unpolitischen Fußballfans zu demontieren. Die personellen Überschneidungen ins rechtsextreme Lager wurden ausreichend dokumentiert. Aber das allein reicht nicht. Man kann die Ausschreitungen damit erklären, dass Rechte und Hooligans eben “böse” sind. Und das stimmt ja auch. Aber aus dieser Erklärung lässt sich keine Lösung des Problems ableiten. Die “Bösen” freundlich aufzufordern, doch bitte “lieb” zu sein, wird nichts bringen. Sich auf der moralischen Überlegenheit auszuruhen, besser als die Rechten zu sein, wird ebenso von wenig Erfolg gekrönt sein.

Das Problem liegt tiefer. Der deutsche Staat hat gegenüber den Salafisten versagt. Warnzeichen gab es genug. Arid Uka, der 2011 auf dem Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten erschoss und zwei weitere lebensgefährlich verletzte, hatte sich in der deutschen Salafisten-Szene um Pierre Vogel radikalisiert. Denis Cuspert, der als Gangsta-Rapper “Deso Dogg” bekannt wurde, kämpft mittlerweile in Syrien als Soldat des “Islamischen Staats”. Er stand in den letzten Jahren vor seiner Ausreise in engem Kontakt zu Pierre Vogel, dem Kopf der deutschen Konvertiten-Szene. Ibrahim Abou-Nagie, palästinensischer Salafist und Initiator der “Lies!”-Koranverteilungskampagne wurde jahrelang vom deutschen Staat alimentiert, der ihm Sozialleistungen zahlte, obwohl er keineswegs bedürftig war. Dessen Mitstreiter, Sabri Ben Abda, der gegen einen Reporter, der allzu kritisch über die Koranverteilungen berichtete, eine kaum verhohlene Morddrohung ausstieß, konnte dennoch ungehindert nach Syrien ausreisen, wo er sich an einer Entführung von Mitgliedern einer deutschen Entwicklungshilfe-Organisation beteiligt haben soll. Ebenfalls im Jahr 2012 kam es zu Ausschreitungen, weil Pro-NRW öffentlich einen anti-islamischen Film vorführen wollte. Bei den Auseinandersetzungen stach ein Salafist mit einem Messer auf die Polizisten ein. Hätte man ihn nicht rechtzeitig entwaffnet, wären womöglich Tote zu beklagen gewesen. 2013 konnte die Polizei einen geplanten Salafisten-Mord gegen Pro-NRW-Chef Markus Beisicht verhindern. Jüngeren Datums sind die Äußerungen Pierre Vogels. Er gab an, die Opfer des “Islamischen Staats” retten zu wollen - und verhöhnte sie gleichzeitig. Bei den Jesiden handelt es sich um eine kurdische Religionsgruppe, die derzeit im Irak als “Teufelsanbeter” stigmatisiert und ermordet werden. Pierre Vogel richtete eine Hotline ein, unter der die Jesiden zum Islam konvertierten können, um so ihr Leben zu retten.

Die Hooligans holen das nach, was der deutsche Rechtsstaat versäumt hat - nur eben nicht mit rechtsstaatlichen Mitteln.

Ebenso lassen die deutschen Islamverbände zu, dass die Rechten die Salafisten für ihre Hetze instrumentalisieren können. Zwar haben sie sich von ihren Glaubensbrüdern distanziert - doch wie glaubwürdig sind ihre Beteuerungen? Akzeptieren die Islamverbände die Gleichstellung von Mann und Frau, von Hetero- und Homosexuellen? Kann ein Verband wie DİTİB, der der türkischen Staatskanzlei untersteht, glaubwürdig gegen Terroristen argumentieren, wo doch Präsident Erdoğan den Terroristen des “Islamischen Staats” im eigenen Land Unterschlupf und Operationsbasis gewährt? Zudem leugnet auch DİTİB den Völkermord an den Armeniern und benennt die Moschee-Neubauten in Deutschland mit Vorliebe nach osmanischen Feldherren. Natürlich sind die Islamverbände keineswegs so gefährlich wie die Salafisten, in ihren Weltbildern stößt man leider dennoch auf große Übereinstimmungen.

Am gefährlichsten ist es jedoch, nun wieder pauschal jede Kritik am Islam unter Rassismusverdacht zu stellen Ist der Islam eine Rasse? Pierre Vogel jedenfalls ist genauso “biodeutsch” wie ich auch. Ebenso darf man nicht dem Fehler verfallen, zu glauben, die Salafisten wären keine “echten” Muslime, schließlich sei der Islam doch friedlich. Die Trennung zwischen wahrem und radikalem Islam ist ohnehin wenig überzeugend. Denn welches Wort ist der kleine Bruder von radikal? Extremistisch? Fundamentalistisch? Gewaltbereit? Nein. Radieschen! Was denn auch sonst? Der “Vater” der beiden Wörter ist das lateinische radix - zu deutsch “Wurzel”. Nun ist ein Radieschen offensichtlich eine Wurzel und der radikale Islam beruft sich eben nur auf die Wurzeln des Islam. Radikal heißt also letztlich: Pur. Rein. Unverfälscht.

Ist aber der radikale, also wahre, Islam gewaltbereit? Das ist er, wenn seine Wurzeln es sind. Der Blick in den Koran schafft Abhilfe: Mohammed ermordete die Juden Medinas. Von den deutschen Salafisten unterscheidet er sich damit nur in der Konsequenz, nicht in der Intention.

Die Behauptung des breiten Rechtsbündnisses, nämlich dass der Islam eine gewalttätige Religion ist, ist korrekt. Erst vor wenigen Tagen wurde Reyhaneh Jabbari im Iran hingerichtet, weil sie ihren Vergewaltiger in Notwehr erstochen hatte. Hätte sie sich nicht gewehrt, wäre dies als Zustimmung zur Vergewaltigung gewertet und damit als außerehelicher Sex ebenso mit dem Tode bestraft worden. Die aktuelle Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai erhielt neben Glückwünschen aus der westlichen Welt umgehend auch Morddrohungen aus islamischen Ländern, weil sie sich dafür einsetzt, dass Mädchen die Schule besuchen dürfen. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Im linken Lager herrscht leider die Meinung vor, dass jede rechte Meinung automatisch falsch sein müsse. Doch dem ist leider nicht so. Oder wird die Erde zur Scheibe, nur weil in Hitlers Arbeitszimmer ein kugelrunder Globus stand? Die Parolen vom gewalttätigen Islam entsprechen leider der Wahrheit. Wer gegen die Wahrheit argumentiert, wird in einer Diskussion früher oder später automatisch unterliegen. Was sollte man in dieser Situation tun? Wenn man die Thesen der Rechten nicht widerlegen kann, weil sie nunmal der Wahrheit entsprechen, muss man ihnen diese Wahrheit eben wegnehmen. Gerade weil die Wahrheit so mächtig ist, muss sie sich in den richtigen Händen befinden. Die Rechten bieten ihr Produkt, nämlich die Islamkritik, exklusiv an. Viele Vertreter der bürgerlichen Mitte, die sich vom groben Image der Hooligans eher abgestoßen fühlen, mögen sich insgeheim denken: “Na wenigstens tun die was!”

Solange der Islam Gewalt ausübt, werden die Deutschen sich wünschen, dass jemand sich dieses Problems annimmt. Je weniger sich Linke und Mitte mit dieser Thematik befassen, umso sympathischer erscheinen die Rechten, die gleich dem blinden Huhn auch mal ein Korn gefunden haben. Wie viel schwächer wären die Rechten, wenn man ihnen ihr derzeit stärkstes Instrument einfach wegnimmt und gegen sie verwendet!

Linke und Rechte argumentieren hier zwar entgegengesetzt, doch leider ähnlich, nämlich monokausal. Beide versteifen sich auf nur eine einzige These. So ist der Islam für sie in einem Fall friedlich, im anderen Falle gewalttätig. Eine differenzierte Position muss aber mit mehr als einem Argument begründbar sein. Stimme ich den Hooligans zu, die vor dem Islam warnen? Ja. Teile ich deswegen ihre Pauschalurteile gegen Muslime oder heiße ihre Gewalttaten gut? Natürlich nicht! Für mich ist die Tatsache, dass der Islam eine gewalttätige Religion ist, eben nur eines von mehreren Argumenten. Dass viele Muslime ihren Glauben nicht sklavisch befolgen, also durchaus friedlich sein können, ist mir ebenso bekannt. Der Islam ist eine Religion, Muslime sind Menschen. Ich kenne den Unterschied genau. Linke/Rechte sind sich in ihrem Denkfehler einig: Da der Islam friedlich/gewalttätig ist, sind auch alle Muslime friedlich/gewalttätig.

Zu erkennen, dass der Islam gewalttätig ist, heißt nicht, den Rechten recht zu geben. Im Gegenteil. Wer die wahre Natur des Islam erkennt, kann Feuer mit Feuer bekämpfen. Hooligans, Rechte und Salafisten sind sich ähnlicher, als sie zugeben wollen. Wenn Linke der Illusion des friedlichen Islam erliegen, wird ihnen die rechte Bündnispolitik immer unverständlich bleiben. Adolf Hitler versuchte, die Araber für seinen Kampf gegen das britische Empire zu gewinnen. In der Gestalt des Großmufti von Jerusalem fand er dafür den perfekten Ansprechpartner. Hitler schätzte den Islam, da er in vielen Punkten mit dem Nationalsozialismus übereinstimmt. Beide Weltanschauungen sind sich im Kampf gegen das Judentum einig. Der Großmufti half Hitler bei der Aufstellung muslimischer SS-Divisionen auf dem Balkan. Die NPD kann aller populistischen Hetze gegen Türken zum Trotz ihre positive Haltung gegenüber dem Islam nicht einfach ablegen - denn dies wäre Verrat am Führer. Wenn Terroristen die USA bekämpfen, ist dies den Rechten nur recht. Auch war die NPD hocherfreut, als der iranische Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad den Holocaust leugnete. Die Terrorattacken der Hamas auf Israel treiben den Nazis ebenfalls Freudentränen in die Augen.

Aber weit bedeutender als die außenpolitische Kooperation ist die Zusammenarbeit auf dem für die NPD wichtigsten Feld: Der Reinheit der Rasse. Staatspräsident Erdoğan forderte bei seinen Auftritten in Deutschland stets Privilegien für die Türken. So möge die Bundesregierung doch bitte türkische Schulen und Universitäten errichten. Auch sollen die Türken ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft behalten und nicht zu Deutschen werden. Das alles ist logisch. Die NPD will alle Türken in ihre Heimat abschieben. Wenn sie türkisch sprechen und weiterhin die türkische Staatsbürgerschaft besitzen, muss die Türkei sie aufnehmen. Wenn Türken in bestimmten Stadtteilen Parallelgesellschaften bilden, kommt es zu weniger Kontakt mit Deutschen und nicht zu unerwünschter Rassenvermischung. Dass der Islam Ehen zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen ablehnt, ist hier nur förderlich. Muslimische Frauen die einen Deutschen lieben, müssen oft genug die Rache ihrer Familie fürchten. Erdogans nationalistischer Kurs entspricht in den Augen der NPD einer kostenlosen Neuauflage der Nürnberger Rassengesetze von 1935, die Ehen zwischen Deutschen und Juden untersagten.

Nicht nur die NPD ließe sich in die Enge treiben, wenn man ihre anti-muslimische Hetze einfach mit dem Verweis auf ihre pro-islamischen Sympathien kontert. Auch Pro-NRW, obwohl laut eigenen Angaben anti-islamisch, hat das gleiche Glaubwürdigkeitsproblem. Viele ihrer Kader waren zuvor in der NPD tätig. Manche auch hintereinander Mitglied in beiden Parteien. Zuerst wurde noch verkündet, dass Kopftuchmädchen lieber als bauchnabelfreie Türkinnen seien. Während erste sich durch ihre Kleidung ähnlich dem Judenstern selbst von der deutschen Gesellschaft abgrenzten, würden letztere ihre sexuelle Verfügbarkeit signalisieren. In ihrem Frauenbild unterscheiden sich Islam und Nazis nicht.

Eine konsequente Islamkritik würde aber keineswegs nur die Rechten schwächen. Sie würde den Muslimen selbst am meisten nutzen. In den letzten 10 Jahren starben etwa eine Million Muslime. In Darfur, im Irak, in Syrien, in Afghanistan, in Pakistan, in Libyen, im Jemen usw. In dem meisten Fällen wurden sie jedoch durch andere Muslime ermordet. Auch muslimische Frauen und Homosexuelle würden profitieren, befreite man sie von den Zwängen ihrer Religion.

Linke geben an, Morde an Ausländern zu verabscheuen. Handelt es sich bei den Tätern um Deutsche, stimmt diese Behauptung sogar. Geht es aber um Ehrenmorde, dröhnt einem lautes Schweigen entgegen. Sind deren Opfer etwa keine Ausländer? Fremdenhass ist genau das: Hass gegen Fremde. Wenn ein Vater seine Tochter erschießt, wenn ein Bruder seine Schwester ersticht, dann stirbt keine Fremde. Muss dieser Hass nicht ungleich stärker sein? Warum wird er weniger häufig angeprangert als der Rassismus der Nazis?

Siegfried Schmitz, Gründer der anti-islamischen “German Defence League”, deren Mitglieder ebenfalls an den Ausschreitungen in Köln beteiligt waren, hielt den Linken genüsslich ihre Doppelmoral vor: Man sei für Frauen- und Homosexuellenrechte. Für weiße Frauen und Homosexuelle wohlgemerkt. Für muslimische Frauen und Homosexuelle erhebe man nur ungern die Stimme. Wie solle man ihm da Rassismus vorwerfen? Schmitz hat recht: Mit einem derart widersprüchlichen Weltbild kann man Rechten nicht entschieden entgegentreten.

Es gibt vielversprechende Ansätze, auch im linken Lager eine konsequente Islamkritik zu etablieren. Die Mehrheitsposition ist dies aber noch lange nicht. Polizei, Muslime und Linke müssen den Salafisten entschiedener entgegentreten. Weitere Ausschreitungen wie in Köln können sich wiederholen, die rechte Szene noch stärker als bisher vom Tabuthema Islam profitieren. Es wäre traurig, wenn ausgerechnet die Linken den Nazis dabei unter die Arme greifen.