AHA! Auftakt der Humanisten in Luxemburg

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Screenshot aha.lu

LUXEMBURG. (hpd) Mit einer aus den Nähten quellenden Besucherzahl präsentierte sich erstmals die frisch gegründete „Allianz vun Humanisten, Atheisten an Agnostiker Lëtzebuerg a.s.b.l.” in Luxemburg-Stadt der breiten Öffentlichkeit. Der Philosoph Michael Schmidt-Salomon referierte zu “Glaubst du noch oder denkst du schon?”

Der Biologe Laurent Schley, seines Zeichens Präsident der Vereinigung, klärte zunächst darüber auf, wie es zur Allianz kam: Die Luxemburger waren in den vergangenen Jahren sehr umtriebig – sie setzten sich in einem katholisch durchtränkten Land mit großem Erfolg für die Trennung von Staat und Kirche ein und warben für den Austritt aus der Kirche. Nach diesen konkreten Schritten sollte es nun einen Schritt weiter gehen, denn Religionsfreiheit müsse allgemein auch die Freiheit von Religion beinhalten. Es sei, so Schley, auch nicht mehr zeitgemäß, Religionsfreie als schlechte Menschen darzustellen.

Die wesentlichen Ziele von AHA! stellte deren Präsident anschließend vor, nämlich den Einsatz für die Interessen von Humanisten, Atheisten, Agnostikern und anderen nicht gläubigen Menschen im Großherzogtum Luxemburg sowie den Einsatz für einen humanistischen Lebensstil ohne Religion, aufbauend auf einem naturalistischen und rationellen Weltbild. Die zehn Grundsätze der Vereinigung wurden kurzerhand von der deutschen Giordano-Bruno-Stiftung übernommen, mit der die Allianz sehr eng zusammenarbeitet.

In der konkreten Arbeit hat sich AHA! vier große Themenbereiche als Prioritäten gesetzt: Wissen statt Glauben, Ethik – frei von Dogmen, Feiern – ohne „Gott“ und den Klassiker, nämlich die Trennung von Staat und Kirche.

Fundamentale Kränkungen

Der Vortrag von Michael Schmidt-Salomon war dann in drei Teilen der Frage gewidmet: „Glaubst du noch oder denkst du schon?“ Im ersten Teil schilderte der Philosoph, wie die Wissenschaft die Religion und wie der Mensch sich selbst entzaubert haben. Die fundamentalen Kränkungen der menschlichen Selbstverliebtheit leitete die kopernikanische Wende ein, in der sich herausstellte, dass die Erde mitnichten den Mittelpunkt der Welt bildet. Darwin ließ uns dann wissen, dass wir Menschen auch nicht die Krone der Schöpfung, sondern lediglich Produkte der Evolution und damit die „Neandertaler von morgen“ sind. Freud wies nach, dass wir nicht einmal die Kontrolle über uns selbst haben.

Am Beispiel des (übrigens an „die Vorsehung“ glaubenden) Adolf Hitler, der mit seinen Handlungen keineswegs bezweckte, dass sich das anwesende Publikum zu eben diesem Vortrag versammeln würde (obwohl seine Handlungen eben dies zur Folge hatten), ging der Referent auf den finalistischen Fehlschluss des „Intelligent Design“ ein, in dem Ursache und Zweckbestimmung verwechselt werden. Es entspreche vielmehr dem Prinzip der wissenschaftlichen Eleganz, Ockhams Rasiermesser anzuwenden: Einer Folgerung nicht mehr unbewiesene Annahmen zugrunde zu legen, als unbedingt erforderlich ist. Religion sei unelegant und benötige zu viele unbeweisbare Annahmen für ihre Aussagen.

„Christliche Werte“

Im zweiten Teil ging der Philosoph auf die „Legende der christlichen Werte“ und das Problem der „aufgeklärten Religion“ ein. Er wies nach, dass religiöse Texte mit Menschenrechten oder Humanität „herzlich wenig zu tun“ haben, was man leicht selbst überprüfen kann, wenn man sich Gottes Genozide in Sodom und Gomorrha, die Sintflut oder ewige Höllenqualen vergegenwärtigt. Fundamentale Menschenrechte mussten – entgegen der Verlautbarungen christlicher Fürsprecher – in einem Jahrhunderte währenden Kampf gegen Religion erstritten werden.

Es ist nicht lange her, da verdammte die katholische Kirche noch die „Irrtümer der Moderne“. Bis heute hat der Vatikan die Menschenrechtskonvention nicht ratifiziert, wurde aber über den Prozess der Säkularisierung etwas moderater. „Lasche“ Religionen verlieren heutzutage Mitglieder, fundamentalistische Religionen haben dagegen Zulauf: Weltweit besteht ein stabiler Trend, konsequent zu denken und zu handeln (komplette Glaubensabstinenz oder Eintritt in „Härteres“).

„Halbierte Aufklärung“

Im dritten und damit letzten Teil erläuterte Schmidt-Salomon das Problem der „halbierten Aufklärung“ und plädierte anstelle dessen für eine zeitgemäße Leitkultur. Wir leben in einer Zeit der Ungleichheit, so der Referent, denn technologisch befänden wir uns im 21. Jahrhundert, unsere Weltbilder seien jedoch überwiegend von Jahrtausende alten Legenden, naivstem Kinderglauben, geprägt. Die Aufklärung sei ausschließlich auf den naturwissenschaftlich-technischen Bereich beschränkt, deren Früchte wiederum in Religionskriegen eingesetzt werden könnten. Es bestehe diese Gefahr, denn der Islam wachse, am schnellsten wüchsen aber evangelikale Bewegungen, befördert von amerikanischen und europäischen christlichen Fundamentalisten. Religion sei der „billigste und verheerendste politische Sprengstoff“, den die Menschheit hervorgebracht habe.


Fiona Lorenz

 

Mehr zu AHA! wo man auf der ansprechenden Website unter anderem Glückwünsche von Richard Dawkins und anderen VIPs finden kann

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