Was macht eigentlich... Helge Nyncke

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Helge Nyncke / Foto © Evelin Frerk

MÜLHEIM. (hpd) Was macht die oder der jetzt eigentlich? Eine Frage zu Personen, die medial einmal recht weit ‚vorne’ standen und um die es mittlerweile anscheinend ruhiger geworden ist. hpd hat nachgefragt, mit Helge Nyncke gesprochen und da tut sich Bemerkenswertes – von wegen ruhiger geworden.

 

hpd: Das „Ferkelbuch“, mit deinen beeindruckenden Illustrationen, ist zwar fester Bestandteil einer säkularen Kinderbuchliteratur geworden, aber seitdem sind nun auch schon wieder mehr als zweieinhalb Jahre vergangen. Es folgten dann noch die Illustrationen zu „Susi Neunmalklug“ und „Die Geschichte vom frechen Hund“. Seitdem ist die Zeit ins Land gegangen. Gibt es neue Projekte?

Helge Nyncke: Ja, es gibt ein brandheißes Projekt für ein weiteres Bilderbuch, diesmal komplett von mir entwickelt und sehr eng am Kinderalltag orientiert über die Frage eines angemessenen Umgangs mit allerlei merkwürdigen religiösen Ver- und Geboten, mit denen Kinder heute in unserer Multikulti-Gesellschaft immer öfter konfrontiert werden. Und es gibt Pläne für ein Erwachsenenbuch mit meinen inzwischen immer zahlreicher gewordenen religionskritischen Satiren. Beides steht demnächst zur Entscheidung an, und ich hoffe natürlich sehr, dass wir das realisieren können.

Wie ich hörte, hast du in Berlin eine Ausbildung zum Kreativitätspädagogen absolviert, um aus der brotlosen Kunst eine Möglichkeit des Geldverdienens zu avisieren. Hat sich daraus etwas für dich an Perspektive ergeben?

Auch dieses Thema ist gerade brandaktuell. Ich hatte einfach nach über fünfundzwanzig Jahren künstlerischer Schreibtischarbeit das Bedürfnis nach einer stärker direkt am Menschen orientierten Tätigkeit und habe durch diese Ausbildung viele meiner sonstigen kreativen Neigungen ausbauen und auf eine solidere Grundlage stellen können. Daraus haben sich auch einige Ansätze und Zusammenarbeiten ergeben, körper- und rhythmusorientierte Workshops für Erwachsene und Jugendliche, persönlichkeitsbildende Seminare, Medienkompetenztrainigs und Lehrerfortbildungen, die ich über meine Website selbstaendige-vertretung.de und über freie Träger anbiete. Dazu kommt möglicherweise demnächst noch eine dauerhaft angelegte kreative Arbeit mit Kindern. Das heißt aber nicht, dass ich nie wieder einen Stift in die Hand nehmen werde, nur verschieben sich die Schwerpunkte je nach Projektlage mal in die eine, mal in die andere Richtung.

 

Nun hast du eine eigene Internetseite aufgebaut und eine beeindruckende Anzahl von Videos produziert. An Ideen und Projekten hast du ja offensichtlich keinen Mangel?

Ja, diese zweite Website helge-liest-helge.de ist das Ergebnis meines letzten großen Projekts und die Erfüllung eines persönlichen Wunschtraums. Schon immer habe ich meine Buchtexte sehr gerne auch selber präsentiert, und wenn es der Stoff hergab, das auch mit engagiertem stimmlichen und mimischen Einsatz (z.B. die Ferkelbuch-Lesungen mit sieben verschiedenen Stimmen). Ich sehe mich mit steigender Lebenserfahrung ohnehin immer mehr als grenzüberschreitenden Gestalter und nicht nur als Zeichner, Autor, Vorleser, Musiker oder ähnliches. Mein Ansatz für alle Projekte, mit denen ich mich auseinander setze, entwickelt sich damit zunehmend zu einer wirklich ganzheitlichen Wahrnehmungs- und Ausdrucksaufgabe. Das begann in meinem Kopf vielleicht entscheidend mit der Arbeit an meinem philosophisch-kritisch-satirischen Buch „Eine gotteslästerliche Floßfahrt“ , in dem sich sehr viele unterschiedliche Stränge aus den Bereichen Philosophie, Ethik, Politik, Biologie, Psychologie, Paläontologie, Religionskritik und ganz normalen Alltagserfahrungen allmählich zu einem logischen großen Zusammenhang ordneten. Und das wurde dann mit der Fortbildung zum Kreativitätspädagogen noch weiter verzahnt mit dem ganzen Bereich der Körperarbeit, mit Selbstwahrnehmung, Ausdruckstanz, Bewegung und darstellendem Spiel.

Aus diesem weit reichenden Ansatz entstand schließlich der Wunsch, meine gesammelten Texte, Essays, Poesie, Kurzgeschichten, Sprachspiele u.v.a.m., darunter eben auch viele religionskritische Satiren und Leserbriefe, endlich einmal mit einem solchen breiten Spektrum an Möglichkeiten fantasievoll und kreativ zu präsentieren. Da finden sich dann z.B. auszugsweise Lesungen aus der „Floßfahrt“, gehalten von meinem lieben Freund Albert E., raffinierte Märchen-Neuinterpretationen wie „Der gestiefelte Pater“ oder das Telefonduell „Der heiße Draht nach oben“, vertreten durch ein Schaf und ein Hund mit Handy. Und so eine köstliche Vielfalt kann man in einem Buch oder auf einzelnen Lesungen nicht annähernd so reizvoll anbieten wie in diesen YouTube-Videos. Und es stimmt, an Ideen mangelt es mir dabei nicht, eher an Gelegenheiten, diese auch öffentlich schön publikumsgerecht umzusetzen.