"Marsch für das Leben"

Kein guter Tag für christliche Fundamentalisten

hpd_marsch-f.d.leben01.jpg

Gegendemo am 19. September 2015

hpd_marsch-f.d.leben02.jpg

hpd_marsch-f.d.leben03.jpg

hpd_marsch-f.d.leben04.jpg

hpd_marsch-f.d.leben05.jpg

hpd_marsch-f.d.leben06.jpg

hpd_marsch-f.d.leben07.jpg

hpd_marsch-f.d.leben08.jpg

hpd_marsch-f.d.leben09.jpg

hpd_marsch-f.d.leben10.jpg

hpd_marsch-f.d.leben11.jpg

hpd_marsch-f.d.leben12.jpg

hpd_marsch-f.d.leben13.jpg

hpd_marsch-f.d.leben14.jpg

hpd_marsch-f.d.leben15.jpg

BERLIN. (hpd) Christliche Fundamentalisten versammelten sich am vergangenen Samstag zum sogenannten "Marsch für das Leben" in Berlin. Ihren Protest richteten sie gegen Schwangerschaftsabbrüche, Sterbehilfe, Stammzellenforschung, Sexualaufklärung und Präimplantationsdiagnostik. Zwei Gegendemonstrationen stellten sich dem Schweigemarsch entgegen. 

Wie in den Jahren zuvor trafen sich selbsternannte "Lebensschützer" vor dem Bundeskanzleramt, um gemeinsam unter dem Motto "Ja zum Leben - für ein Europa ohne Abtreibung und Euthanasie!" durch die Berliner Innenstadt zu marschieren. Etwa 5.000 Menschen kamen dem Aufruf des von christlichen Gruppierungen getragenen Bundesverband Lebensrecht nach. Zu ihren politischen Forderungen zählt das Verbot des Schwangerschaftsabbruchs sowie die Krimininalisierung der aktuell noch legalen Formen der Sterbehilfe. 

Mit Plakaten, Transparenten und Holzkreuzen brachten die Teilnehmer des Marsches ihre christlich-fundamentalistische Position zum Ausdruck. Auffallend war dabei die Instrumentalisierung der Flüchtlingsdebatte und die Aneignung damit zusammenhängender Rhetorik für die eigene Sache. Slogans wie "Babies Welcome" oder "Willkommenskultur auch für Ungeborene" standen auf mitgeführten Schildern und stellten bewusst einen Bezug zu dieser Debatte her. 

Der Schweigemarsch wurde erneut von Beatrix von Storch als Bannerträgerin angeführt. Die rechtspopulistische AfD-Politikerin ist bekannt für ihre erzkonservative Lobbyarbeit innerhalb der familien- und geschlechterpolitischen Debatte. Gendermainstreaming nennt sie "pervers". Als Vorstandsmitglied der homophoben und antifeministischen Zivilen Koalition wettert sie gegen den baden-württembergischen Bildungsplan 2015. 

Dass der "Marsch für das Leben" eine beliebte Plattform für Rechtspopulisten ist, scheint für viele Unterstützer kein Problem zu sein. Grußworte erhielten die Teilnehmer des Marsches beispielsweise von Kardinal Reinhard Marx. "Durch Ihre Teilnahme verleihen Sie unserer Überzeugung vom gleichen Wert und der Würde eines jeden Menschen in einer friedlichen Demonstration öffentlich Ausdruck.", so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in seinem Schreiben

Auch Patrick Sensburg, CDU-Bundestagsabgeordneter, grüßte die Teilnehmer im Vorfeld der Demonstration. "Ich danke allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihr Engagement, wünsche allen Beteiligten einen erfolgreichen Tag und von Herzen alles Gute", so Sensburg. Nicht überraschend: Gemeinsam mit Thomas Dörflinger und Hubert Hüppe (beide CDU) legt er in der aktuellen Sterbehilfedebatte den rigidesten Gesetzesentwurf vor. Dort ist für eine Freitodhilfe ein Strafmaß von fünf Jahren vorgesehen.

Wirklich erfolgreich sollte der Tag für die Fundamentalisten aber nicht werden. 

Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung und das autonome Bündnis "What the fuck!" hatten jeweils zu Gegendemonstrationen aufgerufen, die laut Polizeiangaben rund 1.700 Personen umfassten. Mit einer Auftaktkundgebung am Brandenburger Tor unter dem Titel „Leben und Lieben ohne Bevormundung“ positionierte sich das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung gegen den wachsenden politischen und gesellschaftlichen Einfluss extremistisch-religiöser Gruppierungen. Im Anschluss einer gemeinsamen Abschlusskundgebung am Gendarmenmarkt spalteten sich die Gegendemonstranten auf. Ein Teil startete Blockadeversuche, um den "Marsch für das Leben" zum Stillstand zu bringen. Zeitweise konnten die Versuche von Einsatzkräften verhindert werden. Doch letztlich waren ausreichend Personen auf der Straße "Unter den Linden", um den reaktionären Marsch dauerhaft zu blockieren. Viele Passanten stellten sich spontan hinter die Blockade, um ihre Solidarität zu bekunden. 

Nachdem die Polizei die Blockade nach etwa zwei Stunden räumen konnte, setzten die radikalen Abtreibungs- und Sterbehilfegegner ihren in der Zwischenzeit geschrumpften Marsch fort. Noch bevor sie den Ort erreichten, an dem ihr Abschlussgebet stattfinden sollte, fing es in Strömen an zu regnen. Der "Marsch für das Leben" fiel 2015 also in mehrfacher Hinsicht ins Wasser.