BERLIN. (hpd) In einem Offenen Brief hat die Präsidentin des Dachverbands Freier Weltanschauungsgemeinschaften an die Botschafterin Indiens in Deutschland appelliert, das Recht auf Meinungsfreiheit in Indien zu verteidigen und Sanal Edamaraku einen fairen Prozess zu ermöglichen.
In einem Vorort von Mumbai, Vile Parle, hatte Sanal Edamaraku, Präsident der Indian Rationalist Association, auf Einladung eines TV-Senders in einer katholischen Kirche das Kruzifix begutachtet, da dort seit einigen Tagen Wassertropfen zu sehen waren, die an dem Körper des Gekreuzigten wie Tränen herabliefen. Die katholische Geistlichkeit bewertete die Tränen als Wunder, Tausende kamen, staunten und die Priester verkauften die aufgefangenen und abgefüllten Tränen als Heilmittel.
Edamaruku suchte und fand den verstopften Abwasserkanal eines Waschsalons, dessen Wasser sich nun neue Wege suchte und am Kreuz austrat. Wunder? Keines. Die Kirchenvertreter drohten, in zu verklagen, was sie dann auch taten.
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Offener Brief zur Wahrung der indischen Verfassung und der Menschenrechte von Sanal Edamaraku, Präsident der Indian Rationalist Association.
An Ihre Exzellenz, Frau Botschafterin Sujatha Singh
Botschaft von Indien
Tiergartenstraße 17
10785 Berlin
11.07.2012
Sehr geehrte Frau Singh, Ihre Exzellenz,
mit Bestürzung verfolgt der Dachverband Freier Weltanschauungsgemeinschaften die Bestrebungen der katholischen Kirche in Indien, die Meinungsfreiheit und die Grundrechte auf einen fairen Prozess von Sanal Edamaraku zu behindern. Unterstützt wird sie dabei leider von den Behörden Indiens.
Sanal Edamaraku nahm sein Recht auf Meinungsfreiheit wahr, als er ein angebliches Wunder in einer katholischen Kirche als technisches Problem entlarvte, und er handelte dabei im Sinne der indischen Verfassung, die alle Bürgerinnen und Bürger ausdrücklich verpflichtet, "eine grundsätzliche Neigung zur Wissenschaft, Humanismus und den Geist der Forschung und Erneuerung zu entwickeln.“
Statt stolz darauf zu sein, dass ein Mensch sachlich und fachlich korrekt „Wunder“ prüft, ganz im Geiste der Verfassung seines Landes, werden seine Handlungen als Blasphemie dargestellt. Damit wird auch sein Recht auf Meinungsfreiheit und Religionskritik beschnitten. Der indische Staat bekennt sich zu der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der VN. Darin ist dieses Recht klar enthalten.
Wir appellieren daher an Sie als Vertreter der indischen Regierung, alles zu tun, damit zum einen die Anklagen kritisch auf ihre Berechtigung nach indischem Gesetz geprüft werden und zum zweiten in jedem Falle ein fairer Prozess ohne Vorverurteilung in der Öffentlichkeit garantiert wird.
Mitgliedsverbände des Dachverbandes stehen in enger Verbindung zu indischen Organisationen und fördern seit Jahren einen Jugendaustausch. So werden auch in diesem Jahr wieder eine Gruppe Jugendlicher aus Indien zu Gast in Deutschland sein und im September Vertreter der Verbände nach Indien reisen. Wir verfolgen daher im Sinne der Verbundenheit aufmerksam alle Entwicklungen bezüglich der Meinungsfreiheit und der Grundrechte in Ihrem Land.
Mit freundlichen Grüßen
Renate Bauer
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