Christian Arnold über Sterbehilfe

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Christian Arnold / Fotos © Evelin Frerk

BERLIN. (hpd) Seit der ARD-Themenwoche „Leben mit dem Tod“ im November erreichen Christian Arnold täglich fünf bis zehn Briefe, Mails oder Telefonanrufe von Menschen, die seine Hilfe suchen. Seit mehr als zehn Jahren ist er nun bereits für Menschen in Not ansprechbar, denen es am wichtigsten ist, zu wissen, dass es ihn gibt und er ihnen, wenn nichts andres mehr geht, auch helfen wird, zu sterben.

Hpd sprach mit Christian Arnold über seine Erfahrungen und Perspektiven.

Das Gespräch ist sowohl als hpd Podcast 1/2013 zu hören und als hpd-video zu sehen:

 

Seit der Ausstrahlung eines Portraits in der der ARD-Themenwoche zum „Leben mit dem Tod“ (vom 17.-23 November 2012) und seinem Auftritt als Gast in der Sendung "hart aber fair" (19. November 2012) „Mut zur Menschlichkeit oder Mord - darf ein Arzt beim Sterben helfen?“ erhält Christian Arnold täglich fünf bis zehn Mails, Anrufe oder Briefe.

Ärztlich assistierter Suizid

Als Arzt ist Christian Arnold natürlich die Frage der Rolle von Ärzten persönlich sehr nahe. Während der ARD-Themenwoche war auch für die Möglichkeit eines ärztlich assistierten Suizids plädiert worden. Dem standen die Vorstellungen, insbesondere aus der CDU/CSU, entgegen, die schärfste Strafandrohungen verlangten. Insofern sei es ein bemerkenswertes Ereignis, das vorige Woche dieses Gesetzesvorhaben eingestellt wurde.

Dieses Vorhaben der CDU/CSU stehe auch im scharfen Kontrast zu der Auffassung der Bevölkerung. 75 Prozent der Bevölkerung seien der Auffassung, dass ein ärztlich assistierter Suizid in Deutschland möglich sein solle, nach der Sendung seien es sogar 90 Prozent gewesen.

Auch das Vorhaben der Bundesärztekammer, Ärzten die passive Sterbehilfe zu verbieten, werde von den Landesärztekammern nicht einhellig übernommen. Sogar in Bayern sei ein derartiges Verbot nicht akzeptiert worden. Ihm selber, sei in Berlin gerichtlich bestätigt worden, dass die Entscheidung eines Arztes, Ratsuchenden und Kranken in dieser Weise beizustehen, die individuelle Entscheidung jedes einzelnen Arztes sei, in die sich die Ärztekammer nicht einzumischen habe.

Das Wichtigste ist das Gespräch

Seine Beiträge in der ARD-Themenwoche habe sein Leben stark verändert, so dass er kaum noch Zeit habe, seinen persönlichen Interessen nachzugehen. Das sei  alles sehr anstrengend, aber noch schaffe er das, Mails zu beantworten, Telefonate zu führen und durch Deutschland zu fahren. Die Menschen seien in Not und setzten große Hoffnung in ihn. Das wichtige ist jedoch nicht, dass man den Menschen konkret hilft, das sei meist auch gar nicht erforderlich, das Wichtigste ist das Gespräch. Das Wissen, dass er da sei, würde manchen Ratsuchenden einen neuen Mut zum Leben geben.

Internationale Erfahrungen in Ländern in denen der assistierte Suizid legal ist (in der Schweiz, in Oregon/USA) verzeichnen keinerlei Ansteigen der Zahl der Suizide. Im Gegenteil sind dort die Zahl der sogenannten harten Suizide (Menschen, die sich vor den Zug werden oder die sich erschießen) zurückgegangen. „Für die meisten Menschen ist das Wissen, dass sie es tun können der Knackpunkt, das beruhigt sie.“

Christian Arnold plädiert dafür, dass es in Zukunft eine vernünftige Regelung zur Sterbehilfe geben wird. Eine solche Regelung könne man jedoch nur erreichen, wenn man sich zusammensetzt und darüber diskutiert. Wenn man alles verbieten und Ärzte bestrafen wolle, geht man völlig an der Meinung der Bevölkerung vorbei.

Auf die Frage, ob seine Hilfe nicht auch sehr beschwerlich sei, ihn belaste, antwortet Christian Arnold, dass es wahrlich nicht einfach sei, er aber das Glück habe, familiär gut ‚eingebunden‘ zu sein und dass er viele positive Zuschriften bekomme, die ihm natürlich auch einen Sinn geben, das Richtige zu tun. Anstrengend seien juristische Auseinandersetzungen, bei denen es noch keine Rechtssicherheit gibt. Als Arzt müsse man sich zudem, wenn man diesen Beruf ergreife, auch darüber im Klaren sein, dass man auch extreme Dinge zu machen habe.

Seine Kontaktdaten möchte er nicht öffentlich nennen, denn „die Menschen finden auch so zu mir“. Sonst könnte es vielleicht Trittbrettfahrer geben, die denken, sie könnten ja mal eben so anrufen.

C.F.