Der Klimawandel wird Folgen haben – aber wann diese auftreten und wie schwerwiegend sie sein werden, lässt sich nicht exakt bestimmen. Genau diese Unsicherheit könnte helfen, Menschen zu schnellerem Handeln gegen den Klimawandel zu bewegen. Dies legen Ergebnisse von Computersimulationen von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön, der Universität Toronto und des Geomar in Kiel nahe.
Im Kampf gegen den Klimawandel ist die gesamte Menschheit gefordert: Menschen und Staaten müssen miteinander kooperieren, wenn sie die Folgen zumindest mildern wollen, die der menschengemachte Temperaturanstieg verursacht. Ein schwieriges Unterfangen, wie die vielen Klimakonferenzen zeigen, schließlich müssen Menschen auf unmittelbare Profite verzichten – und das für vermeintliche Vorteile in einer fernen Zukunft.
Wissenschaftler untersuchen die Voraussetzungen, unter denen Menschen auf individuelle Vorteile zugunsten des Allgemeinwohls verzichten, mithilfe sogenannter Allgemeingut-Spiele, in denen Probanden reales oder virtuelles Geld je nach Verhaltensstrategie verdienen oder verlieren können. In ihrer neuen theoretischen Studie haben die Forscher mit Computersimulationen die geeignetsten Verhaltensstrategien für den Umgang mit wiederholt auftretenden negativen Ereignissen untersucht. Dies soll Hinweise darauf liefern, wie sich Individuen dazu bewegen lassen, die Kosten für Maßnahmen gegen solche nicht exakt vorhersagbaren kleineren Katastrophen aufzubringen.
Virtuelles Klimaspiel
In der Simulation erhalten virtuelle Spieler einen virtuellen Geldbetrag, den sie im Verlauf von mehreren Spielrunden auf ein gemeinsames Konto einzahlen können. Das Konto steht für die Kosten, die Menschen für Klimaschutzmaßnahmen aufbringen müssen. Im Spiel simulieren die Forscher die negativen Folgen der globalen Erwärmung, indem sie den virtuellen Spielern zu beliebigen Zeitpunkten Geld abziehen, wenn sie nicht genügend Mittel für den gemeinsamen Topf bereitstellen. Im Unterschied zu vielen anderen Gemeingut-Spielen verlieren die Spieler aber nur einen Teil ihres Guthabens, mit dem Rest können sie die nächsten Spielrunden bestreiten. Wann genau und in welcher Höhe sie wieder zur Kasse gebeten werden, wissen sie jedoch nicht. Alle Spieler haben hierbei nur ihren eigenen Vorteil im Blick, das Gemeinwohl spielt für sie keine Rolle.
Jeder Spieler kann nun durch eigene Beiträge verhindern, dass er und seine Mitspieler Geld verlieren. "Unter diesen Bedingungen ist es für jeden Einzelnen vorteilhaft, möglichst frühzeitig auf das gemeinsame Konto einzuzahlen, denn keiner kann wissen, wann ihm ein Verlust droht. So sorgt jeder so früh wie möglich für die Zukunft vor – egal, wieviel Geld ihm zur Verfügung steht", erklärt Maria Abou Chakra, Erstautorin der Studie. Auch Spieler, deren Vermögen kleiner ist als das ihrer Mitspieler können unter Umständen von ihren Beiträgen profitieren.
Rasches Handeln ist günstiger
Die Spielbedingungen spiegeln die vorausgesagte Entwicklung des Erdklimas wider. Die meisten Klimaforscher stimmen darin überein, dass nicht eine einzige große Katastrophe in einer fernen Zukunft droht, wenn wir unsere Klimaziele nicht erreichen. Vielmehr wird der Klimawandel kontinuierlich in vielen kleinen Schritten fortschreiten. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass man sich am effektivsten vor den Folgen des Klimawandels schützt, indem man sich möglichst frühzeitig an Maßnahmen zur Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes beteiligt. Auf diese Weise kann jeder einzelne seine eigenen Verluste möglichst klein halten. Wer zu lange wartet, zahlt dagegen drauf", sagt Traulsen vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie.
Während sich in der Simulation alle Spieler bewusst sind, dass eine Katastrophe droht, ist dies in der Realität nicht der Fall. Über die kurz- und langfristigen Folgen des Klimawandels aufzuklären, bleibt deshalb unverzichtbar. Wer aber beispielsweise nur davor warnt, dass ein bestimmter Küstenabschnitt in 50 Jahren im Meer versinken wird, könnte unabsichtlich die Bereitschaft senken, schon heute in Gegenmaßnahmen zu investieren. Statt auf einer bis zur Jahrhundertmitte oder noch weiterreichenden Klimastrategie zu bestehen, sollten also kurzfristigere und dafür bescheidenere Zwischenziele diskutiert werden. "Damit lassen sich rationale Spieler eher zum gemeinsamen Kampf gegen Katastrophen bewegen, denn sie würden dann von ihrem Beitrag bereits kurz- oder mittelfristig profitieren", so Traulsen. (mpg/KW/HR)
2 Kommentare
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Bernd Weiter am Permanenter Link
Leider enthält der Artikel keinen Vorschlag, wie das zentrale Koordinationsproblem des Klimaschutzes gelöst werden soll, nämlich die globale Natur der Atmosphäre und die globale Natur des Welthandels von fossilen Bren
Ohne ein System, das dieses Koordinationsproblem löst, bringen einseitige Reduktionen herzlich wenig. Ein Grund dafür ist die Preis-Elastizität der globalen Nachfrage nach fossilen Brennstoffen. Wenn z.B. Deutschland weniger Erdgas nachfragt, wird der globale Erdgas-Preis sich dadurch absenken, wodurch die nachgefragte Menge im Ausland größer wird. So wird ein großer Teil der hierzulande eingesparten Emissionen durch die so verursachte höhere Auslandsnachfrage wieder ausgeglichen. Der Atmosphäre ist es letzlich egal, wo die Gase ausgestoßen werden, sie vermischen sich global. So kann kein Land für sich Klimaschäden effektiv verhindern, ohne ein handfestes Koordinationsinstrument mit anderen Ländern aufzubauen.
Selbst wenn man Paris und Co. ausbaut und Länder wie die USA wieder an Bord holt, bleibt noch das Problem, zu kontrollieren, wer überhaupt korrekte Zahlen angibt, und ein System zu entwickeln, dass Schummelei oder das Verfehlen von Reduktionszielen effektiv bestraft.
Dazu kommt noch, dass Schäden in der mittelfristigen bis fernen Zukunft aus heutiger Sicht weniger wichtig sind. Time Discounting ist eine ökonomische Notwendigkeit. Schließlich kann man eingespartes Geld investieren und so einen Wettbewerbsvorteil aus diesen Profiten erwirtschaften. Außerdem gibt es Unsicherheiten in anderen Systembereichen, so könnte z.B. unabhängig vom Klimawandel ein Weltkrieg in den nächsten 20-30 Jahren ausbrechen, oder disruptiver Technologiewandel das Problem obsolet machen. Außerdem darf man nicht vergessen, dass ein großer Teil der heute existierenden individuellen Entscheidungsträger in den nächsten Jahrzehnten schlichtweg sterben wird. Kein Individuum hat einen rationalen Grund, sich um das Klima nach seinem Tod zu kümmern, es sei denn, es will sein eigenes Wohlergehen auf dem Altar des globalen Kollektivismus opfern.
Kay Krause am Permanenter Link
Ein Satz zum Titel dieses Artikels: Dann wollen wir mal hoffen , dass Mister Trump-eltier genügend Dollars in seiner Spardose hat, um drauf zu zahlen, denn für ihn ist dieser Klimawechsel ja lediglich eine Art von Ver