Humanismus – ein Erfolgsmodell

In der anschließenden Diskussion stellte die Moderatorin Angelika Kallwass etliche sehr kritische Fragen und auch aus dem Publikum kamen einige zur Rolle der Eltern in der Erziehung. Einigkeit konnte nur darüber erreicht werden, dass die Bildung ein gesamtgesellschaftliche Problem ist – und nicht eines von nur Schulen oder nur Eltern.

Heimat Mensch – Was uns alle verbindet

Der Ethnologe Prof. Dr. Christoph Antweiler las aus kurzen Berichten aus Indonesien, dem größten islamischen Land der Erde. Dabei erzählte er Geschichten über die Unterschiede in den verschiedenen Kulturen. Zum Beispiel ist die Sexualität in allen Kulturen geregelt – zwar immer verschieden und oft auch sehr unterschiedlich; aber es gibt in allen Kulturen Regeln für die Sexualität. Über diese Beobachtungen in Indonesien berichtete er.

Interessantes berichtete er auch von Überschneidungen, die sich durch das Begegnen und Ineinandergreifen von Kulturen ergeben. Menschen werden ihrer Individualität beraubt und (nur) als Angehörige einer Kultur wahrgenommen; auch, wenn sie sich selbst dieser nicht einmal zugehörig fühlen.

„Es gibt nicht nur sieben, sondern siebentausend Kulturen. Und sie leben in einer Welt.“ Das bedeutet, dass wir lernen müssen, Konflikte auszuhalten und damit umzugehen. Das funktioniert nach Antweilers Meinung nur dadurch, dass die Gruppen gleichberechtigt und gewaltfrei miteinander kommunizieren. Denn wir Menschen haben eines gemeinsam: Wir sind Menschen! Wir sollten gemeinsame Regelungen finden – selbst mit verschiedenen Gründen in verschiedenen Kulturen.

Auf eine Nachfrage antwortete der Ethnologe, dass es Religionen nicht in allen Kulturen gibt; aber es gibt eine Art Religiosität in jeder Kultur. Dabei ist festzuhalten, dass Religionen als institutionalisierter Glaube Kulturen wegen ihrer Abgrenzungstendenzen eher auseinandertreiben. Nach seiner Auffassung hat Religiosität dieses Bedürfnis nicht.

Weltlicher Humanismus

Hennig Voscherau, ehemaliger Erster Bürgermeister (= Ministerpräsident) der Freien und Hansestadt Hamburg, hat selber als Jugendlicher an der Jugendweihe teilgenommen.

Hamburg als Doppelgastgeberin für evangelische Christen und Humanisten: Humanistentag als Gegenveranstaltung? Das würde er ablehnen.

Wie Gandhi würde er sagen können: „Würde ich nur die Bergpredigt kennen, könnte ich Christ sein.“ In allem Sein und Geschen erkennen wir ein allmächtiges Prinzip. Ob das nun Religion ist – wer weiß es. Aber dann die biblischen Geschichten – Kann man dann noch Christ sein?

Voscheraus Eltern sind aus der Kirche ausgetreten und sein Humanismus gilt dem diesseits. Mahnung, Bindung, Halt durch Weltanschauung? Ja, solange sie durch Respekt gegenüber den anderen getragen wird.

Henning Voscherau appelliert an mehr Selbstbewusstsein. Das Motto des Humanistentages „Gut ohne Gott …“ wäre seines Erachtens besser formuliert gewesen: „Sei gut, handle gut, ob mit oder ohne Gott, auf den Menschen kommt es an.“

Die Glaubensfreiheit ist ein Verfassungsgut, wir leben sozusagen in dieser Hinsicht in einem glücklichen Zeitalter. Von einer Gleichbehandlung von Christen und Humanisten kann allerdings nicht die Rede sein. Schon für das Grundgesetz konnte man sich nicht auf Prinzipien eines Religionsverfassungsrecht einigen.

Im Festsaal des Hamburger Rathauses gibt es große Fresken. Im Zentrum dieser Fresken ist das Bild der Zwangstaufe eines fränkischen Kindes, eine Traumatisierung: Taufe oder Tod. Deshalb sind wohl so viele Menschen in Hamburg, die Mehrheit, nicht christlich.

Für das Zusammenleben ist es nicht wichtig, was der Mensch glaubt, sondern, wie er sich verhält. Respekt, Gewaltfreiheit und Toleranz sind Grundlage eines gemeinsamen Lebens – Rationalität und Aufklärung. Der religiöse Fundamentalismus ist jedoch weltweit Realität. Allerdings sollten wir nicht vergessen, dass dieser Fundamentalismus sich nicht von langen blutrünstigen Phasen christlich dominierter europäischer Geschichte unterscheidet.

Dieses Wissen um unsere Geschichte muss uns eine Verpflichtung sein, dass sie sich nicht wiederholt. Insofern haben Christen und Humanisten die gleichen Aufgaben für ein friedliches Miteinander mit Haltung und Standpunkt.