Christen in Köln sind ab jetzt eine Minderheit

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Auch im Schatten des Kölner Doms sinken die Mitgliederzahlen der Kirchen

Im statistischen Jahrbuch der Stadt wird es nach seiner Fertigstellung schwarz auf weiß stehen: Nur noch 49,3 Prozent der Kölner gehören einer christlichen Kirche an. Das "Säkulare NetzWerk NRW" freut sich über die Entwicklung und sieht dies als Chance, seine Forderungen für die Trennung von Staat und Kirche durchzusetzen. Auch die christlichen Kirchen zeigen sich trotz des Rückgangs ihrer Schäfchen optimistisch.

Erstmals ist der Anteil der Christen in der bisher als erzkatholisch bekannten Domstadt unter 50 Prozent gefallen, das haben Zählungen für das noch nicht fertige statistische Jahrbuch ergeben, wie die Kölnische Rundschau berichtet. Demnach kämen beide christlichen Konfessionen zusammen nur noch auf einen Bevölkerungsanteil von 49,3 Prozent. 2010 sollen es noch 55,4 Prozent gewesen sein, wie die Welt in ihrem E-Paper berichtet. Zum 31. Dezember 2017 machten Katholiken im zahlenmäßig größten deutschen Bistum mit 371.932 Mitgliedern nur noch 34,3 Prozent der Stadtbevölkerung aus, bei den Evangelischen waren es 162.636 Personen, die 15 Prozent der Kölner entsprechen. Die Zahl der muslimischen Gläubigen werde in Köln nicht eigens erfasst, schreibt die Kölnische Rundschau. 0,9 (Kölnische Rundschau) beziehungsweise 1,5 (Welt) Prozent gehören anderen Religionsgemeinschaften an, während die Zahl der Konfessionsfreien 49,2 Prozent erreichte.

Ingrid Matthäus-Maier, aktives Mitglied im Säkularen NetzWerk NRW, zu dem sich zahlreiche säkulare Organisationen der Region zusammengeschlossen haben, freut sich über diese Entwicklung: "Das zeigt: Auch an der Stadt Köln im Schatten des Doms geht der Trend nicht vorbei. Das ist keineswegs nur eine Entwicklung im Osten." Die kirchlichen Privilegien müssten nun endlich zurückgefahren werden, findet Matthäus-Maier. "Die stammen aus einer Zeit, als die Kirchen noch 95 Prozent der Bevölkerung repräsentierten. Diese Zeit ist vorbei." Es zeige auch, dass es an der Zeit gewesen sei, endlich auch einen säkularen Vertreter im Rundfunkrat zu haben. Sie selbst ist dies seit 2016 beim WDR. Die Politik müsse endlich dafür sorgen, dass das kirchliche Arbeitsrecht ein Ende habe und KiTas und Krankenhäuser in kommunaler Hand in erreichbarer Entfernung für alle lägen. "Man erinnere sich an den Skandal, als eine vergewaltigte Frau in zwei katholischen Krankenhäusern in Köln nicht die entsprechende Behandlung bekam", so die ehemalige Bundestagsabgeordnete.

"Dass wir weniger werden, müssen wir immer wieder als Herausforderung begreifen und neue Wege suchen, Menschen, denen wir fremd geworden sind, für die Sache Jesu, für das Evangelium zu gewinnen. Wir haben jedenfalls keinen Grund, in Fatalismus zu verfallen", sagt Rolf Domning, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, zu den Zahlen. Protestanten hätten im katholischen Köln sowieso schon über viele Jahre gelernt, sich auch als Minderheit zu behaupten. Von daher relativierten sich die Zahlen etwas. Auch wenn es sie sicher nicht beruhigen könne, dass die Zahl der evangelischen Kirchenangehörigen im Jahr 2000 schon nur bei 18 Prozent gelegen habe. Was die Gründe für die Abnahme angeht, sagt Jens Peter Iven, Kirchenrat und Pressesprecher der Evangelischen Kirche im Rheinland, gegenüber dem hpd: "Die Frage nach dem Sinn des Lebens erscheint den Menschen weniger drängend." Deshalb würde man heute mehr Personen beerdigen als neu taufen. Letzteres sei eine bewusste Entscheidung der Menschen. Hinzu komme, dass der Anteil der deutschsprachigen Bevölkerung abnehme. Der Kirchenaustritt trage am wenigsten zu diesem Trend bei. Insgesamt gebe es einen Entfremdungsprozess. Die EKD habe dazu eine Studie erstellt, in der klar geworden sei, dass dort weniger Menschen aus der Kirche austräten, wo ein persönlicher Kontakt bestehe. Auch der Mitgliedsbeitrag sei ein Grund, die Kirche zu verlassen.

Die Antwort von katholischer Seite fällt ganz ähnlich aus. "Es ist sicherlich ein Einschnitt, dass die Zahl der katholischen und evangelischen Christen in Köln unter 50 Prozent gesunken ist. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass es auch weitere Konfessionen und vor allem auch die orthodoxen Christen in der Stadt gibt, so dass die Gesamtzahl der Christen an der Bevölkerung Kölns noch höher ist", beantwortet Stadtdekan Robert Kleine die Anfrage des hpd. Die Gründe für den Rückgang sieht auch er in der demographischen Entwicklung, in den Kirchenaustritten und dem vermehrten Zuzug von Menschen, "die einem anderen Glauben angehören oder säkular sind". "Zudem ist es nicht mehr selbstverständlich, dass Kinder mit zwei christlichen Elternteilen oder auch mit nur einem christlichen Elternteil zur Taufe angemeldet werden", so Kleine weiter. Die Kirchenaustritte führt er auf eine "allgemeine Entfremdung von der Kirche seit der eigenen Taufe" zurück, auf den Missbrauchsskandal und auf die Selbstwahrnehmung, man bekomme keine Dienstleistung für die gezahlte Kirchensteuer. Es bestehe "Unkenntnis, was alles durch die Kirchensteuer (teil-)finanziert" werde, als Beispiele nennt er kirchliche Krankenhäuser, Pflegeheime, karitative Einrichtungen und Beratungsstellen sowie KiTas. (Anm. d. Red.: Die Sozialdienstleistungen der Kirchen werden aus Kirchensteuermitteln lediglich bezuschusst. Den Löwenanteil trägt der Staat.) Trotzdem seien die gesunkenen Kirchenmitgliedszahlen kein Grund zur Resignation. "Ich bin der festen Überzeugung, dass der christliche Glaube und damit auch die Gemeinschaft der Kirche allgemein eine wichtige Rolle für unsere Gesellschaft und das Zusammenleben der Menschen in unserem Land spielen."