Anteil an der Kirchensteuer
Setzt man nun diesen kirchlichen Eigenanteil (56 Mio.) ins Verhältnis zum Kirchensteueraufkommen (lt. Diözesanhaushalt 474 Mio., dieser Betrag ist aber noch um die interdiözesane Verrechnung und Kirchensteuer-Rückerstattungen zu korrigieren, siehe Tabelle unten), so ergibt sich ein Anteil von 13,3 Prozent – und nicht 26,72 Prozent wie im Diözesanhaushalt.
Gemessen am Mittelbedarf – der die Verwendung der Kirchensteuer viel besser wiedergibt als die Ausgaben – ist der Bereich Bildung mit 56 Mio. auch nicht der zweitgrößte Posten nach der Seelsorge, sondern Platz drei – nach “Verwaltung” mit einem Mittelbedarf von 69 Mio. Euro. Und der nächste Platz ist nicht – wie im Haushalt – die Caritas, sondern “überdiözesane Aufgaben”; die Caritas kommt, gemessen am Mittelbedarf, erst an fünfter Stelle. Hier eine Tabelle, die den Mittelbedarf ins Verhältnis zur Kirchensteuer setzt:

Im Hinblick auf die Kirchensteuer ließe sich die oben zitierte Passage aus der SZ also wie folgt umformulieren: Insgesamt investiert die Erzdiözese mehr als 50 Prozent der Kirchensteuer in die Seelsorge. Für Verwaltungskosten sind mehr als 16 Prozent der Kirchensteuer vorgesehen. Der drittgrößte Posten sind Ausgaben für Bildung: 55,8 Millionen Euro und damit 13 Prozent der Kirchensteuereinnahmen fließen in Bildungseinrichtungen – trotz der staatlichen Zuschüsse für Schulen, Religionslehrer und Kindertagesstätten. Die Erzdiözese trägt 22 Schulen und, gemeinsam mit den Pfarrkirchenstiftungen, 465 Kindertagesstätten.
Entlastet die Kirche aber nicht den Staat? – Nein!
Mancher wird nun anmerken, dass die Mittelbedarfe von 56 Mio. für Bildung und 31 Mio. für Caritas – zusammen (gerundet) 86 Mio. Euro – immer noch eine beträchtliche Entlastung des Staates aus Kirchensteuermitteln darstellen. Dem ist aber nicht so.
Denn durch die steuerliche Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer subventioniert der Staat die Kirchensteuer zu gut einem Drittel. Dies ist nicht etwa meine persönliche Interpretation der Dinge, sondern das ergibt sich aus dem Subventionsbericht der Bundesregierung (S. 113).
Auf das Erzbistum München und Freising bezogen heißt das: Das dortige Kirchensteueraufkommen in Höhe von 474 Mio. Euro verursacht durch die steuerliche Abzugsfähigkeit beim Staat Mindereinnahmen in der Größenordnung von (der Einfachheit halber großzügig abgerundet) 150 Mio. Euro! Der Staat subventioniert also das Erzbistum München und Freising allein schon durch die steuerliche Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer mit gut 150 Mio. Euro, erhält aber als “Gegenleistung” nur 86 Mio. Euro. (Und dabei wird schon zugunsten der Kirche angenommen, dass alles, was dort unter “Bildung” und “Caritas” ausgewiesen wird, tatsächlich der Allgemeinheit zugute kommt.)
Es geht hier nicht darum, die steuerliche Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer infrage zu stellen, sondern nur darum, zu zeigen, dass die Kirche den Staat keineswegs entlastet. Es ist auch nicht abzusehen, dass das jemals passieren wird: Das Erzbistum München müsste seine Eigenbeiträge zu Bildung und Caritas schon verdoppeln, allein um dem Staat sozusagen nicht mehr “auf der Tasche zu liegen”. In diesem Fall wäre der Staat zwar nicht mehr belastet, aber auch noch nicht entlastet.
Kirchenaustritte entlasten die Allgemeinheit
Erst recht lässt sich nicht behaupten, wer aus der Kirche austritt, “entsolidarisiere” sich, da er nun keine Kirchensteuer mehr zahle und somit weniger für das Gemeinwesen beitrage. Das Gegenteil ist der Fall, wie man erkennt, wenn man überlegt, was passieren würde, wenn alle Münchener Katholiken aus der Kirche austreten würden: Der Staat müsste dann zwar den katholischen Beitrag zu Bildung und Caritas in Höhe von 86 Mio. Euro selbst übernehmen – er hätte aber dafür über 150 Mio. Euro Mehreinnahmen, weil die Kirchensteuer nicht mehr durch ihre Absetzbarkeit das allgemeine Steueraufkommen belastet.
Erstveröffentlichung auf Skydaddys-Blog





