Die Entdeckung der Sexualität
Irgendwann während meiner Schulzeit fing ich mit Selbstbefriedigung an, was ohne Vorhaut nicht ganz einfach war. Zunächst versuchte ich, mit der trockenen Hand an der Eichel zu reiben, doch außer unangenehmen bis schmerzhaften Gefühlen passierte nichts weiter. Ich probierte dann verschiedene Techniken und Hilfsmittel wie beispielsweise weiche Stofftücher aus, mit denen es zwar einigermaßen funktionierte, mit denen ich mir aber auch manchmal kleinere Verletzungen, wie Hautabschürfungen an der Eichel, zuzog. Irgendwann kam ich dann auf die Idee, Shampoo als Gleitmittel zu verwenden. Das funktionierte zwar kurzzeitig ganz gut, aber auf Dauer trocknete es die Haut ziemlich stark aus, so dass feine Risse auf Oberfläche der Eichel entstanden und für einige Zeit keine schmerzfreie Selbstbefriedigung mehr möglich war. Es dauerte eine lange Zeit, bis ich passende Techniken und Gleitmittel gefunden hatte, mit denen die Selbstbefriedigung ohne größere Probleme möglich war. Besonders während der Zeit des Experimentierens wünschte ich mir immer wieder meine Vorhaut zurück. Ich wollte einfach nur ein normaler Junge sein.
Mittlerweile hatte ich die Hoffnung endgültig aufgegeben, dass meine Vorhaut wieder nachwachsen würde und so musste ich irgendwie mit meinem Zustand klarkommen. Ich wünschte mir meine Vorhaut zurück und versuchte mir oft vorzustellen, wie es sein würde, eine Vorhaut zu haben. Die Gewissheit, dass sich an meinem Zustand nichts ändern würde, verursachte ein beklemmendes Gefühl und ich fragte mich, wie ich mein ganzes Leben so ertragen sollte. In der Jugendzeitschrift "Bravo" las ich zu dieser Zeit, dass es ganz normal ist, beschnitten zu sein und man damit auch keine Nachteile hat. Diese Aussagen kamen natürlich wie gerufen, denn es würde bedeuten, dass ich ein ganz normales Leben führen könnte und mir keine Gedanken machen müsste.
Ich versuchte mir einzureden, dass nur ein kleines nutzloses Stückchen Haut entfernt wurde und dass ich eigentlich keine Probleme damit haben dürfte. Ich unterdrückte so meine Probleme, doch sehr erfolgreich war ich damit nicht. Bei jeder Gelegenheit kamen die Probleme immer wieder hoch. Es reichte schon aus, wenn zum Beispiel vom Beschneiden von Hecken oder Rechten die Rede war und sofort wurde ich wieder an meine Beschneidung und meinen unvollständigen Körper erinnert. Noch immer empfand ich Neid und ein Gefühl der Minderwertigkeit, wenn ich daran dachte, dass andere Jungen einen vollständigen Körper haben durften und ihnen nicht am intimsten Bereich ihres Körpers ein Stück weggeschnitten worden war.
In dieser Situation war es für mich noch immer kaum möglich, mein Selbstvertrauen aufzubauen. Ein paarmal nahm ich dennoch allen Mut zusammen und sprach mit einem Freund oder Mitschüler über meine Beschneidung und die Probleme, die ich damit hatte. Jedoch wurde das Thema in jedem Fall regelrecht abgewürgt, noch bevor ich überhaupt ausgesprochen hatte. Mein Problem wurde einfach nicht ernst genommen und mit Sätzen wie "Es sind doch so viele Jungs beschnitten, das ist doch ganz normal" oder "Es ist doch viel hygienischer und man kann beim Sex auch viel länger" leichtfertig abgetan.
Die erste Beziehung
Ich war bereits 18 Jahre alt, als ich meine erste Beziehung – das heißt in meinem Fall meinen ersten Freund – hatte. Davor hatte ich mich zwar nach einem liebevollen Freund gesehnt, war aber lange Zeit mit meinem Körper so unzufrieden, dass eine Beziehung für mich nicht in Frage kam. Ich hatte Angst davor, wegen meines unvollständigen Körpers zurückgewiesen zu werden und wollte auch niemandem meinen verstümmelten Penis antun. Außerdem fühlte ich mich in Gegenwart anderer Jungen immer noch minderwertig.
Dann lernte ich also meinen ersten Freund kennen. Die erste Frage, die sich mir stellte, war, wie er reagieren würde, wenn er mich das erste Mal nackt sieht. Ich konnte ja wohl mit meinem unvollständigen Körper seine Erwartungen nicht vollständig erfüllen. Außerdem hatte ich sowieso Hemmungen, mich jemandem nackt zu zeigen. Schließlich kam es dann zu ersten sexuellen Kontakten mit ihm. Wir lagen zusammen im Bett, als er plötzlich mit seiner Hand in meine Hose fuhr. Er begann die Haut an meinem Penis herumzuziehen und versuchte offensichtlich, meine nicht vorhandene Vorhaut zu bewegen. Mein Herz raste und ich fing an zu zittern, denn nun würde er herausfinden, dass ich beschnitten war. Als er dann nach kurzer Zeit tatsächlich bemerkte, dass etwas nicht stimmte, fragte er mich, ob ich beschnitten sei. Jetzt war also der Moment gekommen, an dem ich es ihm verraten musste. Nur mit Mühe brachte ich ein leises „ja“ heraus. Zu meiner großen Überraschung schien ihm das nichts auszumachen, denn er zeigte keinerlei negative Reaktionen. Allerdings wurden seine Berührungen trotzdem nicht wesentlich angenehmer, weil er einfach nicht wusste, wie er mit einem beschnittenen Penis umgehen sollte.
Umgekehrt war es aber nicht anders, denn auch ich wusste nicht, wie ich mit einem unbeschnittenen Penis umzugehen hatte. Anscheinend fügte ich ihm Schmerzen zu, als ich mit meiner Hand direkt über seine Eichel rieb. Er zeigte mir dann, wie ich bei ihm die Vorhaut vor und zurück schieben musste, was für mich ein faszinierendes Gefühl war, das ich bisher nicht kannte. Eine weitere Überraschung war für mich, dass sein Penis kaum roch. Ich hatte gehört, dass es unter der Vorhaut immer feucht ist und sich deshalb schnell ein starker Geruch bildet, doch beides traf nicht zu. Obwohl es bereits viele Stunden her war, seit sich mein Freund zuletzt gewaschen hatte, war zu meiner Verwunderung kaum ein Geruch wahrnehmbar.
Sexuelle Nachteile
Weniger angenehm war es für mich, den Unterschied zwischen einem beschnittenen und einem intakten Penis zu erleben. Bisher hatte ich nur spekulieren können, wie ein intakter Penis im Detail aussieht und ich wusste nicht einmal, wie die Vorhaut funktioniert. Nun hatte ich erstmals den direkten Vergleich und ich musste eine Reihe von negativen Auswirkungen der Beschneidung bei mir feststellen.
Neben dem offensichtlichen Unterschied, dass bei mir die Vorhaut fehlte, die Eichel frei lag und sich darunter nur eine dünne Narbenlinie befand, fiel mir auf den ersten Blick deutliche Farb- und Strukturunterschiede auf. Während er eine zarte, rosafarbene Vorhaut und eine purpurfarbene Eichel mit glatter Oberfläche hatte, war meine Eichel blass und hatte eher eine graubraune Färbung. Zudem war die Oberfläche nicht glatt, sondern von einer trockenen und leicht schrumpeligen Hautschicht bedeckt, eine dünne Hornhaut, die sich im Laufe der Jahre gebildet hatte, weil der Schutz der Eichel durch die Vorhaut fehlte.
Aber nicht nur beim Aussehen, sondern auch bei der Empfindsamkeit gab es deutliche Unterschiede. Im Unterschied zu meinem Freund, der sehr sensibel auf Berührungen reagierte, brauchte es bei mir schon einen festen Druck, damit ich überhaupt etwas spürte. Da mir mit dem sensiblen inneren Vorhautblatt eine erogene Zone weggeschnitten wurde und auch die Eichel wegen des fehlenden Schutzes mit der Zeit abgestumpft war, war ich hauptsächlich am Eichelrand empfindlich, wo sich noch ein paar Millimeter Vorhautrest und die Beschneidungsnarbe befand.
An dieser Stelle musste mich mein Freund mit festem Druck und mit Hilfe von Gleitmittel anfassen, damit ich ausreichend stimuliert wurde. Wenn er mich jedoch nicht an der richtigen Stelle anfasste, verspürte ich kaum etwas und wenn der Griff zu fest wurde oder das Gleitmittel nicht ausreichte, wurde es schnell unangenehm und teilweise auch schmerzhaft. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich meinem Freund die richtige Technik beigebracht hatte. Er erzählte mir während dieser Zeit häufig, wie einfach es doch bei seinem intakten Ex-Freund gewesen sei und was er bei ihm alles hätte machen können, was bei mir nicht möglich war.
Es ist also keineswegs so, dass nur ein kleines Stückchen Haut fehlt und die Beschneidung keinen großen Einfluss auf die Sexualität hat, wie oft behauptet wird. Bei mir hat es das Aussehen verändert, die Empfindsamkeit verringert und durch die fehlende Vorhaut auch die sexuellen Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt. Ich musste feststellen, dass mein Penis nicht wie vorgesehen funktionierte und mehr denn je empfand ich meinen Körper als verstümmelt.
Nach etwa einem halben Jahr trennte sich mein Freund wieder von mir. Er erzählte mir hinterher, dass er einen beschnittenen Penis langweilig findet, was aber nicht der Grund für die Trennung sei. Das bisschen Selbstvertrauen, was ich bis dahin aufgebaut hatte, war mit einem Schlag wieder zerstört. Bei meinen Beziehungen, die ich seitdem hatte, erinnerte ich mich immer wieder daran und hatte jedes Mal erneut Angst vor dem Moment, in dem ich zugeben musste, beschnitten worden zu sein. Glücklicherweise gab es aber nur diese eine negative Reaktion meines ersten Freundes, den anderen war es relativ egal – zumindest sagten sie das so.
In jeder folgenden Beziehung musste ich neu beginnen, meinen Partnern beizubringen, wie sie mit mir umgehen musste, da keiner von ihnen zuvor einen beschnittenen Freund hatte. Es dauerte immer eine längere Zeit, bis es reibungslos funktionierte. Solange musste ich eben selbst Hand anlegen, um zum Orgasmus zu kommen, was nicht nur für mich, sondern auch für meine Partner unbefriedigend war. Dazu kam, dass besonders die Notwendigkeit von Gleitmittel meist als störend, unangenehm oder sogar ekelhaft empfunden wurde. Insgesamt war es so kaum möglich, eine natürliche und unbeschwerte Sexualität zu genießen. Einzige Ausnahme war an dieser Stelle ein Sexualpartner, der ebenfalls beschnitten war. Er kannte sich bereits aus, aber auch in diesem Fall war der Sex für mich unbefriedigend. Mir war bereits klar, dass ich einen beschnittenen Penis unattraktiv finde, weil er auf mich einfach verstümmelt wirkt und ich damit eine Menge negativer Assoziationen verknüpfe. Diese Gefühle irrten beim Sex die ganze Zeit in meinem Kopf herum, so dass einfach nichts mehr funktionierte. Bei einem intakten Sexualpartner empfinde ich zwar auch negative Gefühle wie Trauer um den eigenen Verlust und Neid, aber diese Gefühle lassen sich wesentlich besser ausblenden.