WIEN. (hpd) Die aktuelle Ausgabe der österreichischen Zeitschrift für FreidenkerInnen, HumanistInnen und AtheistInnen “freidenker” ist erschienen. Wieder durchgehend farbig und mit dem als Schwerpunkt gesetzten Thema “Islam” ist die Zeitung nicht nur für Österreicher interessant.
So heißt es im Editorial von Gerhard Engelmayer: “Während der Islam tagtäglich in allen Medien beschönigt und als Kulturgut geknuddelt wird, weil man nicht als rassistisch dastehen will, reden wir in diesem Blatt Klartext und verurteilen beides: Rassismus und Religion, die zu einem Gutteil zu Stammesdenken und damit zu Rassismus beiträgt, in dem Anders- und Ungläubige systematisch verachtet werden.” Ob diese Medienschelte für Österreich in jedem Falle zutrifft, können nur die dortigen Rezipienten wirklich beurteilen. Richtig ist, dass gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit eine der schlechtesten Auswirkungen ist, die Religionen mit sich bringen. Da ist der Islam keine Ausnahme.
Im Schwerpunkt berichtet der “freidenker” über die Tagung “Menschenrechte statt Scharia”, die gemeinsam vom Freidenkerbund Österreich (FDBÖ) und der “Gesellschaft für wissenschaftliche Aufklärung und Menschenrechte” (GAM) in Wien veranstaltet wurde. So wichtig und brisant das Thema auch ist; ob die GAM der geeignete Partner für solch eine Konferenz ist, mag bezweifelt werden. Die Gesellschaft will Muslime als homogene Masse sehen und vergreift sich auch schon einmal populistisch im Ton um ein “hier wir” - “dort ihr” zu konstruieren.
Einen interessanten Ansatz hingegen zeigte der Vortrag von Ronald Bilik, in dem er herausstellte, dass die Berichterstattung über den Islam mit den gleichen medialen Mitteln erfolge, wie bei den christlichen Kirchen. Niemand - so Bilik - mache sich Gedanken darum, ob die “religiösen Gefühle” von z.B. Scientologen verletzt würden; diese falsch verstandene Rücksicht nimmt “man” aber, wenn es um den Islam gehen würde.
Mina Ahadi sprach “engagiert und emotional” über Todesstrafen im Iran und Steinigungen und “wandte sich zudem vehement gegen die barbarische Praxis der Beschneidung von Knaben und kritisierte die eilfertige Legalisierung dieser traumatisierenden Brandmarkung durch die erdrückende Mehrheit der politischen Klasse in Deutschland.”
Gerhard Engelmayer machte auf die Geschichtsverfälschung aufmerksam, die von der christlichen Kirche betrieben wurde und wird: “christliche-konservative Kräfte und Kirchenvertreter [würden] die historische Sachlage auf den Kopf stellen und die Errungenschaften der neuzeitlichen Moderne fälschlicherweise für sich reklamieren.” Er wies zu Recht darauf hin, dass den christlichen Kirchen ein “Wiedererstarken der Religionen mit Hilfe des Islam durchaus recht [wäre], selbst auf die Gefahr hin, dass dadurch die Grundwerte der Aufklärung gefährdet werden.”
Die Beiträge von Ronald Bilik und Gerhard Engelmayer sowie der “Wiener Appell” als Abschlussdokument der Tageskonferenz sind in der Zeitschrift komplett abgedruckt.
Weitere Themen des Heftes
Sepp Rothwangl schreibt über seine Eindrücke beim Humanistentag in Regensburg, Uwe Hillebrand humoristisch über den “Meister Teufel” und Reiner Reinisch fragt nach der “Spiritualität der Atheisten”. Erwin Peterseil sieht Europas Christentum im Abstieg und hält deren Zukunft für eine Illusion. Dem verstorbenen Karlheinz Deschner widmet Hubertus Mynarek einen zehnseitigen Nachruf, der allen Facetten des großen Humanisten und Kirchenkritikers gerecht wird.
“Nachrichten aus Österreich” und “aus aller Welt” sowie mehrere Rezensionen runden das Heft ab.