Das Erzbistum München und Freising hat in einer Pressemitteilung den Verzicht auf die "Einrede der Verjährung" erklärt und in Aussicht gestellt, dem Kläger "ein angemessenes Schmerzensgeld zu leisten". Der Anwalt des Missbrauchsopfers Andreas Perr sieht die Klageerwiderung des Erzbistums München und Freising und den Verzicht auf die Erklärung der Verjährung im Missbrauchsverfahren vor dem Landgericht Traunstein als Erfolg.
"Mit der heutigen Klageerwiderung des Erzbistums ist die Strategie des Klägers aufgegangen", sagt dessen Anwalt Andreas Schulz, "auch weil der verstorbene Kardinal Ratzinger die Ikone des Rechtsstreits gewesen war und immer noch ist." Nun stünde der Kläger einer außergerichtlichen Einigung nicht ablehnend gegenüber, sagt Rechtsanwalt Schulz.
Das Erzbistum akzeptiert in der Klageerwiderung, die CORRECTIV und dem Bayerischen Rundfunk vorliegt, "die Haftung für ihre kirchlichen Amtsträger" für das Verfahren in Traunstein, für den Fall, dass das Gericht die Verantwortung der damaligen Amtsträger feststellt.
Hintergrund: In den 1990er Jahren hat der ehemalige Priester Peter H. den damals etwa 12-jährigen Kläger Andreas Perr im Pfarrhaus in der bayerischen Gemeinde Garching an der Alz zum Ansehen eines pornografischen Films genötigt. H. war in die Gemeinde versetzt worden, obwohl das Erzbistum über die Gefährlichkeit des pädokriminellen Priesters informiert war.
Im vergangenen Juni hatte der Berliner Rechtsanwalt Schulz für Andreas Perr eine Feststellungsklage eingereicht, wie CORRECTIV, BR und Zeit exklusiv berichteten. Das Erzbistum München und Freising hatte H. trotz bekannter Übergriffe und einer Verurteilung immer wieder in Gemeinden als Priester eingesetzt. Die Klage richtete sich gegen den ehemaligen Priester, das Erzbistum, Kardinal Friedrich Wetter, aber auch gegen den verstorbenen Papst emeritus Benedikt XVI.
Der Verzicht auf die Verjährung kommt überraschend. In Unterlagen, die CORRECTIV und dem BR vorliegen – ein Protokoll einer Konferenz der Erzbistümer im September 2022 sowie ein Antwortschreiben der Anwälte des Erzbistums München und Freising an den Klägeranwalt im Dezember – hieß es noch, dass das Erzbistum nicht auf die Einrede verzichten wolle.