Polen ist berüchtigt für sein rigoroses Abtreibungsverbot. Das katholisch geprägte Land erlaubt Schwangerschaftsabbrüche nur in einigen wenigen Ausnahmefällen. Nun hat der Fall eines 14-jährigen Vergewaltigungsopfers die Debatte um das umstrittene Gesetz wieder angefacht.
Das geistig behinderte Mädchen war nach einer Vergewaltigung durch ihren Onkel schwanger und die Ärzte in zwei Kliniken weigerten sich, den Abbruch vorzunehmen. Nach Angaben der "Stiftung für Frauen und Familienplanung", Federa, wusste das Mädchen nichts von ihrer Schwangerschaft. Nachdem ihre Tante von der Vergewaltigung erfahren hatte, bemühte diese sich um eine Abtreibung. Diese ist in Polen nur bei Gefahr für Leben und Gesundheit der Frau oder nach einer Vergewaltigung erlaubt. Doch obwohl im Fall des Mädchens die Vergewaltigung staatsanwaltlich bestätigt war, weigerten sich die Ärzte dennoch. Sie beriefen sich dabei auf die Gewissensklausel: Das Gesetz erlaubt es Medizinern, den Eingriff abzulehnen, wenn er ihrer religiösen Überzeugung widerspricht.
Der Vorfall ereignete sich im Bezirk Podlasien im Nordosten Polens, wo die religiös-rechtskonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) eine große Anhängerschaft besitzt. Sie agiert seit Jahren gegen das reproduktive Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Erst mit Hilfe der Initiative Federa fand die 14-Jährige ein Krankenhaus in Warschau, das den Eingriff vornahm.
Der polnische Gesundheitsminister Adam Niedzielski äußerte sich gegenüber Journalisten "entsetzt" über die Angelegenheit und bezeichnete das Verhalten der Ärzte als "inakzeptabel". Er kündigte an, den Fall zu überprüfen.
Indes werden in den Oppositionsparteien Stimmen laut, die eine Gesetzesänderung fordern. Die linke Parlamentsabgeordnete Katarzyna Kotula nannte die Gewissensklausel "barbarisch und unmenschlich" und forderte die Streichung. Barbara Nowacka von der linksliberal-laizistischen Partei iPL kündigte an, dass die Opposition einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Gewissensklausel ins Parlament einbringen werde.
Indes fordern die rigorosen Abtreibungsgegner sogar eine Verschärfung der Gesetze. Die ultrakonservative Aktivistin Kaja Godek will die Verbreitung von Informationen über den Schwangerschaftsabbruch verbieten und mit zwei Jahren Gefängnis bestrafen. Für ihren Gesetzentwurf hat sie bereits 150.000 Unterschriften gesammelt.